2. Woher kommt eigentlich der Name ‚Bergviertel‘?

Dort, wo die Neustraße auf den Olengraben trifft und die Bergkapellstraße mit dem Rotenberg zusammenkommen, hieß es früher : „änn te baate“. Diese alte Bezeichnung für das schon früh besiedelte Viertel bei diesen Straßenkreuzungen war nicht nur im Volksmund gegeben, sondern erscheint auch schon in verhochdeutschter Namensform in den Niederschriften aus dem 17. bis 20. Jahrhundert (1622 „Batenberch“, 1725 „die Baten, Batenberg“, 19. Jahrhundert „in Thebaaten, Thebaten“). Was bedeutet diese eigenartige Bezeichnung?

Unsere Vorfahren gaben schon in frühester Zeit der Erhebung , die den ursprünglichen Ortskern (die Oberstadt) vom Ortsgebiet „unter der Haas“ (die Unterstadt) trennte die einfache Bezeichnung „der BERG“. Sie benannten die Ortslage an seinem Fuße „a gene Berrech“ (Am Berg), den höher gelegenen Teil „op gene Berrech“ (auf dem Berg). Aus ihrer Sicht lag demnach das Ortsviertel der unteren Bergkapellstraße und des oberen Rotenbergs „Hinter dem Berg“. Sie brachten das mit der Benennung „Baate gene Berrech, d‘r Baate, Thebaaten, Batenberch“ zum Ausdruck. Wir sehen, die Ortsviertelbezeichnung „Te Baaten“ ist gar nicht so eigenartig!


24. Heute ein paar Aufnahmen aus den 'Kindertagen' des Bergviertels...


53. Geschichten aus dem Eupener Bergviertel


93. Brunnen im Bergviertel

Im Jahre 1833 berichtet Bürgermeister von Grand Ry dem Landrat, Herrn von Scheibler, dass die Stadt bereits vier öffentliche Pumpen und zwei laufende Fontänen hat, die eine auf dem Marktplatze, die andere auf der Klötzerbahn.

1840 sind bereits zwölf Brunnen oder Pumpen in Betrieb: am Berg, hinter den Häusern von H. Lecomte, im Wirth, am Berg, oberhalb der Wwe. Reul, in der Holundergasse, in Tebaten, im Haasberg bei Havenith, auf dem Kaperberg bei Dessonay, in der Hisselsgasse, in der Borngasse, in der Judenstraße und in der Eselsgasse, Ecke Judenstraße und eine im Werthplatz (man bemerke: die meisten dieser Brunnen oder Pumpen befanden sich im Bereich ‚des Berg‘).

Zeigte sich irgendwo und irgendwann ein „Sprung“ auf öffentlichem Boden, versucht man, die Quelle zu fassen, um eine Pumpe aufzustellen und so wenigstens einem Teil der Bevölkerung sauberes Wasser zu verschaffen.

 

Im Jahr 1885 finden wir in den verschiedenen Sektionen der Stadt u.a. :

eine Pumpe „Am Berg“, gegenüber dem Hause Nr. 54 (dort wo sich heute die Häuser Nr. 44 und 46 befinden), mit Sicherheit bereits 1862 dort;

eine Pumpe „Bergstraße“, hinter dem Hause Nr. 42 des Metzgers Martin Schlembach (jetzt Haus Nr. 40);

eine Pumpe „Bergstraße“, an dem Hause Nr. 58 des Mathias Vise (das heutige Haus Nr. 66), 1885 an das durch das Gässchen von diesem getrennt liegende Hintergebäude verlegt;

eine Pumpe „Bergstraße“, der Wirtschaft Raaff, dem Hause Nr. 90 gegenüber (heute das Kolpinghaus Nr. 124), wegen Gesundheitsgefährdung 1902 geschlossen;

eine Pumpe „Bergstraße“, am Hause Nr. 135, oberhalb der Wohnung von Martin Emonts, Schlossermeister und Eisenwarenhandlung (die heutige Ecke Bergstraße/Bergkapellstraße, etwa bei den Häusern Nr. 139/141), 1902 geschlossen;

eine Pumpe „Bergstraße“, unterhalb des Kammstrickers Joseph Mattar, Haus Nr. 115 auf den Looten;

eine Pumpe „Neustraße“, dem Hause Nr. 73 des Fuhrmanns und Wirten Nahoe gegenüber – an anderer Stelle heißt es „an der Böschung des Collard‘schen Gartens“ (heute etwa die Mitte zwischen der ehemaligen Buchhandlung Reuter und der Ecke Bergkapellstraße), 1902 geschlossen;

einen Schöpfbrunnen „Rotenberg“, in der Wiese The Losen (in den Ettersten), 1874 Hondsburg (Hondsborn?) genannt;

einen Schöpfbrunnen „Hisselsgasse“, am Hause Nr. 71 des Heinrich Kaldenbach (heute etwa Haus Nr. 69);

einen Schöpfbrunnen „Holundergässchen“ beim Bierkeller des Aloys Körfer (am Ende der heutigen Borngasse), bereits 1881 geschlossen;

eine Pumpe „Haasberg“, vor dem Hause Nr. 11 der Geschwister Miessen (etwa heute bei den Häusern Nr. 15/17), bereits 1862 erwähnt;

einen Schöpfbrunnen „Haasberg“, dem Hause Nr. 31 des Hubert Pönsgen gegenüber (das jetzige Haus Nr. 41);

einen Schöpfbrunnen „Judenstraße“, dem Hause Nr. 29 gegenüber (am Aufgang zur Moorenhöhe), 1902 geschlossen;

einen Schöpfbrunen „Judenstraße/Edelstraße“, die Ecke…, an der Wiese des Franz Homburg;

eine Pumpe „Olengraben“, vor dem Hause Nr. 2 des Bäckers August Brandenberg (auch heute noch Haus Nr. 2), 1862 aufgestellt, 1902 geschlossen.

 

Pferdetränke

Ein Brunnendenkmal im wahrsten Sinne des Wortes war die vom Bildhauer Christian Stüttgen 1908 geschaffene „Pferdetränke“ „ä Tebate“ (Rotenbergviertel). Wenn dieser Laufbrunnen auch nicht der menschlichen Trinkwasserversorgung diente, erfüllte er doch den löblichen Zweck als Tiertränke. Zumal zu jener sogenannten guten alten Zeit das Pferd im Eupener Verkehrswesen die Hauptrolle spielte. Den Auftrag zur Schaffung dieses Brunnendenkmals erhielt Christian Stüttgen vom „Eupener Verschönerungsverein“ im Jahre 1908. Zwei Jahre später stand der Brunnen. Leider hat dieses Brunnendenkmal in Eupen nur ein kurzes Bestehen erleben dürfen. Als Kraftfahrzeuge das Pferdefuhrwerk zu ersetzen begannen, entfernte man aus unerklärlichen Gründen den Laufbrunnen schon im Jahre 1934. Wie sehr ein solcher Brunnen als Pferdetränke angebracht war, versteht nur der, dem die früheren Verkehrsverhältnisse bekannt sind. Vierspännig, manchmal sogar sechsspännig zogen Pferde die schweren Holztransporte den Olengraben hinauf. Des öfteren mussten sogar bei der letzten Steigung des Olengrabens noch zusätzlich Pferde vorgespannt werden. Mit diesen Pferden kamen die Fuhrleute das kleine Gässchen von der Oe zum Olengraben hinauf und spannten sie an. Die Tiere waren dann heilfroh, im Brunnen in Tebaten der eingemeißelten Inschrift „Diese Gabe zur Labe“ Folge leisten zu können.

Von den Anliegern, die die alte Pferdetränke noch gekannt hatten, wurde der Wunsch geäußert, diese dort wieder aufzustellen. Doch außer vier Originalsteinen mit Abbildungen von Pferde- und Hundeköpfen war nichts von Stüttgens Jugendstilbrunnen übrig geblieben. Als Eupen dann 1992 auserkoren wurde, Belgien beim internationalen Blumenwettbewerb zu vertreten, war dies der Auslöser, die Wiederherstellung der „Pärdsdränk“ ernsthaft anzugehen. Nach alten Fotografien fertigte das städtische Bauamt Konstruktionspläne an und beauftragte das auf Betonguss spezialisierte Unternehmen Blanc de Bierges aus Wavre mit dem Nachbau des Brunnendenkmals.

Am 10. August 1992 konnte die aus weißem, gebürstetem Beton hergestellte neue Pferdetränke auf dem Rondell ä Tebate aufgebaut werden.


100. Grenzen des Bergviertels

Unsere Vorfahren gaben schon in frühester Zeit der Erhebung , die den ursprünglichen Ortskern (die Oberstadt) vom Ortsgebiet „unter der Haas“ (die Unterstadt) trennte die einfache Bezeichnung „der BERG“. Sie benannten die Ortslage an seinem Fuße „a gene Berrech“ (Am Berg), den höher gelegenen Teil „op gene Berrech“ (auf dem Berg). Aus ihrer Sicht lag demnach das Ortsviertel der unteren Bergkapellstraße und des oberen Rotenbergs „Hinter dem Berg“. Sie brachten das mit der Benennung „Baate gene Berrech, d‘r Baate, Thebaaten, Batenberch“ zum Ausdruck. Zahlreiche Straßennamen spiegeln diese Sicht des „Berges“ wieder: Bergstraße, Am Berg, Rotenberg, Oeberg, Ħaasberg, Schorberg, Kaperberg.

Die Besiedlung der Unterstadt begann erst im 17. Jahrhundert, als infolge des Emporblühens der Tuchindustrie an die Ausnützung von Weser und Hill herangetragen werden musste. Damit entstand die Verbindungsstraße dorthin, die Bergstraße mit dem Bergkapellplatz. Die Bergstraße war der alte Verbindungsweg zwischen den beiden Vierteln. Diese Vierteleinteilung ist älter als die Pfarraufteilung, denn eine unterstädter St. Josefspfarre gibt es erst seit 1872. Die Einteilung in Lathöfe, als Eupen vom Herzog von Limburg abhing, ist bis heute spürbar. Der Stadtbezirk Eupen war in drei Lathöfe (St. Marien, Frambach und Stockem-Eupen) eingeteilt. Am Ort „a gen Loote“, dem alten Bauernhof mitten in der Bergstraße, stießen die drei Lathöfe zusammen. Der obere westliche Teil der Bergstraße bis „a gen Loote“ gehörte zum Lathof St. Marien (der große Teile der heutigen Unterstadt umfasste), der obere östliche Teil der Bergstraße gehörte zum Frambacher Lathof, der sich von Judenstraße und Kehrweg über Kaperberg, Voulfeld und Nispert bis hin zum Wirth, Heidberg und Heggen und der gesamte untere Teil „a gene Berrech“ (Am Berg) gehörte zu beiden Seiten zum Stockem-Eupener Lathof. Aus den im Archiv der Stadt befindlichen Schriftstücken hat man Namen und ungefähren Umfang der drei Lathöfe festgestellt.

Der Lathof St. Marien umfaßte, die meisten heutigen Häuser weggedacht, als Nachbar der Herrlichkeit Vreuschemen, etwa: Membach, die Wiesen zwischen Membach und Eupen bis zum Stendrich, Oe, Rotenberg, Thebaten, Haas, Düvelscheid, Schilsweg, Hütte, Esel, Haasberg, den westlichen Teil der Bergstraße bis „a gen Loote“.

Der Frambacher Lathof umfasste im ganzen: Heggen, Gospertstraße, Hook, Wirth, Heidberg, Oberste Heide, Nispert, Kaperberg, Voulfeld, Kehrweg, Judenstraße, östliche Seite der Bergstraße.

Der Stockem-Eupener Lathof umfasste etwa: Overoth, Stockem, Stendrich, Laschet, Lommerich, Gemehret, Nöreth, Hufengasse, Paveestraße, Hostert, Kirchstraße, Marktplatz, Klötzerbahn, Bergstraße mit den östlich gelegenen Gassen, die Ibern und Heukebend.

Diese Dreiteilung zeigt sich später noch daran, dass bis 1795 Eupen in drei Quartiere (Kirchstraße, Gospert mit Wirth, Haas mit Berg) und die Bürgerwehr in drei Kompanien eingeteilt war, dass man seit der Franzosenzeit bis 1873 noch drei Stadtteile (die Sektionen A, B und C) unterschied.

 

Das Quartier Berg und Haas

Die Grenzen der alten Lat- oder Lehenshöfe trafen sich am Gut Looten. Das Quartier Oberstadt-Kirchstraße dürfte aus dem Stockem-Eupener Lathof, das Quartier Oberstadt-Gospert aus dem Frambacher Lathof entstanden sein. Anders ist es mit dem Quartier Berg und Haas. Der dritte Eupener Lathof, St. Marien, war nur zu einem kleinen Teil auf dem Gebiet Eupens gelegen. Er umfaßte einen großen Teil des Grundbesitzes in der Gemeinde Membach und reichte in einer auslaufenden Spitze bis an das Eupener Bergviertel heran. Zu ihm gehörten, die Bergstraße hinaufgehend, die Häuser auf der rechten Seite, vom Gut Looten angefangen bis zur Bergkapelle, dann weiter auf der rechten Seite die Bergkapellstraße abwärts bis zum Rotenberg. Die linke Seite der Bergstraße ab Iberngasse und das ganze übrige Bergviertel gehörten nicht zu einem Lathof, sondern zum Gebiet des Hertogenwaldes, der in frühesten Zeiten wohl bis hierher gereicht hat. Der Hertogenwald war seit Bestehen des Herzogtums Limburg herzoglicher Besitz und nicht als Lehen vergeben. So kam es, dass die Ansiedler in diesem Gebiet ihre Siedlungserlaubnis direkt vom Herzog erhielten und auch nur ihm gegenüber abgabepflichtig waren.

Der Stadtbach, der seit 2017 vor dem Haus Bergstraße 19 wieder sichtbar geworden ist, bildete einst die Grenze zwischen den Sektionen A (Kerckstraet) und B (Bergviertel). Das wurde erst 1873 geändert, als die Stadtverwaltung beschloss, die Straßen der Stadt genau zu begrenzen, mit Namensschildern zu versehen und die Nummerierung der Häuser straßenweise durchzuführen. Bis dahin waren die Häuser fortlaufend von 1 bis 1178 nummeriert. Die Häuser zwischen der heutigen Kirchstraße Nummer 39 und Bergstraße 19 waren zu jener Zeit unter der Bezeichnung „Klötzerbahn, aen de Bröck, naer den Berg“ mit den Nummern 99 bis 102 versehen.

Ende des 17. Jh. zählt das Kataster zur Haas die Häuser im Esel, Haasberg, Hoher Haasberg und Olengraben. Zur Zeit der Planung der Bergkapelle hatten sich die Einwohner von Haas und Berg zusammengeschlossen, um die Beteiligung an der Wahl der Neunmänner zu fordern und die Vergrößerung der Bergkapelle sowie die Anstellung eines Priesters zu veranlassen. Mit der Errichtung der Haaspfarre 1872 wird (unnatürlicherweise) auch ein Teil des Bergviertels mit eingeschlossen (Bergkapelle).

In einem Geographie- und Geschichtsbuch von 1804 wird Eupen wie folgt beschrieben: „Eupen (Neau) eine Stadt, wovon der eine, und zwar der größere Theil, an einem Bache, welcher von Kettenis herabfließt, liegt, der andere aber, die Haase genannt, von der Weeze bespült wird, und durch Häuser, welche um den Berg herumliegen, sich an den anderen Theil anschließet.

 

Fazit

Aus den vorangegangenen Beschreibungen lässt sich ableiten, dass aus Sicht der Oberstadt das Bergviertel am Fuße des Berges begann und von dort aus bis ‚hinter den Berg‘ führte, und zwar über die damals einzige Straße, die Bergstraße. Auf der Anhöhe gab es schon früh einen Platz rund um die Bergkapelle, von dem aus eine Reihe von Wegen abzweigten; die heutige Bergkapellstraße, der Haasberg und die Judenstraße. Von Stockem her kommend bildete der Fuß des Rotenbergs am Stadtbach den Beginn des Berges, der zunächst nur auf der Anhöhe bebaut war. Von der Unterstadt aus betrachtet begann das Bergviertel ebenfalls am Fuß von Haasberg und Edelstraße, von denen aus der Schorberg und der Olengraben abzweigten. Die Wiesenlandschaft zu beiden Seiten der Bergstraße wurde erst im 19. Jahrhundert (Neustraße) bzw. 20. Jahrhundert (Ibern) für die Bebauung erschlossen, und bilden „Grenzfälle“ im Bergviertel.


106. Wolfsloch

Im Eupener Raum gab es mehrere Fluren mit der Bezeichnung „Wolfsloch“ oder „Wolfskull“. Wir fanden in den alten Niederschriften:

a) Die Flur Wolfsloch beim Waisenbüschchen (1645 „wolffsloch naer den grooten driesch“ - 1782 „int wolffsloch geleghen an den weysenbosch und die groote gatze“ jetziger Limburger Weg).

b) Die Flur Wolfskull im Wiesenland zwischen Frankendelle und Esel (Edelstraße) – (1645 „wolffskoull naer het schorrebergh“ - 1701 „auff die wolffskoul nach dem moessell“). Die örtliche Bezeichnung „Im Mossell“ für das Haus und das Gelände seitlich der Edelstraße gilt auch heute noch in der Volkssprache. Sie nennt ebenfalls den kleinen Weg, der von dort zum Schorberg führt, „Mossellsgätzke“. Wir vermuten, dass die Bezeichnung „Im Moessell“ infolge Sprach- und Schriftabschleifung aus „Im Esel“ (Ässell) entstanden ist. 1782 „in die Treut nach die wolffskoull“. Die Flurbezeichnung „Treut, in die Treut“ galt den Wiesen gegenüber dem heutigen Städtischen Stadion.

c) Die Flur Wolfskull beim Wiesenland Ibern-Stockborn (1645 „wolffskoull aen de stockborn“ - 1782 „auff die wolffskoull naer de Eyborn“).

Die beiden gleichbedeutenden Flurnamen „Wolfsloch“ und „Wolfskull“ beziehen sich auf Fanggruben oder sonstige Fangvorrichtungen für Wölfe in dem betreffenden Gelände; wie überhaupt der Wortbestandteil „Wolf“ in Orts- und Flurnamen auf das Vorhandensein, sowie das Jagen von Wölfen in früheren Zeiten hinweist.

Es ist erwiesen, dass es in früherer Zeit Wölfe in den Wäldern um Eupen gegeben hat. In einem Bericht über die Herrlichkeit Eupen aus dem Jahre 1704 heißt es, „dass zuweilen der Wolf kommt und das Vieh der armen Leute beim Weiden im Hertogenwald anfällt“. Die jährlichen Wildabschusslisten des Forstmeisters Peter Felden (1741-1779) an die Rechnungskammer in Brüssel vermelden fast immer den Abschuss eines oder mehrerer Wölfe im Hertogenwald. In der Zeit von 1817 bis 1860 wurden nachweislich noch insgesamt 41 Wölfe in den Wäldern des Kreises Eupen erlegt. Zwar beziehen sich alle diese Berichte nur auf die Wälder, doch es ist ebenso bewiesen wie bekannt, dass hungrige Wölfe besonders zur Winterszeit auch die ortsnahen Wiesen und Felder aufsuchten. Berücksichtigt man nun, dass in früherer Zeit der Wald näher an den Ort Eupen heranreichte, so liegen die vorgenannten „Wolfslochfluren“ in unmittelbarer Waldnähe.


110. Hoeckenbennelt

Der Hoeckenbennelt, dessen Bezeichnung wir 1579 erstmals finden, war eine Wiese, von der Bergstraße bis zur „Looten, Laetenflur“ und zur Etterstenflur gelegen. Es ist ein volksgeläufiger Flurname, weil auf dieser Wiese im 19. Jahrhundert und auch noch zu Anfang des 20. Jahrhunderts, manches Eupener Volksfest (Schützenfest, Zirkus usw.) stattfand. Eine alte Eupener Volksweisheit bezieht sich auf die Wiesenflur: „Wée et langste lävvt, kritt Höükebännet“ (Wer am längsten lebt, erhält Hoekebend). Ursprung und wirkliche Begründung sind mit der einfachen Erklärung zu dieser Volksweisheit „Trost für alle, die nichts geerbt, nicht geteilt, nicht erhalten haben“, die Heimatdichter August Tonnar ihr gibt, nicht zufriedenstellend geklärt und bleiben ein Rätsel.
Bedeutung: Nach der ältesten bekannten Schreibweise „Hoecken“ (sprich Hu‘cken) ist die Deutung auf „Ecke, Winkel, Grenze“ nach dem niederdeutsch-niederländischen Mundartausdruck „Hoek, Hu‘ck“, wie wir es auch beim „Hoek, Hook“ (Ecke an der Bankgrenze Baelen-Walhorn) antreffen, in Betracht zu ziehen. Einer frühen Gebietseinteilung entsprechend bildeten die „Laeten“ - die Flur auf der Laetgrenze, die „Ettersten“ - die hinterste (achterste, ätteschte) Flur und der „Hoeckenbend“ die Flur an der Ecke, den Eckenbend.

Auf der Karte von 1777 erkennen wir noch deutlich die zusammenhängende Wiesenlandschaft im Westen des Bergviertels, der heutigen Bergstraße.


114. Als die Bilder (im Bergviertel) laufen lernten...

Die Geschichte des Kinos in Eupen geht eigentlich auf das Jahr 1911 zurück und wie überall bedurfte es eines „Cinephilen“, um Filme, damals noch ohne Ton, nach Eupen zu bringen. Martin Berg, Geburtsjahr 1882, besaß diese Leidenschaft und konnte nach ersten Versuchen in kleineren Sälen am 23. Dezember 1933 mit dem Tonfilm „Bomben auf Monte Carlo“ das Capitol eröffnen.

Vor 56 Jahren, am 7. Februar 1963 verstarb der Eupener Kino-Pionier Martin Berg. Den ersten Kinosaal besaß er 1911 schräg gegenüber dem Jünglingshaus; an der Neustraße 110 hatte er mit einer Gastwirtschaft „Zur deutschen Fahne“ begonnen (als Eupen 1920 belgisch wurde, änderte der Name in „Zur belgischen Fahne“). Hier im Apollo-Kinotheater wurden die ersten Stummfilme ausgestrahlt. In der Eupener Residenz „Eupener Hof“ richtete Berg 1924 auf der ersten Etage das Kinotheater „Moderne Lichtspiele“ ein. Klavierspieler oder Violinisten begleiteten die Filme damals.

Schließlich setzte er mit dem Bau des supermodernen „Capitol“ neue Kinomaßstäbe für Eupen. Am 18. Februar 1925 erwarb er an der Neustraße das unter Sequester stehende Grundstück der Fabrikantenfamilie Krantz. Die Eröffnung des neuen Eupener Lichtspielhauses fand Ende Dezember 1933 statt. Im „Werbeblatt“ vom 17. November 1986 stand u. a. geschrieben: „Wie groß Martin Bergs Freude und Stolz gewesen sein muss, als 1933 sein Prunkstück die Pforten öffnete, kann man sich heute kaum vorstellen – Stolz nicht zuletzt auf seine eigene Leistung, denn schließlich hatte er jede freie Minute in seinen Traum investiert. Und wie schnell hätte in den Kriegsjahren dieser Traum wie eine Seifenblase jäh zerplatzen können. Zum Glück gingen diese harten Jahre relativ problemlos vorüber bis auf die Unterbrechungen in den Kinovorführungen während dem Fliegeralarm.“ Mit den Amerikanern zog ein erstes Mal die breite Unterhaltung ins „Capitol“ ein. Die Befreier machten aus dem Kinotheater ein „Erholungszentrum“ und nannten es „The Capitol Recreation Center“. Die US-Boys boten die tollsten Variétéprogramme, anfangs nur für ihre Soldaten, die von der Front zurückkamen und auf andere Gedanken kommen sollten, später für jedermann. In der Blütezeit des Lichtspieltheaters kassierte die Stadtkasse an „Lustbarkeitssteuer“ recht ansehnliche Summen. Ins städtische Säckel flossen 1967 nur mehr 183.304 Franken, während zehn Jahre zuvor noch stolze 416.989 Franken verbucht werden konnten.

1924 hatte Emil Bemmert im Schilsweg im Saal Müller auch ein Kino eröffnet. Dieses funktionierte allerdings nur kurze Zeit. Nach dem Krieg, 1945-46, wurde im Saal des Hotel Pauquet im Schilsweg das Kino Palladium mit dem deutschen Tonfilm „Die Kellnerin Anna“ gestartet. Später wurde der Name in „Trianon“ geändert. In den 50er Jahren brannte das Trianon ab und wurde anschließend nicht mehr aufgebaut.

An der Paveestraße gab es seit 1934 die »Schauburg«, ebenfalls eine Gründung des Martin Berg (die im April 1966 ihre Pforten schloss). Doch die konnte sich nicht mit dem »Capitol« messen. Auf der Neustraße verschafften Glühlampen dem »Filmtheater« schon von außen das nötige Flair. Dort gaben die Herren ihren Mantel mit Hut an einer Garderobe ab. Dort hatten die Damen etwas Rouge aufgetragen und für ein paar Stunden den eingemotteten Muff aus dem Schrank geholt. Die Herren durften auf dem Balkon ein Zigarettchen paffen und die Damen am Kiosk einen Fruchtsaft oder ein Piccolo schlürfen. Im Capitol traten Doris Day und Humphrey Bogart auf. Publikumsrenner waren allerdings volkstümliche Kostüm- und Heimatfilme, in denen Romy Schneider als »Sissi« verzauberte, Heinz Rühmann als »Eiserner Gustav« kutschierte, Lilo Pulver durch den Spessart spukte, Gerd Fröbe durch die ewigen Wälder stapfte und Ruth Leuwerick sich mit der Trapp-Familie in die Herzen der weiblichen Zuschauer sang. Das Capital schloss am 1. September 1970.

 

Übersicht der Kinos in Eupen

1911, Eupen : Gründung des Apollo-Lichtspiel-Theater an der Neustraße

1920, Eupen. Rheinprovinz. (14500 Einw.) : Apollo-Kino, Neustr. 55 — Fernspr. 211 — Gegr. 1911 (Sp. 6 Tage) 200 Plätze Martin Berg, Neustr. 55 — Fernspr. 211

Moderne Lichtspiele, Bergstr. 16 (Sp. 6 Tage) 265 Plätze Xav. Schoener, Kaperbergstr. 33

1941, Eupen (Einw: 13 300) :  Capitol-Theater, Adolf-Hitler-Straße 143, F: 1211, Gr: 1933, H,V,S, B: 40 qm 779/4-5 Tg. I: Marian Berg, Adolf-Hitler-Straße 165, F: 1211

Moderne Lichtspiele, Adolf-Hitler-Straße 14, F: 1211, Gr: 1916, H, V,S 250/5 Tg. Martin Berg, Adolf-Hitler-Straße 165, F: 1211

Schauburg Lichtspiele, Paveestraße 7, Gr: 1934, H, V, S 416/3-4 Tg. I: Martin Borg, Adolf-Hitler-Straße 165, F: 1211


122. Aus einem touristischen Führer Anno 1928
Die Stadt Eupen zählt ungefähr 13000 Einwohner. Sie wird von der Bevölkerung eingeteilt in „Oberstadt“, Gegend des Rathauses, des Marktes, des Wirthplatzes, Kaperberg, Moorenkopf, Bergstraße, Neustraße und „Unterstadt“ mit den Vororten Haas, Schilsweg, Bellmerin, Hütte, Oe. Die Bürgermeisterei oder Gemeinde Eupen umfasst außerdem die Weiler Stockem, Nereth, Voulfeld und die isoliert gelegenen Häuser von Neuenhof, Depick, Opersbach, Rotter, Mospert, Schönfeld, Diebach, Langfeld, Clouse, Nispert, Obersheide.
Oberhalb des Wirthplatzes die Kaperbergstraße mit dem Progymnasium. Unterhalb führt rechts ein Pfad nach dem Aussichtsturm und der Bergkapelle.
Verfolgen wir die Kirchstraße und Bergstraße so kommen wir an eine Wegkreuzung, wo sich ein Kruzifix aus Holz (1865) befindet, rechts die Neustraße, links führt die Bergstraße weiter steil ansteigend, überraschend malerisch, bis zur Judenstraße (Querstraße) gegenüber befindet sich eine sehenswerte hübsche Kapelle, die Bergkapelle auch St. Johanniskapelle genannt, Louis XIV, aber in romanischer Stilart restauriert mit Inschriften und Wappen (1732), im Inneren ein sehenswürdiger Weihwasserkessel. Links kommen wir unverzüglich an den Aussichtsturm für Touristen, wenig hoch, trotz den vier Stockwerken, aber umfassende malerische Rundschau, hübsches Panorama auf die Unterstadt, die Täler der Weser, und der Helle und Hertogenwald. Diese Anhöhe wird „Moorenhöhe“ oder „Moorenhügel“ genannt. Rechts von der Bergkapelle erreichen wir den anderen Ausgang der Neustraße (Moderner Brunnen). Links der Olengraben, welcher steil nach dem Vorort Haas hinunterführt.
Die Oberstadt hinuntersteigend, sehen wir auf einer Anhöhe ein geräumiges modernes Bauwerk, ds Kaufmanns-Erholungsheim (Sanatorium), welches von Belgiern unter dem Titel „Belgische Erholungs-Kolonie“ übernommen worden ist. Im hinteren Ende der Oe befindet sich das Waisenhaus, gegründet 1710 durch die Einwohner der Stadt.
Die Nähe des ausgedehnten Hertogenwaldes bildet eine beständige Quelle reiner Luft für alle. Zahlreiche Spaziergänge mit Wegeanzeigern und Bänken sind sorgfältig in der Umgebung der Stadt unterhalten und die empfehlenswertesten Touristenwege und Spaziergänge sind daselbst angeführt.

Neben dem historischen Pharus-Stadtplan von 1930 finden wir hier unten eine Ansichtskarte der St. Nikolaus-Pfarrkirche, eine Zeichnung der Bergkapellstraße aus den 20er Jahren, sowie verschiedene Ansichten, wie sich das Viertel einem Besucher des Jahres 1928 wohl präsentiert hat...


130. Eupener Schulen

In der vorpreußischen Zeit

Die erste Zeitung Eupens erschien im Jahre 1827. Dass sie nicht eher herauskam, lag wohl vor allem daran, dass die meisten Einwohner Analphabeten waren. Noch um 1800 konnten von hundert Eupenern nur fünfzehn lesen und schreiben. Vor 1825 gab es in Eupen keinen Schulzwang.

Die Anfänge des Schulwesens in Eupen dürften in die ersten Jahrzehnte des 17. Jahrhunderts zurückgehen. Lehrer war der Küster der Nikolauskirche. Der Unterricht fand nur in den Wintermonaten statt, da die Eltern die Kinder ansonsten bei der Haus- und Hofarbeit benötigten. Die Schulen waren den Jungen vorbehalten. Erst mit der Niederlassung der Rekollektinnen 1698 erhielten auch die Eupener Mädchen die Möglichkeit, Lesen, Schreiben und – wie in der Niederlassungsgenehmigung betont wurde – Französisch zu lernen.

Um 1705 eröffneten die Tertiaren des Augustinerordens Schulen auf der Klötzerbahn, Am Berg und im Waisenhaus. Im Jahre 1738 berichtet Pfarrer Haghen, dass es in Eupen im ganzen 10 Schulen gibt. 1750 beschloss die Gemeinde, in jedem der drei Quartiere jeweils eine weitere Schule einzurichten. Auch in diesen wurden Deutsch, Lesen, Schreiben und Rechnen, in einer auch „Vlämisch“ gelehrt. Im Jahre 1825 führte Preußen, als erster europäischer Staat, die Schulpflicht ein. Diese stieß jedoch auf vielseitigen Widerstand. U.a. die Fabrikanten und Bauern wollten nicht auf die Arbeitskraft der Kinder verzichten. Dennoch besuchten 1829 von 2013 schulpflichtigen Kindern bereits 1319 den Unterricht in den 14 Elementar- und den zwei weiterführenden Schulen.

1845 bestimmte die Regierung, dass für jede der drei Sektionen Eupens eine zweiklassige, öffentliche, katholische Elementarschule zu errichten sei. Schulgebäude mussten in den verschiedenen Stadtteilen gekauft werden. Seit 1840 gab es in Eupen auch zwei Verwahrschulen (Kindergärten). Die eine befand sich unter der Düvelscheidt und wurde 1864 nach der Haasstraße verlegt, wo 1885 am Fuße des Haasberg ein neues Gebäude entstand. Die andere, zunächst in der Gospertstraße, siedelte 1843 nach der Borngasse über und erhielt 1870 ein neues Gebäude. Dieser Kindergarten wurde 1925 von der Stadtverwaltung aufgehoben und von den Rekollektinnen auf dem Heidberg übernommen. Der Kindergarten in der Haasstraße blieb weiterhin städtisch und wurde von der Stadt unterhalten. Als städtische Lehranstalt wurde auch die Volksschule der Oberstadt an der Ecke Hisselgasse-Schulstraße eingerichtet.

1967 wurde am Limburgerweg das Zentrum für Berufsausbildung errichtet. Im Dezember 1968 begann man mit den Ausschachtungsarbeiten für die neue Schule für französischsprachige Kinder an der Bergkapellstraße, die am 27. Juni 1970 feierlich eingeweiht wurde.


131. Ein erhaltenswertes Denkmal preußischer Architektur - Die alte Eupener Mädchenschule
die 1871 errichtet wurde, um eine Kinderkrippe zu beherbergen.

 

Kleinkinder-Bewahranstalten
Bereits 1840 wurden in Eupen zwei „Kinder-Bewahranstalten“ gegründet, zu deren Kosten der „Aachener Verein zur Beförderung der Arbeitsamkeit“ vier Fünftel beisteuerte. In der Oberstadt wurde die Kinder-Bewahranstalt in einem Haus an der Gospert-straße, genannt „op gene Haund“, eingerichtet, in der Unterstadt im Ortsgebiet „Düvelscheid“ an der Malmedyer Straße, in Räumen der ehemaligen Färberei Römer.
Der Aachener Verein zur Beförderung der Arbeitsamkeit ging auf eine Initiative des Aachener Kaufmanns und Bankiers David Hansemann zurück. Dieser hatte bereits 1824 die Aachener Feuer-Versicherungs-Gesellschaft gegründet, welche die Hälfte ihres Gewinns dem Verein zur Beförderung der Arbeitsamkeit zur Verfügung stellte, um soziale Projekte zu unterstützen.
Zu Eupen hatte Hansemann geschäftliche und familiäre Verbindungen – er betrieb im Bellmerin eine Färberei, hatte eine Fremerey geheiratet, und der Tuchfabrikant Wilhelm Peters war sein Neffe. So ist es nicht verwunderlich, dass der Verein zur Beförderung der Arbeitsamkeit – nachdem er 1839 in Aachen zwei Kleinkinder-Bewahranstalten eingerichtet hatte – bereits im folgenden Jahr in Eupen aktiv wurde.


Ursprünglicher Baukörper nicht grundlegend verändert
In der Oberstadt verlegte der Aachener Verein seine Kleinkinder-Bewahranstalt bereits 1843 in die Borngasse, in das heutige Haus Nummer 9. Als diese Räume für die stetig wachsende Zahl der betreuten Kinder nicht mehr ausreichten, betätigte sich Hansemanns Verein als Bauherr und erwarb 1870 ein zwischen der Pääsch-Gasse (Verbindungsgasse von der Klötzerbahn zum Werthplatz) und der Borngasse – so hieß die Schulstraße bis 1929 – gelegenes dreieckiges Grundstück, um dort ein neues Gebäude zu errichten.
Bemerkenswert findet die KDLK die Tatsache, dass sich bis heute an der Struktur dieser Parzelle nichts geändert hat und sich der dreieckige, offene Platz vor dem Gebäude heute unmittelbar dem Stadtpark und der begrünten Fläche hinter dem Ministeriumsgebäude anschließt.
Seit am 9. Oktober 1871 die Kleinkinder-Bewahranstalt an der damaligen Borngasse eingeweiht wurde, hat das Gebäude immer eine der Gesellschaft nützliche Funktion gehabt. Zunächst als Bewahranstalt, dann als Kindergarten, als städtische Mädchenschule, als Musikschule, als provisorische Verwaltung des Gaswerks, zuletzt als Lebensmittelbank des Roten Kreuzes und als Jugendtreff.
Im Laufe der Jahrzehnte hat das Gebäude manche Um- und Anbauten erfahren, die aber den ursprünglichen Baukörper nicht grundlegend verändert haben, sodass das Gebäude noch heute Zeugnis gibt von der Architektursprache, die die preußische Regierung für den Bau von Schulen festgelegt hatte. Für die Planung von Schulgebäuden legte diese detaillierte Regeln auf, die in Bauzeitschriften veröffentlicht wurden. Obligatorisch war die Verwendung regionaltypischer Baumaterialien. Der hier von der KDLK dokumentierte Schulbau weist alle architektonischen Merkmale dieser Bauepoche auf und ist in allen Details ein anschauliches Architekturzeugnis des ausgehenden 19. Jahrhunderts. Die baulichen Veränderungen, die im nachfolgenden Jahrhundert im Zuge von schulischen Erfordernissen notwendig waren, vermitteln überdies die signifikante Entwicklung in der Architektursprache. Sie sind heute an der Schauseite und in der inneren Struktur sichtbar.


Symmetrischer dreigliedriger Baukörper
Trotz hartnäckiger Suche konnte die KDLK keine ursprünglichen Baupläne ausfindig machen. Der älteste bekannte Plan stammt aus dem Jahr 1898 und betrifft ein „Projekt zur Herstellung einer Closet-Anlage und Neukanalisierung“. Die Bauzeichnungen von 1898 zeigen einen symmetrischen, dreigliedrigen Baukörper aus rotem Backstein. Ein zweigeschossiger, ausgeprägter Mittelteil mit hohem Giebel und Satteldach überragt das Bauwerk. Dagegen sind die beiden Seitenflügel eingeschossig angelegt. Sie tragen ein schlichtes Walmdach. Vier Außenwände, die Schauseite, Rückfront und die seitlichen Fassaden weisen ein aufwendig gearbeitetes Ziegelmauerwerk auf, mit Gestaltungsmerkmalen des Klassizismus: Rundbogenstil vermischt mit Formen der Neuromanik. Im risalitartig hervorgehobenen Mittelteil der Schauseite liegt im Erdgeschoss der Zugang mit drei nebeneinander liegenden Einzeltüren. Die rundbogigen Tür- und Fensteröffnungen sitzen in mehrfach gestuften, rundbogigen Backsteinblenden, im Obergeschoss sind sie als Zwillingsfenster ausgebildet. Die mittlere, höher aufstrebende Bogenblende nimmt über dem Fenster noch ein Okulus auf. Fries und Fensterbänke aus Blaustein sowie ein Zahnfries prägen die Brüstungsflächen zwischen den Fensterreihen. Gestufte Mauervorlagen trennen und heben den Mittelbau von den Seitentrakten ab. Rundbogenfries, Zahnfries und abschließendes Blausteingesims bestimmen die Figur des Giebels, der in der Mitte und über den seitlichen Mauervorlagen kaminartige Aufsätze trägt. Ein Metallkreuz bekrönt die Giebelspitze.
Die flankierenden Seitentrakte der alten Mädchenschule Eupen Oberstadt werden von vier Fensterachsen bestimmt. Rundbogige Fenster mit Sprossenteilung sitzen in oben doppelt gerundeten Mauerwerksblenden. Fensterbänke aus Blaustein und erhabene Backsteinfelder prägen die Brüstungszone, die auf einem soliden Blausteinsockel aufliegt. Kaminartige Aufsätze sitzen auch auf den Mauerpfeilern an den Gebäudeecken.

Auf der Rückseite der einstigen Mädchenschule an der Schulstraße verfolgten die Bauherren 1870 das gleiche aufwendige Gestaltungsprinzip wie auf der Vorderseite. Der Mittelbau wurde hier jedoch als Risalit weit hervorgezogen. Er nimmt zudem vier Fensterachsen auf, die auf die Raumteilung Bezug nehmen. Die Außenwände der Seitentrakte sind fast fensterlos, doch durch Mauerwerksblenden und Friese aus Backstein wie auf den Schauseiten strukturiert und verziert.
Drei Eingangstüren führten in einen großen Aufenthaltsraum, „Vorplatz“ genannt. Rechts und links dieses Raumes lagen zwei weitere geräumige „Schulsäle“. Das Treppenhaus im rückwärtigen mittleren Teil zwischen der Küche und einer Kammer führte zum Obergeschoss, in dem zwei kleinere Räume genutzt werden konnten.


Ein ehemaliger Eiskeller?
Nur der linke Flügel des Gebäudes ist unterkellert. Dieser eine Kellerraum wurde auf Bruchsteinmauern errichtet und ist mit einem Tonnengewölbe versehen. Der Boden besteht aus Ziegelsteinen. Hier stellt sich die Kgl. Denkmalschutzkommission die Fragen: Wozu diente dieser Kellerbau; wer errichtete ihn? Man könnte vermuten, dass es sich ursprünglich um einen Eiskeller gehandelt hat, der vielleicht von den Bewohnern des Hauses Klötzerbahn 33 in den Hang der Ibernwiesen hineingebaut wurde.
Während etwa 50 Jahren scheint das Gebäude in seiner ursprünglichen Form als Kleinkinder-Bewahranstalt und anschließend als Kindergarten genutzt worden zu sein. Eine Notiz des Jahres 1927 vermerkt, dass der Kindergarten Borngasse geschlossen wurde. Er wurde zum Heidberg verlegt, um an der Borngasse eine Volksschule für Mädchen einrichten zu können. So erfolgte 1928 der erste Umbau an der Borngasse. Die Größe der Klassenräume musste den Normen angepasst werden. Das alte Treppenhaus wurde beseitigt, ein neues, breiteres entstand. Wichtig schien Stadtbaumeister Hubert Havenith ein breiter Flur, der bei schlechtem Wetter als Wandelhalle genutzt werden konnte. Von den drei Eingangstüren wurde nur die linke behalten. Nach dem Umbau verfügte das Gebäude über sechs große Klassenräume im Parterre und drei kleine im Obergeschoss, das lediglich über dem mittleren Bereich ausgebaut war.


Aufstockung der Mädchenschule
Die kostspieligste Umänderung war die Vergrößerung der Fenster. Dies wurde verlangt durch die Lütticher Aufsichtsbehörde. Der Stadtbaumeister schrieb dazu: „Um die Außenarchitektur nicht zu verletzen, würde ich empfehlen, die zurückliegende Vermauerung auszubrechen, wodurch die Fenster breiter und höher würden.“ Leider wurde sein Projekt nicht angenommen und mussten die Rundbogenfenster schließlich den rechteckigen weichen, die mehr Licht einließen und die heute die Fassade prägen. Trotz zahlreicher Umbauten in der Folgezeit sind wesentliche Elemente der Inneneinrichtung aus dieser ersten Umbauphase im Originalzustand erhalten geblieben und können durch entsprechende Baupläne belegt werden.
Aus Verhandlungen der Stadtverwaltung am 28.10.1929 geht hervor, dass die Schülerinnenzahl dermaßen angestiegen war, dass das Lehrerinnenzimmer zur Schulklasse umfunktioniert wurde. 1931 wurde im Stadtbauamt ein Projekt zur Aufstockung der Seitenflügel ausgearbeitet.
Das Bauamt der Provinz Lüttich beanstandete die Vorlage und verlangte, dass die Fenster, die der Stadtbaumeister an die des Erdgeschosses angeglichen hatte, deutlich größer sein müssten. Dahingehend änderte dieser die Zeichnung der Fassade, die in dieser Form bis heute erhalten ist. Im vergrößerten Schulgebäude standen nun sechs große Klassenzimmer im Obergeschoss zur Verfügung.
Den Bauplänen zufolge wurde im Jahr 1943 hinter dem rechten Flügel bis zur Grundstücksgrenze im Erdgeschoss und im Obergeschoss je ein Klassenraum angebaut.
1989 wird der Architekt Michel Renson beauftragt, den freien Raum über den Toiletten durch einen gemauerten Raum auszufüllen, so dass ein zusätzliches Klassenzimmer entsteht. Durch diese Anbauarbeit geht definitiv die ursprünglich symmetrische Formgebung des Gebäudes verloren und wird sein Volumen unübersichtlich.


Der heutige Zustand des Gebäudes
Auch heute zeigt das Gebäude noch an drei städtebaulich wirksamen Fassaden nahezu unverfälscht die Baugestalt nach den Bauerweiterungs- und Modernisierungsmaßnahmen der 1898er bis 1989er Jahre. Zu den Formen des Klassizismus kamen seinerzeit die charakteristischen Gestaltungsmerkmale der Reformarchitektur und des Funktionalismus hinzu.
Während beim risalitartigen Mittelbau, abgesehen von den Fenstereinbauten aus jüngerer Zeit, nahezu der Zustand der ursprünglichen Planung bewahrt blieb, haben sich die Seitentrakte durch Aufstockung um ein Geschoss und neue Fensterformate zwar verändert, jedoch das charakteristische Erscheinungsbild dabei nicht eingebüßt.
Die jeweils vierachsigen, heute zweigeschossigen Seitenflügel sind flach gedeckt, haben im Erdgeschoss rechteckige Fensteröffnungen mit geraden, scheidrechten Ziegelstürzen.
Die Fenster sind in der Breite mit Ziegelvorlagen den Rundbogenfenstern im Mittelteil angepasst. Im Obergeschoss sind die achsial darüber liegenden Fensteröffnungen bis zu den pfeilerartigen Mauervorsprüngen verbreitert. Die Außenwände der Seitentrakte sind fast fensterlos, doch durch Mauerwerksblenden und Friese aus Backstein, wie auf den Schauseiten, strukturiert und verziert.


Erhaltung einer einheitlichen Architektur
Die alte Mädchenschule ist neben dem ehemaligen Kindergarten in der Unterstadt ein bedeutendes Relikt preußischer Architektur in Eupen. Nach Einführung der Schulpflicht erließ die preußische Regierung Richtlinien für den Bau von Schulen. Die alte Mädchenschule gibt Auskunft über die Ansprüche der Bauherren seinerzeit.
Das Objekt ist nach Ansicht der KDLK ein Zeugnis für Bauvorhaben zur Verbesserung der Lebensumstände und Zukunftsaussichten der Jugend zur damaligen Zeit. Die preußische Regierung setzte beim Bau ihrer öffentlichen Gebäude eine unverwechselbare Formensprache durch.
Die alte Mädchenschule weist auch nach den Umbauten im 20. Jahrhundert noch alle Merkmale der Architektur des 19. Jahrhunderts auf. Am ursprünglichen Baukörper sowie bei den Erweiterungen und Aufstockungen der 1930er Jahre wurde von den Planern stets Wert gelegt auf die Erhaltung eines einheitlichen Erscheinungsbildes. Insbesondere seine Lage an einem Dreiecksplatz spricht für die planerische Absicht, das stattliche Gebäude mit seiner markanten Fassade im Stadtbild hervorzuheben. Deshalb plädiert die KDLK dafür, die alte Mädchenschule als Baudenkmal zu erhalten.


138. Nachrichten aus dem Bergviertel

In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts entstanden im Bergviertel einige Zeitungen, die versuchten, die lokale Bevölkerung mit Informationen zu versorgen.

 

Eupener Zeitung

Schon 1869 hatte der Drucker und Verleger Jacob Wehren auf Anregung der Eupener Zentrumsorganisation Constantia den Versuch gestartet; in Eupen eine neue Zeitung zu etablieren. Er nannte sein Blatt, das im Format 28 x 40 cm zweimal wöchentlich (mittwochs und samstags) erscheinen sollte, „Eupener Zeitung, Organ für Politik, Handel, Gewerbe und Landwirtschaft“. Das Blatt wurde bei Carl Julius Mayer in der Borngasse 31 gedruckt. Sein Preis betrug 12,5 Silbergroschen pro Quartal, durch Post und Boten bezogen betrug der Preis 15 Silbergroschen. Der Abonnementspreis für das laufende Quartal war auf 7,5 Silbergroschen festgelegt worden.

Dem ersten Aufruf zum Abonnement folgten zwei weitere Probenummern. Bei einer großen Katholikenversammlung, die am 8. August im Saal Tonnar stattfand, warb selbst die Geistlichkeit für die neue Zeitung. Die Initiatoren der Versammlung, M. Fastré, B. Driessen, M. Speckheuer und Joh. Goor, betätigten sich später alle als Mitarbeiter der neuen Zeitung. Die Abonnentenwerbung bei dieser Versammlung hatte offensichtlich Erfolg. Ab Samstag, 14. August, erschien die ‚Eupener Zeitung‘, nach drei Probenummern, regelmäßig. Sie war, wie in der ersten Nummer versprochen, konsequent katholisch ausgerichtet. Diese Einstellung verlangte in der damaligen Zeit eine kämpferische Haltung gegenüber der Regierung. Sechs Wochen nach der Gründung verkündete die Schriftleitung am 18. September, dass die „Eupener Zeitung“ bereits 400 Abonnenten habe. Jacob Wehren betonte, er beabsichtige, die Leser noch mehr zufrieden zu stellen, besonders durch eine günstigere Regelung der Zustellung und durch eine noch größere Lebendigkeit auf dem Gebiete der politischen und geschäftlichen Mitteilungen.

Jacob Wehren veröffentlichte 1870 eine große geschichtliche Arbeit mit sieben Fortsetzungen über „Eupen und das Limburger Land zur Zeit der französischen Revolution“. Die Zahl der Bezieher stieg nach Angaben des Verlegers noch etwas an. Nachdem Preußen am 16. Juli 1870 gegen Frankreich mobil gemacht hatte, brachte Wehren am Montag, dem 18. Juli, ein nur einseitig bedrucktes Extrablatt heraus. Weitere Extrablätter folgten bei jedem Sieg, den die deutschen Armeen in Frankreich errangen. Ab dem 10. Oktober 1870 ließ Wehren seine Zeitung ohne Preisaufschlag dreimal pro Woche, dienstags, donnerstags und samstags, erscheinen, um seine Leser schnell und umfassend über den Fortgang der Kämpfe zu informieren. Er bot auch ein spezielles Monatsabonnement für 5 Silbergroschen an.

Später füllte Wehren seine Zeilen jedoch immer mehr mit scharfer Polemik gegen die katholikenfeindliche Regierung. Von Ende 1871 an wurden immer weniger Anzeigen veröffentlicht. Daran waren vielleicht die evangelischen Tuchfabrikanten schuld, denn Anfang 1872 handelte 65 Prozent des Zeitungsinhalts vom Kulturkampf. Mit der Nummer 26 vom September 1872 stellte das Blatt, das sich seit dem 13. April 1872 im Untertitel nur noch „Katholisches Organ“ genannt hatte, ohne Vorwarnung sein Erscheinen ein. In dieser letzten Ausgabe aus seinem an der Neustraße 177/2 ansässigen Verlag warb Jacob Wehren noch für die Erneuerung der Abonnements für das am 1. Oktober beginnende vierte Quartal.

Bereits am 12. Oktober 1872 zeigte sich, dass die „Eupener Zeitung“ weitergeführt werden sollte. In der an diesem Samstag erschienenen Probenummer kündigte der neue Herausgeber Eucharius Cormann an, dass die Zeitung, die jetzt keinen Untertitel mehr trug, treu der römisch-katholischen Kirche, in allen religiösen Fragen frei und unabhängig die Gleichberechtigung aller vor dem Gesetz verteidigen werde. Sie werde den lokalen Angelegenheiten ihre besondere Aufmerksamkeit widmen und aufrichtig und loyal die Interessen der Gesamtheit zu wahren suchen. Die Zeitung, deren Expedition sich in der Neustraße 174/12 befand, sollte vorerst einmal wöchentlich und zwar samstags erscheinen. Der Preis betrug pro Quartal in Eupen 10 Silbergroschen.

In der Nummer 12, der letzten Ausgabe des Jahres 1872, sprachen Redaktion und Verlag den immer zahlreicher werdenden Abonnenten und Inserenten ihren Dank für die Unterstützung der gerechten Sache aus. Um die Leser noch eingehender über den Stand der politischen und kirchlichen Fragen unterrichten zu können, werde die „Eupener Zeitung“ im kommenden Quartal zweimal wöchentlich, am Mittwoch und am Samstag erscheinen.

Das plötzliche Verstummen der ersten „Eupener Zeitung“ dürfte auf Schwierigkeiten zurückzuführen sein, die Jacob Wehren wegen seines Kampfes gegen die Regierung mit der Obrigkeit bekommen hatte. Wahrscheinlich war er der Aachener Regierung zu weit gegangen und gerichtlich belangt worden. Daraus hatte der neue Herausgeber seine Lehren gezogen. Eucharius Cormann trat selbst nicht als verantwortlicher Redakteur auf, sondern hielt sich Scheinredakteure, die offiziell als stellvertretend verantwortliche Schriftleiter im Impressum standen, darunter ein Weber namens Leonhard Müllender, der in Eupen als „Sitzredakteur“ bekannt wurde.

Ende Dezember 1873 wurde Leonhard Müllender wegen des Abdrucks eines im „Mainzer Journal“ erschienenen „Briefes an den Kaiser“ in Aachen zu 50 Talern Geldstrafe verurteilt. Kaum vier Wochen später wurde er zum zweiten Male bestraft. Am 6. März 1874 erfolgte die dritte Bestrafung wegen Beleidigung des Fürsten Bismarck. Ein Jahr später wurde Leonhard Müllender wegen des am 24. Februar 1875 erfolgten Abdrucks der Enzyklika „Quod nunquam“ von Papst PiusIX. Zu einer vierzehntägigen Gefängnisstrafe verurteilt. Damit teilte er das Schicksal zahlreicher „Schriftleiter“ katholischer Zeitungen.

Als Leonhard Müllender seine Haftstrafe antrat, wollte ihn der Gefängnisdirektor als Schreibhilfe beschäftigen. Doch da stellte sich heraus, dass der „Redakteur“ des Schreibens kaum fähig war. Auf Anregung des Ministers des Innern der Aachener Regierung kam es zu einer neuen Gerichtsverhandlung. Diese ergab, dass Müllender lediglich Zeitungsausschnitte an die Redaktion lieferte. Dem Scheinredakteur wurde eine Geldbuße von 50 Talern auferlegt, der Verleger der „Eupener Zeitung“ musste die doppelte Summe zahlen.

Seit dem 28. April 1875 zeichnete Eucharius Corman selbst als Redakteur verantwortlich. Er zog sich aber Ende Mai ins Privatleben zurück und widmete sich seinem Buchladen, den er in der Bergstraße eröffnet hatte. Jetzt musste ein neuer Mann gefunden werden, der die Verantwortung für den Inhalt der Zeitung übernahm. Da sich niemand fand, der nicht, wenn er schon verantwortlich sein sollte, auch bestimmen sollte, was in die Zeitung hineinkam, übernahm von der Nummer 43 vom 29. Mai 1875 an der Kaufmann Josef Mennicken vom Vorstand der Constantia-Gesellschaft den Verlag und die Schriftleitung. Die „Eupener Zeitung“ blieb bis 1899 im Besitz der Constantia. Diese verkaufte das Blatt Mitte des Jahres an den Trierer Buchdrucker Hermann Heinrich. Die Zeitung wurde nun in der Kirchstraße 16 gedruckt. Die „Eupener Zeitung“ stellt ihr Erscheinen mit Beginn des Jahres 1917 ein.

 

Die Eifel und ihre Nachbargebiete

Eucharius Corman, der die „Eupener Zeitung“ im Oktober 1872 übernommen und sich im Mai 1875 ins Privatleben zurückgezogen hatte, um sich als Buchhändler zu betätigen, rief 1901 die Wochenschrift „Die Eifel und ihre Nachbargebiete“ ins Leben. Diese Wochenschrift wollte den Fremdenverkehr in Wort und Bild fördern. Die Zeitung wurde seit dem 26. Mai 1901 im Format 33 x 44 cm von Carl Braselmann in der Eupener Neustraße 18 gedruckt. Von Mai bis September erschien sie wöchentlich, von Oktober bis April einmal im Monat. Bis 1904 fungierte die Corman‘sche Buchhandlung als Verleger dieser Fremdenverkehrszeitung, dann zeichnet Heinrich Amendik, der die Buchhandlung an der Neustraße 27 nach Cormans Tod übernommen hatte, als Herausgeber verantwortlich. 1905 ging das Blatt ein.

 

Eupener Bürger-Zeitung

Wilhelm Rosenstein widmete sich seiner Buch- und Schreibwarenhandlung, der er noch eine Akzidenzdruckerei angeschlossen hatte, elf Jahre lang. Im öffentlichen Leben der Stadt Eupen blieb er durch seine Mitgliedschaft in vielen Vereinen weiterhin sehr aktiv. Gemeinsam mit dem Uhrmacher und Rechtskonsulenten Jacob Reip gründete er 1901 den „Bürgerverein“, der zwar nach katholischen Grundsätzen geführt werden sollte, den Katholizismus aber nicht als Vorspann für die Interessen der Geistlichkeit und anderer Persönlichkeiten dienen lassen wollte.

Rosenstein hatte den „Bürgerverein“ offensichtlich in der Absicht gegründet, sich im Hinblick auf die Gründung einer neuen Zeitung einen Leserstamm zu schaffen. Am 22. März 1902 erschien die erste Probenummer der „Eupener Bürger-Zeitung“. Wilhelm Rosenstein zeichnete als Redakteur verantwortlich. Die „Eupener Bürger-Zeitung“ erschien nach einer zweiten Probenummer ab dem 5. April 1902 regelmäßig jeden Samstag. Sie kostete 20 Pfennig pro Monat und wurde frei Haus geliefert. Die Expedition befand sich in der Bergstraße 61.

Die neue Zeitung hatte dank der Mitglieder des „Bürgervereins“, dessen genossenschaftliches Eigentum sie zunächst war, sofort etwa 400 Abonnenten und viel Werbung. Das Blatt bestand aus einem Bogen zu vier Seiten, davon anderthalb Seiten Annoncen. Die ersten Ausgaben der neuen Zeitung wurden in Aachen gedruckt. Schließlich schafften die Herausgeber selbst eine Schnellpresse an und ab der Nummer 34 vom 8. November 1902 erfolgte der Druck bei Wilhelm Rosenstein & Co. in Eupen, der nun alleiniger Besitzer der Zeitung war. Die Auflage betrug mittlerweile 950 Exemplare. Rosenstein leitete die „Eupener Bürger-Zeitung“ bis zum April 1909.


144. Kindergarten im Bergviertel



145. Eupen Anno 1849


151. Straßennamen

In den 60er und 70er Jahren des vergangenen Jahrhunderts wurden auf dem Gebiet der Gemeinde Eupen zahlreiche neue Straßennamen eingeführt. Einige davon betrafen auch das Bergviertel: Limburger Weg, Ettersten, Panorama, Habsburger Weg, Maria-Theresia-Straße, Brabantstraße, Burgundstraße, Mettelenfeld, Lothringer Weg und Am Waisenbüschchen tauchten erstmals auf dem Eupener Stadtplan auf...


152. Wiesenfluren im Bergviertel

Zu früheren Zeiten war das Bergviertel geprägt von einer zusammenhängenden Wiesenlandschaft, die die zum Viertel gehörenden Straßen und Plätze umgab. Ibern, Loten und Ettersten legten sich wie ein grüner Gürtel rund um die Anhöhe mit der Bergkapelle. Ein Fussweg, dessen Spuren noch heute zu finden sind, zog sich damals quer durch diese Wiesenfluren.


156. Städtebauseminar der INED

Planungen zur Umgestaltung des Bergviertels gab es immer wieder in der langen Geschichte. Doch während oftmals konkrete Veränderungen daraus resultierten, wie z.B. beim derzeit laufenden Neighbourhodd-Power Projekt rund um den Park Loten, warten andere Vorschläge immer noch auf ihre Umsetzung. Dazu ein passender Zeitungsartikel aus dem Jahr 1991 :


158. Zeitungsmeldungen vom Dezember 1939


175. Hartes Leben im Bergviertel
Ein Haushalt ohne Waschmaschine ist heute kaum noch denkbar. Auch Trockenmaschinen erleichtern heute den „Waschtag“. Gewaschen wurde früher aller drei bis vier Wochen, und das gewöhnlich am Montag. Das weiche Regenwasser aus den Fässern unter der Dachrinne benutzte man dann zum Wäschewaschen. Am Tag vorher stellte man den Zinkwassserkessel auf den Küchenherd, bis die Waschlauge kochte. Mit einem langen Holzstab bearbeitete man die eingesetzte, kochende Waschlauge. Nachdem die Wäsche lang genug gekocht hatte, gelangte sie mit einem Holzstab in eine auf einem Bock (Waischschraak) stehende Zinkbütte. Die Hausfrau besaß gewöhnlich ein Waschbrett, das in der Zinkbütte stand. Auf diesem Waschbrett wurde die Wäsche gerieben und mit der Wurzelbürste „abgerubbelt“. Danach wurde alles gespült und ausgewrungen.
Die Hausfrau, die früher als Erste die Wäsche heißdampfend im Waschtrog auf dem Brett geschrubbt hatte, konnte die damals für alle zugängliche Stadtbleiche für sich beanspruchen. Es waren meist hohe, dichtgewachsene Buchenhecken, z.B. auf der Bergkapellstraße, über die man die Wäsche zum Bleichen auslegte. Die Frauen lieferten sich regelrechte Wettkämpfe um die öffentliche Bleiche.
Die gebleichte und getrocknete Wäsche wurde anschließend mit schweren, unpraktischen Bügeleisen geplättet. Erst gab es diese hohen Eisen, in die man noch kleine Kohlen füllen musste. Später wurden sie von flachen Eisen abgelöst, die auf einer oft rotglühenden Ofenplatte abwechselnd gewärmt wurden. In jedem Falle herrschte beim Bügeln ständig eine hohe Temperatur in der Küche. Die schweren Eichentische in den Küchen wurden in einer mühsamen Prozedur gereinigt. Man streute Sand darüber und bürstete die Tischplatte mit einer harten Wurzelbürste ab.
Bei ganz armen Familien hatten die Kinder noch kein eigenes Bett. Sie schlugen sich in eine dicke Wolldecke ein und schliefen auf einem Strohsack, der auf dem Boden lag. Eine Korbmacherfamilie mit 13 Kindern bewohnte eine Zweizimmerwohnung auf der Neustraße. Einer dieser Räume diente als Geschäftslokal, wo eine breite Theke den Raum beherrschte. Abends legte man diese um, füllte sie mit strohgefüllten Säcken aus und die Kinder legten sich in Löffelchenmethode dicht nebeneinander darauf.
Grünflächen auf städtischem Gebiet durften auf Anfrage von den Anwohnern gemäht werden. Da manche Familien zwei bis drei Kühe hielten, besorgten viele sich so den Futtervorrat für den Winter, und die Wegeränder waren stets sauber. Früher beherrschten viele Pferdefuhrwerke das Bild in Eupens Straßen. Es wirkte recht gemütlich, wenn die Hufeisen auf die schweren Pflastersteine aufschlugen. Viele Pferde machen aber auch viel Mist. Ließ ein Pferd in der Straße „Äpfel“ fallen, so lief direkt jemand herbei, um diese mit Hilfe einer Schaufel als Dünger für den häuslichen Garten einzusammeln. So blieben die Straßen immer frei von Mist.


178. Einwanderung im Bergviertel
In den 60er und 70er Jahren war das Bergviertel geprägt von einer Einwanderungswelle vor allem spanischer Gastarbeiter, die zumeist aus kleinen Dörfern der Provinz Leon im Nordwesten Spaniens in das kleine Viertel am Berg zogen, welches bald schon im Volksmund als spanisches Viertel bezeichnet wurde. Spanische Gottesdienste in der Bergkapelle, ein spanisches Café in der Bergstraße, spanische Feste und kulturelle Veranstaltungen prägten diese Zeit. Ende der 80er Jahre sorgten diese spanischen Mitbürger sogar für das Überleben eines hiesigen Vereins, des FC Herbestha.
Mitverantwortlich dafür, dass der Verein im Jahr 1968 „aus einer Bierlaune heraus“ ins Leben gerufen wurde, waren die Eupener Richard Henz und Joseph Königshoven. „Wir trafen uns damals am Wochenende regelmäßig in der Wirtschaft ‚Zum Bierbrunnen‘, die neben der Föderalen Polizei angesiedelt war. Mit wir meine ich, einige junge Männer, die allesamt auf der Herbesthaler Straße wohnten. Ich kann Ihnen sagen, wenn wir zusammen kamen, wurde immer fleißig Bier getrunken“, erinnert sich Richard Henz mit einem Grinsen im Gesicht und schiebt in einem Atemzug hinterher: „Und wie das dann so ist, haben wir feucht fröhlich entschieden, einfach mal ein Fußballspiel zu organisieren.“Nach einigen Telefonaten und Briefsendungen war es am 4. Mai 1968 dann so weit: Der FC Herbestha feierte gegen eine Auswahl der Eupener Gendarmerie sein Debüt auf dem Grün am Stockbergerweg. „Wir haben auf dem alten Platz vom FC Eupen gespielt, den es heute gar nicht mehr gibt, da stehen jetzt Häuser“, kommentiert Richard Henz.
Im Jahr 1974 zog es die Jungs vom FC Herbestha vom Stockbergerweg „oben“ auf den Spitzberg, wo „einige“ Jahre das Leder rollte. Umgezogen wurde sich damals an der Malmedyer Straße bei Familie Goebbels, die ihren Keller als Umkleide zur Verfügung stellte. „Das war ein Segen für uns, vor allem in der kalten Jahreszeit. Da mussten wir uns vorher mit Eiswasser in Bütten auf dem Feld waschen“, stellt der 80-Jährige dar. Mit dem Umzug zum Spitzberg lief es „richtig gut“ für die Jungs von der Herbesthaler Straße – bis zum Jahr 1988. „Da standen wir vor dem Abgrund“, erzählt Richard Henz und fügt hinzu: „Wir mussten fast aufgeben, weil wir einfach keine Leute mehr hatten. Es gab mittlerweile so viele Amateurklubs in der Umgebung, dass uns der Nachwuchs fehlte.“ Für Abhilfe sorgte der Spanier Ramon Bayo-Vega, der Mitte der 70er Jahre von der Rom-Werksmannschaft zum FC Herbestha gewechselt war. „Ramon, ein fantastischer Bursche, hatte uns angeboten, einige seiner in Dolhain und Eupen wohnhaften Landsleute zu mobilisieren, um für den FC Herbestha zu spielen, sodass der Spielbetrieb nach einem knappen Jahr Pause im Jahr 1989 weitergehen konnte“, berichtet Henz, der heute noch mächtig stolz darauf ist, sich aktiv für die Integration der „spanischen Freunde“ eingesetzt zu haben.
Eingesetzt haben sich die Mitglieder des Vereins seit einigen Jahren auch dafür, das jährlich kulturelle Veranstaltungen auf die Beine gestellt werden. Aushängeschild ist dabei das traditionelle Spanierfest, das von der spanischen Gemeinschaft in den 60er Jahren ins Leben gerufen und seit 1995 vom Festkomitee des FC Herbestha ausgerichtet wird. „Das waren tolle Abende, die sehr viel zur Integration beigetragen haben. Vor drei Jahren haben wir das Konzept, das nicht mehr so funktionierte, überdacht und organisieren seither immer im Juni eine Feria“, sagt Präsident Pedro Vicente. Damit ist es im Jahr aber nicht getan, denn für die Mitglieder werden zudem beispielsweise Ausflüge oder Gemeinschaftsessen organisiert.
Der FC Herbestha hat sich durch die Spanier von einem Verein zu einer Gemeinschaft entwickelt.
Nach Angaben von Richard Henz ist der Klub, seitdem die Spanier an Bord sind, viel familiärer geworden. „Sie sind einfach ein großes Plus für den Klub, der sich durch sie von einem Verein zu einer Gemeinschaft entwickelt hat“, meint er, „als wir jung waren, war es einfach nicht der Fall, dass Frauen und der Rest der Familie so in den Klub integriert wurden. Wir, die Männer, fuhren beispielsweise mit den Autos, wovon es damals nicht viele gab, zum Spiel, während die Frauen die Kinderwagen die Hisselsgasse hinauf drücken mussten.“
„Gedrückt“ werden müssen die Mitglieder des ältesten noch aktiven Eupener Amateurklubs übrigens nie zur „dritten Halbzeit“. „Da kommt jeder gerne aus freien Stücken“, erzählt Präsident Pedro Vicente. „Und das war schon immer so“, fügt Richard Henz hinzu. Seit der Gründung ist das Miteinander abseits des Spielfeldes ein „extrem wichtiger Bestandteil“ des Vereins geworden. „Die ‚dritte Halbzeit’ hält uns seit 50 Jahren zusammen. Und ich bin mir sicher, dass der Verein, den ich mir, nebenbei bemerkt, nicht mehr ohne Spanier vorstellen kann, mit dieser Mentalität noch einige Jahre, nein Jahrzehnte, noch bestehen bleibt.“


179. Integration der Spanier im Bergviertel

In den 60er und 70er Jahren war das Bergviertel geprägt von einer Einwanderungswelle vor allem spanischer Gastarbeiter, die zumeist aus kleinen Dörfern der Provinz Leon im Nordwesten Spaniens in das kleine Viertel am Berg zogen, welches bald schon im Volksmund als spanisches Viertel bezeichnet wurde. Spanische Gottesdienste in der Bergkapelle, ein spanisches Café in der Bergstraße, spanische Feste und kulturelle Veranstaltungen prägten diese Zeit. Dass auch damals schon die Integration nicht immer so einfach war, zeigt ein Zeitungsartikel aus dem Jahr 1977.


180. Integration der Spanier im Bergviertel

In den 60er und 70er Jahren war das Bergviertel geprägt von einer Einwanderungswelle vor allem spanischer Gastarbeiter, die zumeist aus kleinen Dörfern der Provinz Leon im Nordwesten Spaniens in das kleine Viertel am Berg zogen, welches bald schon im Volksmund als spanisches Viertel bezeichnet wurde. Spanische Gottesdienste in der Bergkapelle, ein spanisches Café in der Bergstraße, spanische Feste und kulturelle Veranstaltungen prägten diese Zeit. Dass auch damals schon die Integration nicht immer so einfach war, zeigt ein Zeitungsartikel aus dem Jahr 1986.


181. Warten auf... den König

Am Mittwoch, dem 16. Mai 1979 konnte man folgenden Artikel in der Zeitung lesen, der eindeutig in die Kategorie "Anekdoten aus dem Bergviertel" einzuordnen ist...


182. Vom Eupener Verkehrswesen in früherer Zeit


186. Die Tour de France im Bergviertel

Immer wieder während den heißesten Wochen des Jahres zieht sie Millionen von Franzosen und Fans aus aller Welt an den Straßenrand, um ihren Helden zuzujubeln: die Tour de France, auch "La grande boucle" genannt. Im Jahr 1965 drängten sich auch die Berger in Haasberg und Olengraben, um die Durchfahrt der großen Runde in Eupen hautnah zu erleben...


191. Denkmalpflege in Eupen

Von Kriegen und Katastrophen weitgehend verschont finden sich in Eupen zahlreiche alte Gebäude aus unterschiedlichen Epochen und Baustilen. Besonders in den alten Stadtteilen, wie dem Bergviertel, sind viele alte Fassaden und Baudenkmäler zu entdecken. Schon immer stellte sich die Frage nach dem Erhalt und der Pflege dieser stummen Zeitzeugen, die doch so viel zu erzählen hätten...


201. Regengässchen und Strohdächer
Wer vor 150 Jahren Eupen durchwanderte, so ein Chronist aus dem Jahre 1904, musste eher annehmen, in einer Landstadt als in einer Industriestadt sich zu befinden. Drei Viehherden zogen, sobald der Grasaufwuchs im Frühjahr es erlaubte, in Zahl von je 50 bis 100 Stück Rindvieh jeden Morgen dem Walde zu. Durchwintert musste das Vieh in den Ställen werden, und dieser Umstand verlangte das Vorhandensein einer großen Anzahl von Stallungen, die denn auch – bisweilen in recht abfälliger und unschöner Weise – die mitunter ebenfalls kaum mehr standfähigen Wohnhäuser, namentlich im Schilsweg, Düvelscheidt, Thebaten und Judenstraße, flankierten.
Neben der Viehzucht wurde auch der Kartoffelanbau, besonders von der Arbeiterbevölkerung eifrig betrieben, da das nötige Ackerland von den Bauern gerne unentgeltlich geliefert wurde. Bedingung war allerdings eine gute Düngung des Bodens, woraus der Landwirt dann indirekt seinen Nutzen zog. Notwendige Voraussetzung war nun die Beschaffung des Düngers, was denn auch mit allem Eifer Geschah und nicht bloß für eigene Verwendung, sondern auch zum Weiterverkauf an die Landwirte. Über die Frage, wo der Dünger gelagert werden sollte, war man weniger skrupellos. Wer keinen eigenen oder gemieteten Dungplatz hatte, nahm einfach einen Gemeindeplatz dafür in Anspruch, und so kam es denn, dass in manchen Straßen Düngstätte an Düngstätte sich reihte, und wer den höchsten Haufen hatte, war der beste Mann.
Im grellen Gegensatz zu den prächtigen Häusern der Arbeitgeber standen die meisten Arbeiterhäuser. Die meisten warn noch in Fachwerk aus Holz und Lehm einstöckig gebaut und mit Stroh bedeckt, seltener mit unregelmäßigen Schieferplatten. Zu wiederholten Malen entstanden Feuersbrünste, durch welche in den strohbedeckten Häusern aufgeräumt wurde, so in Nispert, Düvelscheidt, Schilsweg, Judenstraße und am Rotenberg. Erst als nach 1800 wallonische Ziegelarbeiter sich in Nöreth niedergelassen hatten, baute man allgemein aus Backsteinen. Die Maurer stammten fast nur aus Raeren, weil die Eupener Arbeiter sich für dieses Gewerbe zu gut hielten. Die Strohdächer verschwanden ganz erst um 1850.
Wohl meistens war der Hauptgiebel zur Straße gerichtet, so dass das Regenwasser nach den Seiten ablief zum Nachbarn hin. Um nun die Durchnässung der Häuser zu vermeiden, ließ man Zwischenräume, die sogenannten „Regengässchen“. Im übrigen lagen die Häuser stellenweise in engen Gassen dicht beieinander. Überall gab es tief ausgefahrene Gassen, z.B. von und nach Stockem, Nöreth, Nispert, zur Hütte, Bellmerin usw. Eine Verbindung der Haas mit der Oe für Fuhrwerksverkehr bestand lange Jahre nicht. Diesem Übelstand wurde durch den Bau der Straße von der Haas nach der Oe 1854 abgeholfen. Bis dahin gab es von der Haas das kleine „Jouchegätzke“, auch „Rümeschgätzke“ genannt und von Thebaten her führte das „Kriemesch Bergelche“ hinab in das Oetal. Diese kleinen Wege dienten den Arbeitern in den Betrieben des Oetals als Arbeitswege. Wohnungsmangel war damals ein ständiges Übel für die damals zahlreichen kinderreichen Familien. Durch den Webstuhl und andere Geräte wurde der Wohnungsraum noch mehr eingeengt. In diese Enge ließen kleine und manchmal unregelmäßig verteilte Fenster mit trüben Scheiben nur wenig klares Licht.


222. Woche der Mobilität

2002 wurde erstmals europaweit eine Woche der Mobilität organisiert. Wie bereits in der Vergangenheit wenn ähnliche Aktionen durchgeführt wurden, bildete das Nadelöhr an der Kreuzung Rotenberg/Neustraße/Olengraben/Bergkapellstraße einen besonderen Brennpunkt in der Berichterstattung der Medien. Zwei Zeitungsartikel aus dem Jahr 2003 geben Zeugnis von den damaligen Experimenten...


223. Rundfunk aus dem Bergviertel

Seit 1995 ist das Sendehaus des Belgischen Rundfunks auf den Anhöhen des Schorberg angesiedelt. Doch bereits in den 80er Jahren wurde aus dem Bergviertel gesendet. Der private Sender Radio Aktivität, aus dem später Radio Contact wurde, sendete zunächst von der Ecke Schönefeld/Kehrweg bevor er 1984 in ein leerstehendes Haus an der Judenstraße umzog. Ein Blick zurück in diese Blütezeit der „Piratensender“...


228. Umweltverschmutzung in den 60ern
Dass Umweltverschmutzung, Vandalismus und achtlose Hundebesitzer nicht erst ein Problem unserer Tage sind, davon zeugt folgender Zeitungsartikel aus dem Jahre 1963, dessen ‚Problemzonen‘ auch im Bergviertel anzutreffen sind...


229. Als die Häuser noch Namen hatten
Lange bevor es ein System von Hausnummern gab, war es in früheren Zeiten üblich, Häuser mit Hausnamen zu versehen. Hier einige Beispiele aus dem Bergviertel:

Das Haus „d ́r Helm“und „Irebreïtsteen“
1735 berichtet das Laetbuch:„zwei huyser anden bergh in die mitt der strass auf die halbswheydt der plaets das Helmhuys gewauwht....“ Diese Eintragung führt zu der Annahme, dass zu dieser Zeit die Breite der heutigen Bergstraße sich noch vom Abhang „Am Berg“ bis zum Heukebend (heute Parkplatz Fuhrpark) unbesiedelt ausdehnte und dass die beiden Häuser dort gebaut wurden, wo sich heute die Häuser Bergstraße 32 bis 40 befinden. Den Hausnamen Helm erhielten sie nach der Flurbezeichnung „gegen den helm“ die schon im Katasterbuch von 1645 auftritt. „Irebreïtsteen“ tauften die Eupener die Häuserzeile Bergstraße 68-72, die seit der Tieferlegung der Straße im 19. Jahrhundert oberhalb einer hohen Stützmauer thronen. Ein Anblick, der an die Festung Ehrenbreitstein bei Koblenz erinnert. In einem „dr Flög“ genannten Haus an der Holundergasse wohnten einst die Brüder Nikla und Jupp Dohm.

Rolandseck
Am Karnevalssamstag 1955 wurde an der Ecke Bergstraße/Neustraße eine eine neue Wirtschaft mit dem Namen »Rolandseck« eröffnet. Den Namen übernahm die Kneipe von einer Gaststätte an gleicher Stelle aus der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg.

Haus Edelstraße 7 : ‚de ô Apotiek‘
Das Haus steht auf dem alten Besitz des herzoglichen Försters Lennert Moeckel. 1740 findet sich dort die Angabe von einem neuerbauten Wohnhaus. Vermutlich ist Johann Salm der Erbauer. ‚de ô Apotiek‘ - so wird das Haus noch heute von den Hääsern genannt, weil sich dort einst die Löwen-Apotheke von Peter Raisin befand, der es seinerseits von dem Apotheker Heinemann erworben hatte. Im Eupener Adressbuch des Jahres 1886 werden drei Apotheken aufgeführt: die Löwenapotheke in der Edelstraße, die Adler-Apotheke in der Bergstraße und die Schwanen-Apotheke in der Kirchstraße.


Haasberg
Im 18. Jahrhundert gab es schon Färbereien im Gebiet der Haas. Zur Ausübung ihrer Tätigkeit mussten sie über ein größeres Gelände verfügen, um die gefärbten Tuche zu trocknen. Die Orte solcher Anlagen sind uns bekannt unter der Bezeichnung „Rahmen“. Die hölzernen Rahmen waren in den Hängen des Schorbergs, des Haasbergs und des Olengrabens aufgestellt. So heißt der Seitenweg vom Haasberg zur Bergkapellstraße noch heute „ä gen Rahme“. Die Häuserzeile 9 bis 15 im dortigen Bereich des Haasbergs belegte der Volksmund mit der Bezeichnung „de Lokomotiv“. Im 18. Jahrhundert betrieb bei jener Örtlichkeit im Haasberg, die im Volksmund „op gene Balkong“ heißt, die Familie Gensterblum ihre Tuchmanufaktur. Direkt unterhalb davon befindet sich der „Prummehuck“. Dies ist die Bezeichnung für die gegenüber dem Hause op gene Balkong an der Ausbuchtung des Haasbergs liegende Häuserzeile.


230. Kreuz und quer durch Eupens Altstadt
Der vorliegende Artikel, ein Auszug aus dem Büchlein „Kreuz und quer durch Eupens Altstadt“ von Claire Meyers-Michel, führt uns auf einen Streifzug durch Alt Eupen, insbesondere durch das Viertel an Berg und Haas. Wir beginnen unseren Rundgang in der Haas:
An der steilansteigenden Edelstrasse „Op gene äsel“ liegt abseits im Hang „der Mousel“, ein älteres Haus, das vielleicht den Namen seines Erbauers trägt. Auf der linken Seite liegt hinter hohen Trauereschen „der Knöckel“. Auf einem Balken des Dachstuhls ist die Jahreszahl 1568 zu lesen. Weiter aufwärts im Haasberg ist das große, rechts liegende Haus als „Balkong“ bekannt. Diesem gegenüber, ganz in der Ecke, liegt der „Prummehuck“, ein sonderbarer Name!
Warum die kleine Straße zwischen Haasberg und der unteren Bergkapellstraße „ägen Rahmen“ heißt, weiß jeder Eupener zu deuten, der ein wenig von dem Trocknen der Tuche zur Zeit der blühenden Tuchindustrie zu berichten weiß.
Die Haas wurde bekanntlich erst 1854 durch einen Weg mit der Oe verbunden. Die Fuhrwerke, welche zu den Fabriken Mayer und Krantz fahren mussten, benutzten einen breiten Weg, der heute im Olengraben nur mehr als Gasse zu erkennen ist, und im Volksmund mit „Kriemesch Bärgelche“ benannt wird.
Der einzige frühere Verbindungsweg von Thebaten zur Oe war die „Teichgasse“, die auch heute noch besteht und gegenüber der Kohlenhandlung Kirch in die heutige, breite Straße nach Membach einmündet. Wie soll man den Namen „Thebaten“ deuten? Wo liegt „Thebaten“? Man bezeichnet so die Häuser hinter dem Rondel auf dem Rotenberg. Vielleicht weil diese Häuserreihe dahinter lag „der bate“? Von „Thebaten“ aus führt eine Gasse nach Membach. Nach genauen Ermittlungen von Vermessungsingenieur W. Berens ist nur diese Straße bzw. Gasse am Zentrum für handwerkliche Berufsausbildung und an den neuen Kinderheimen vorbei, amtlich als „Langgasse“ zu bezeichnen. Vor dem Rondel schmückte einst die schöne Pferdetränke das Stadtbild. Leider musste sie der Majestät Verkehr weichen.
Die Neustraße ist , wie der Name sagt, neueren Datums, wurde sie doch erst um die Jahrhundertwende ausgebaut. Deshalb finden wir hier selten Originalbenennungen, es seien denn die Gaststätten.
Die obere Neustraße wird durchschnitten von den sogenannten „Loten“, d.h; die Latscheide aus der Zeit der Lathöfe. „Auf den Loten“ finden wir in preussischen Amtsbüchern mit „auf den Lüften“ übersetzt. Der Beamte übersetzte „loot“ Luft, also auf den Lüften. Als 1889 in Eupen große Arbeitsnot herrschte, ließ die Stadtverwaltung, um Leute zu beschäftigen, den „Rotenberg“ anlegen, so genannt wegen des vorhandenen Rotschiefers. Die links und rechts liegenden Wiesen waren beliebte Rodelplätze. Links heißt es „ägen Etterste“.
Auf der Bergstraße ist dem Einheimischen „Fänke Gang“ bekannt. Es handelt sich um die Häusergruppe, die quer zur Straße angelegt ist. Das Bauerngut heißt „Loten“. Unterhalb „Fänke Gang“ liegt „Ehrenbreitstein“. Wer die Festung Ehrenbreitstein am Rhein schon gesehen hat, kann, mit viel Phantasie, eine Ähnlichkeit im Miniformat mit den vier auf der kleinen Anhöhe gebauten Häusern erkennen. So schmiedet der Mann aus dem Volke seine Namen!
„Bate gen Bärg“ können wir noch manche alte Häuser aufspüren, wenn auch deren Fassaden modernisiert wurden. Eine alte Eupenerin nannte die kleine Verbindungsstraße zwischen Bergstraße und Am Berg „der Bloumekül“ (Blumenkohl). Gerade in dieser Gasse kann der aufmerksame Beobachter eine schöne, alte Eupener Sitte wahrnehmen. Über der Eingangstüre der meisten Häuschen hat man eine kleine Nische einarbeiten lassen, in der hinter Glasschutz eine Heiligenfigur stand. Leider stehen dieselben heutzutage leer. Eine Ausnahme macht das Haus, anno 1733, Klosterstraße 2, dessen Nische noch „bewohnt“ ist.
Eingangs des „Holundergässchens“, das „Bate gen Bärg“ mit der Borngasse verbindet, stand vor Jahren „der Flock“, die Residenz mancher Eupener Originale, so Dohme Jupp und Bruder Nikela, Weschklettje, Schnöse Jännche, und a.m.


 244. Fußwege durch die Eupener Wiesenfluren


268. Das Bergviertel zur Biedermeierzeit

Als Biedermeier wird die Zeitspanne vom Ende des Wiener Kongresses 1815 bis zum Beginn der bürgerlichen Revolution 1848 in den Ländern des Deutschen Bundes bezeichnet. Der preußische Staat, zu dem Eupen seit 1815 gehört, ist arm und muss sparen. Die Tuchindustrie hat ihre meisten und besten Absatzgebiete durch die politische Neuordnung verloren. Es herrscht hohe Arbeitslosigkeit und schlimme Not. Bei solchen wirtschaftlichen Verhältnissen ist für eine Verschönerung der Stadt natürlich kein Geld vorhanden. Eine Reihe von Straßen am Rande des Ortes ist noch nicht im heutigen Sinne ausgebaut. Die Neustraße gibt es noch nicht; die steile Bergstraße ist die einzige Verbindung für Fahrzeuge zwischen Ober- und Unterstadt. Der Olengraben ist noch ein wirklicher Hohlgraben, der hauptsächlich als Verbindungsweg zwischen dem Haasviertel und dem Oetal dient (die Oestraße wurde erst 1854 angelegt). Bäume, Sträucher und Grasplätze sind fast unbekannt; Heidberg, Bergkapellplatz, Haasberg sind wüste Anhöhen. An der unteren Bergstraße und im Werth befinden sich große Tümpel. Die Häuserreihen sind nicht überall geschlossen. Es sind vor allem unansehnliche Fachwerkhäuser, viele davon noch 1830 mit Stroh gedeckt. Für diejenigen, die nicht im Hause eine Zisterne oder einen Brunnen besitzen, stehen öffentliche Brunnen sowie eine Reihe von Pumpen zur Verfügung.

Das Eupener Ortsgebiet „Rotenberg-Batenbergh-Te Baten“ mit seinem weitausgedehnten Wiesenland dürfte seines ländlichen Charakters wegen eher als ein „Bauernviertel“ zu bezeichnen sein. Wie es dort aussah vermittelt uns am besten der Bericht eines Brandunglücks im Jahre 1825.

Am 12. Oktober dieses Jahres brach in den rothen Berghe gelegenen, mit der Nummer 840, 841, 842 bezeichneten Häusern Feuer aus, welche gänzlich eingeäschert wurden. Alle drei Häuser, oder vielmehr Hütten von Holz und Lehm und mit Stroh gedeckt, wurden von armen Leuten bewohnt und hatten sozusagen keinen Wert; Rettung war unmöglich und bald nach Ausbruch des Feuers stürzten Dächer und Mauern zusammen. Am 17. selbigen Monats wurden in geringer Entfernung von jenen abgebrannten Hütten, mit Nr. 854, 855, 856 bezeichneten Häuser ein Raub der Flammen. Es war die Wahrscheinlichkeit vorhanden, dass der Sohn der Witwe Johann Brossel, die das Haus unter 856 bewohnte, bei welchem man periodische Anfälle von Verrücktheit öfters wahrgenommen hat, eine brennende Lampe in das Strohdach befestigt hat, wodurch dieser Brand ausgebrochen ist.

Jugend hat auch in der Biedermeierzeit zum Teil keine Tugend. Darum sammelt seit 1837 ein einfacher Weber, Jakob Wintgens, als Laienapostel sonntags junge Leute um sich, um sie vor gefährlichen Zerstreuungen zu bewahren und im Guten zu festigen; was später zur Bildung des Jünglingsvereins führte. Der Hang zur Geselligkeit zeigt sich auch in der Gründung von neuen Vereinen: 1819 finden sich z.B. die St.-Johannes-Schützen zusammen. Bis 1834 übte man sich auf dem Berg im Bogenschießen, seitdem bevorzugen die Jannder das Kugelgewehr. 


271. Eupener Baukultur in Zeiten des Umbruchs

Während der Corona-Pandemie präsentierte das Eupener Stadtmuseum eine Sonderausstellung unter dem Titel „Eupener Baukultur von Preußen bis Belgien“, in deren Rahmen einige Beispiele für die Architektur dieser Epoche vorgestellt wurden, darunter auch einige im Bergviertel. U.a. Gebäude an der Neustraße (vom im Artikel erwähnten Capitol bleibt derzeit nur noch die Fassade), an der Bergkapellstraße, im Olengraben sowie an dessen Fuße. Das Grenz-Echo berichtete seinerzeit über die Ausstellung….


 273. Die Pfarrgrenze zwischen Ober- und Unterstadt

Während in früheren Zeiten in Eupen drei Quartiere oder Stadtteile unterschieden wurden, die wohl auf die alte Gebietsaufteilung in drei Grundherrschaften zurückgingen, sprach man ab dem 19. Jahrhundert im Wesentlichen nur noch von Ober- und Unterstadt. Diese Aufteilung wurde durch die Festlegung der Grenze zwischen den beiden Pfarren St. Nikolaus (Oberstadt) und St. Josef (Unterstadt) geographisch zementiert. Dabei wurde dem damaligen Verständnis der Identität des Bergviertels weitgehend Rechnung getragen...


 274. Türsteine mit Jahreszahl oder sonstiger Inschrift

Zahlreiche alte Häuser in Eupen haben noch aus heimischem Kalkstein eingefasste Haustüren und Fenster. Manche Türsteine tragen die Jahreszahl der Erbauung oder die Initialen der Erbauer, die sehr oft kunstvoll gestaltet sind.

Im Rotenberg finden wir ein Haus mit der Jahreszahl 1735 im Keilstein der Haustür (Nr. 30)

Am Haus Bergkapellstraße Nr. 66 (Ecke Bergstraße) mit dem einmaligen schmiedeeisernen Oberlicht (vermutlich eine Eupener Arbeit aus dem 18. Jh.) trägt der Türstein das eingemeißelte Zeichen der Familie Römer, die drei Römergläser sowie die Jahreszahl 1739.

Das Haus Haasberg 4, „op gene Balkong“ genannt, hat noch vier Maueranker, aus denen sich die Jahreszahl 1712 ergibt.