2. Woher kommt eigentlich der Name ‚Bergviertel‘?
Dort, wo die Neustraße auf den Olengraben trifft und die Bergkapellstraße mit dem Rotenberg zusammenkommen, hieß es früher : „änn te baate“. Diese alte Bezeichnung für das schon früh besiedelte Viertel bei diesen Straßenkreuzungen war nicht nur im Volksmund gegeben, sondern erscheint auch schon in verhochdeutschter Namensform in den Niederschriften aus dem 17. bis 20. Jahrhundert (1622 „Batenberch“, 1725 „die Baten, Batenberg“, 19. Jahrhundert „in Thebaaten, Thebaten“). Was bedeutet diese eigenartige Bezeichnung?
Unsere Vorfahren gaben schon in frühester Zeit der Erhebung , die den ursprünglichen Ortskern (die Oberstadt) vom Ortsgebiet „unter der Haas“ (die Unterstadt) trennte die einfache Bezeichnung „der BERG“. Sie benannten die Ortslage an seinem Fuße „a gene Berrech“ (Am Berg), den höher gelegenen Teil „op gene Berrech“ (auf dem Berg). Aus ihrer Sicht lag demnach das Ortsviertel der unteren Bergkapellstraße und des oberen Rotenbergs „Hinter dem Berg“. Sie brachten das mit der Benennung „Baate gene Berrech, d‘r Baate, Thebaaten, Batenberch“ zum Ausdruck. Wir sehen, die Ortsviertelbezeichnung „Te Baaten“ ist gar nicht so eigenartig!
24. Heute ein paar Aufnahmen aus den 'Kindertagen' des Bergviertels...
44. 275-Jahr-Feier Bergkapelle
Vor 30 Jahren wurde das 275jährige Bestehen der Bergkapelle mit einem großen Viertelfest gefeiert. Am 4. Oktober 1987 traf man sich zum Bergerfest rund um die Bergkapelle und auf dem Gelände der französischen Schule. Viele ältere Anwohner werden sich noch gerne daran erinnen, sicher beim Lesen des Artikels aus dem Grenz-Echo hier unten...
50. Die Entwicklung des Quartiers Berg und Haas
In der Geschichte unserer Stadt erscheint die Herrlichkeit Eupen seit ihrem Bestehen als eine den ganzen Ort umfassende Einheit. Nur bei der Wahl der Bürgermeister finden wir eine Aufteilung in drei Wahlbezirke. Sie erscheinen in den Akten manchmal als Quartiere, manchmal auch als Kompanien oder Kapitänschaften. In jedem Quartier wurden zunächst neun Bürger, die sogenannten Neunmänner, gewählt. Die Neunmänner der drei Quartiere wählten dann unter sich die vier Bürgermeister unserer Stadt.
In der Oberstadt finden wir die Quartiere Kirchstraße und Gospert. Beide gehen in ihrer Begrenzung vermutlich auf die alten Lat- oder Lehenshöfe zurück. Das Quartier Kirchstraße dürfte aus dem Stockem-Eupener Lathof, das Quartier Gospert aus dem Frambacher Lathof entstanden sein.
Anders ist es mit dem Quartier Berg und Haas. Der dritte Eupener Lathof, St. Marien, war nur zu einem kleinen Teil auf dem Gebiet Eupens gelegen. Er umfaßte einen großen Teil des Grundbesitzes in der Gemeinde Membach und reichte in einer auslaufenden Spitze bis an das Eupener Bergviertel heran. Zu ihm gehörten, die Bergstraße hinaufgehend, die Häuser auf der rechten Seite, vom Gut Looten angefangen bis zur Bergkapelle, dann weiter auf der rechten Seite die Bergkapellstraße abwärts bis zum Rotenberg. Die linke Seite der Bergstraße ab Iberngasse und das ganze übrige Bergviertel gehörten nicht zu einem Lathof, sondern zum Gebiet des Hertogenwaldes, der in frühesten Zeiten wohl bis hierher gereicht hat. Der Hertogenwald war seit Bestehen des Herzogtums Limburg herzoglicher Besitz und nicht als Lehen vergeben. So kam es, dass die Ansiedler in diesem Gebiet ihre Siedlungserlaubnis direkt vom Herzog erhielten und auch nur ihm gegenüber abgabepflichtig waren.
Der Bach, der seit 2017 vor dem Haus Bergstraße 19 wieder sichtbar geworden ist, bildete einst die Grenze zwischen den Sektionen A (Kerckstraet) und B (Bergviertel). Das wurde erst 1873 geändert, als die Stadtverwaltung beschloss, die Straßen der Stadt genau zu begrenzen, mit Namensschildern zu versehen und die Nummerierung der Häuser straßenweise durchzuführen.
Allmählich dehnte sich das Bergviertel nach Süden aus und auch die Abhänge zur Unterstadt wurden nach und nach besiedelt, bis schließlich die Ansiedlung die Talsohle, die Haas, erreichte. Ein Blick auf eine Militärkarte aus dem Jahre 1762 gibt uns eine Vorstellung von der Entwicklung des Bergviertels im Laufe der Jahrhunderte. Die Karten hier unten stammen aus den Jahren 1762, 1777, 1803, 1850, 1930 und heute und zeigen dass sich das Bergviertel lange Zeit auf Am Berg, Bergstraße, Tebaten, Bergkapelle, unterer Teil der heutigen Judenstraße und Haasberg beschränkte. Aus dem Jahr 1930 stammt auch eine der ältesten Luftaufnahmen der Stadt. Man erkennt am oberen Bildrand, dass das heutige Ibernviertel noch gänzlich unerschlossen ist.
Über die Entstehung des Namens Haas gibt es keine gesicherten Angaben. Wir neigen dazu, diesen Namen aus der ursprünglichen Beschaffenheit des Geländes herzuleiten. Der Ortsname Haas weist auf ein Gelände an einem Hang hin, das mit niederem, gestrüppartigem Pflanzenwuchs bestanden ist. So können wir uns auch den Haasberg in ältester Zeit vorstellen. Der Bergabhang, den wir heute unter dem Namen Haasberg kennen, hieß in früheren Zeiten einfach „die Haas“.
Erst nachdem die Bedeutung des Namens verloren gegangen war, nannte man es Haasberg und verdoppelte damit unbewusst den Begriff.
53. Geschichten aus dem Eupener Bergviertel
56. Rückblick auf die Jubiläumsfeiern zum 300jährigen Bestehen der Bergkapelle
93. Brunnen im Bergviertel
Im Jahre 1833 berichtet Bürgermeister von Grand Ry dem Landrat, Herrn von Scheibler, dass die Stadt bereits vier öffentliche Pumpen und zwei laufende Fontänen hat, die eine auf dem Marktplatze, die andere auf der Klötzerbahn.
1840 sind bereits zwölf Brunnen oder Pumpen in Betrieb: am Berg, hinter den Häusern von H. Lecomte, im Wirth, am Berg, oberhalb der Wwe. Reul, in der Holundergasse, in Tebaten, im Haasberg bei Havenith, auf dem Kaperberg bei Dessonay, in der Hisselsgasse, in der Borngasse, in der Judenstraße und in der Eselsgasse, Ecke Judenstraße und eine im Werthplatz (man bemerke: die meisten dieser Brunnen oder Pumpen befanden sich im Bereich ‚des Berg‘).
Zeigte sich irgendwo und irgendwann ein „Sprung“ auf öffentlichem Boden, versucht man, die Quelle zu fassen, um eine Pumpe aufzustellen und so wenigstens einem Teil der Bevölkerung sauberes Wasser zu verschaffen.
Im Jahr 1885 finden wir in den verschiedenen Sektionen der Stadt u.a. :
eine Pumpe „Am Berg“, gegenüber dem Hause Nr. 54 (dort wo sich heute die Häuser Nr. 44 und 46 befinden), mit Sicherheit bereits 1862 dort;
eine Pumpe „Bergstraße“, hinter dem Hause Nr. 42 des Metzgers Martin Schlembach (jetzt Haus Nr. 40);
eine Pumpe „Bergstraße“, an dem Hause Nr. 58 des Mathias Vise (das heutige Haus Nr. 66), 1885 an das durch das Gässchen von diesem getrennt liegende Hintergebäude verlegt;
eine Pumpe „Bergstraße“, der Wirtschaft Raaff, dem Hause Nr. 90 gegenüber (heute das Kolpinghaus Nr. 124), wegen Gesundheitsgefährdung 1902 geschlossen;
eine Pumpe „Bergstraße“, am Hause Nr. 135, oberhalb der Wohnung von Martin Emonts, Schlossermeister und Eisenwarenhandlung (die heutige Ecke Bergstraße/Bergkapellstraße, etwa bei den Häusern Nr. 139/141), 1902 geschlossen;
eine Pumpe „Bergstraße“, unterhalb des Kammstrickers Joseph Mattar, Haus Nr. 115 auf den Looten;
eine Pumpe „Neustraße“, dem Hause Nr. 73 des Fuhrmanns und Wirten Nahoe gegenüber – an anderer Stelle heißt es „an der Böschung des Collard‘schen Gartens“ (heute etwa die Mitte zwischen der ehemaligen Buchhandlung Reuter und der Ecke Bergkapellstraße), 1902 geschlossen;
einen Schöpfbrunnen „Rotenberg“, in der Wiese The Losen (in den Ettersten), 1874 Hondsburg (Hondsborn?) genannt;
einen Schöpfbrunnen „Hisselsgasse“, am Hause Nr. 71 des Heinrich Kaldenbach (heute etwa Haus Nr. 69);
einen Schöpfbrunnen „Holundergässchen“ beim Bierkeller des Aloys Körfer (am Ende der heutigen Borngasse), bereits 1881 geschlossen;
eine Pumpe „Haasberg“, vor dem Hause Nr. 11 der Geschwister Miessen (etwa heute bei den Häusern Nr. 15/17), bereits 1862 erwähnt;
einen Schöpfbrunnen „Haasberg“, dem Hause Nr. 31 des Hubert Pönsgen gegenüber (das jetzige Haus Nr. 41);
einen Schöpfbrunnen „Judenstraße“, dem Hause Nr. 29 gegenüber (am Aufgang zur Moorenhöhe), 1902 geschlossen;
einen Schöpfbrunen „Judenstraße/Edelstraße“, die Ecke…, an der Wiese des Franz Homburg;
eine Pumpe „Olengraben“, vor dem Hause Nr. 2 des Bäckers August Brandenberg (auch heute noch Haus Nr. 2), 1862 aufgestellt, 1902 geschlossen.
Pferdetränke
Ein Brunnendenkmal im wahrsten Sinne des Wortes war die vom Bildhauer Christian Stüttgen 1908 geschaffene „Pferdetränke“ „ä Tebate“ (Rotenbergviertel). Wenn dieser Laufbrunnen auch nicht der menschlichen Trinkwasserversorgung diente, erfüllte er doch den löblichen Zweck als Tiertränke. Zumal zu jener sogenannten guten alten Zeit das Pferd im Eupener Verkehrswesen die Hauptrolle spielte. Den Auftrag zur Schaffung dieses Brunnendenkmals erhielt Christian Stüttgen vom „Eupener Verschönerungsverein“ im Jahre 1908. Zwei Jahre später stand der Brunnen. Leider hat dieses Brunnendenkmal in Eupen nur ein kurzes Bestehen erleben dürfen. Als Kraftfahrzeuge das Pferdefuhrwerk zu ersetzen begannen, entfernte man aus unerklärlichen Gründen den Laufbrunnen schon im Jahre 1934. Wie sehr ein solcher Brunnen als Pferdetränke angebracht war, versteht nur der, dem die früheren Verkehrsverhältnisse bekannt sind. Vierspännig, manchmal sogar sechsspännig zogen Pferde die schweren Holztransporte den Olengraben hinauf. Des öfteren mussten sogar bei der letzten Steigung des Olengrabens noch zusätzlich Pferde vorgespannt werden. Mit diesen Pferden kamen die Fuhrleute das kleine Gässchen von der Oe zum Olengraben hinauf und spannten sie an. Die Tiere waren dann heilfroh, im Brunnen in Tebaten der eingemeißelten Inschrift „Diese Gabe zur Labe“ Folge leisten zu können.
Von den Anliegern, die die alte Pferdetränke noch gekannt hatten, wurde der Wunsch geäußert, diese dort wieder aufzustellen. Doch außer vier Originalsteinen mit Abbildungen von Pferde- und Hundeköpfen war nichts von Stüttgens Jugendstilbrunnen übrig geblieben. Als Eupen dann 1992 auserkoren wurde, Belgien beim internationalen Blumenwettbewerb zu vertreten, war dies der Auslöser, die Wiederherstellung der „Pärdsdränk“ ernsthaft anzugehen. Nach alten Fotografien fertigte das städtische Bauamt Konstruktionspläne an und beauftragte das auf Betonguss spezialisierte Unternehmen Blanc de Bierges aus Wavre mit dem Nachbau des Brunnendenkmals.
Am 10. August 1992 konnte die aus weißem, gebürstetem Beton hergestellte neue Pferdetränke auf dem Rondell ä Tebate aufgebaut werden.
95. Die Haasprozession
Neben der Dreifaltigkeitsprozession von der Bergkapelle zum Kapellchen im Laschet, der Bittprozession zum Gnadenbild der Lieben Frau von Luxemburg im Waisenbüschchen sowie der Fronleichnamsprozession, die aber traditionell eher der Oberstadt zugeschrieben wird, ist die sogenannte Haasprozession die vierte Prozession, die regelmäßig das Bergviertel bzw. die Bergkapelle ‚aufsucht‘. Diese Pfarrprozession von St. Josef zieht alljährlich zum Kirchweihfest an St. Josef aus; dies immer am Sonntag nach Mathias, dem 21. September. Bis 1974 gab es drei sogenannte „alte Wege“, die abwechselnd von der Prozession begangen wurden:
1. zur Bergkapelle und zurück,
2. zur Hütte und zurück,
3. zur Monschauerstraße und zurück.
Ab 1974 wurden auch die neuentstandenen Wohnviertel Ibern, Selterschlag, Obere Rottergasse und Binsterweg, Mettelenfeld und Stockbergerweg sowie das Altenheim St. Josef, der Limburger Weg und Am Waisenbüschchen abwechselnd mit den „alten Wegen“ von der Haas-Prozession berührt.
Die Haasprozession im Jahre 1897
Im Jahre 1897 sollte die Pfarrprozession von St. Josef zum zweiten Male seit Gründung der Pfarre wieder über öffentliche Wege gehen. Wie dies sich abspielte, lesen wir in den drei nachstehenden Artikeln.
Eupen, 13. Juli. - In der Haaskirche wurde am Sonntag von der Kanzel verkündigt, dass die seit der Errichtung der St. Josefspfarrkirche nur einmal ausgegangene und nachher auf das Innere der Kirche beschränkte Pfarrprozession für die Folge wieder öffentlich stattfinden darf. Zur Abhaltung der Prozession ist der Sonntag nach dem 22. September festgesetzt. Der Weg, den dieselbe nehmen soll, wird noch näher bestimmt.
Eupen, 21. September. - Die Pfarrprozession von St. Josef, welche bisher nur ein einziges Mal, und zwar am 28. September 1873 stattfand, in Zukunft aber wieder regelmäßig ausgehen darf und für dieses Jahr auf Sonntag, den 26. September festgesetzt ist, wird folgenden Weg nehmen: Haasstraße, Haasberg, Bergkapellstraße, Olengraben, Haasstraße, Schilsweg, Hütter Wiese, Hütte, Haagen, Bellmerin, Schilsweg. Der erste Segen wird unter der Haas am Kreuz, der zweite an der auf dem Bergplatz zu liegenden Seite der Bergkapelle, der dritte im Schilsweg (unweit des Kreuzes vor dem Lenssenschen Hause), der vierte auf der Montjoierstraße an dem Hause Klinkenberg-Roderburg gespendet. Nach der Rückkehr zur Kirche wird ein Tedeum gesungen und der Schlusssegen erteilt.
Eupen, 28. September. - Dank dem herrlichen Wetter konnte sich die Pfarrprozession von St. Josef am vorigen Sonntag in vollem Gepränge entfalten. Die Pfarreingesessenen hatten alles zur Verherrlichung des Tages aufgeboten. Allerwärts prangten die Häuser in Flaggen-, Blumen- und Bilderschmuck, und der größte Teil der Straßen, durch welche die Prozession sich bewegte, war durch Laubgewinde etc. in einen Festweg umgewandelt. Die Beteiligung an der Prozession war großartig; der Vorbeizug dauerte nicht weniger als eine halbe Stunde und gewährte namentlich von den umliegenden Berghöhen, wo sich zahllose Menschen angesammelt hatten, ein prächtiges Bild. Der gewählte Weg hat sich bewährt, denn trotz seiner Windungen kam es nirgens zu einer störenden Kreuzung. Das am Nachmittag vom Cäcilien-Gesangverein von St. Josef, der Franssenschen Musikkapelle und der St. Josef-Bürger-Schützengesellschaft in der Festwiese der Herren Gebr. Carbin veranstaltete Wohltätigkeitskonzert zum Besten der Haas-Pfarrkirche war von wenigstens 1000 Personen besucht und gestaltete sich zu einem wahren Volksfest. Das Fest, an dem auch eine Anzahl Geistlicher teilnahmen, verlief ohne jede Störung.
Das »Correspondenzblatt des Kreises Eupen« veröffentlichte einige Tage vor Auszug der Prozession die Aufstellungsordnung. Aus ihr ersieht man, dass das Vereinsleben in der Unterstadt damals in voller Blüte stand. Hier der offizielle Ordnungsplan: 1. Schulkinder in doppelter Reihe; 2. Frauen und Jungfrauen, ebenfalls in doppelter Reihe; 3. Arbeitergesangsverein; 4. Das Waisenhaus und die Versorgungsanstalt; 5. Die Marianische Jungfrauen Congregation von St. Joseph; 6. Der Harmonie-Musikverein; 7. Der Jünglingsverein; 8. Der Gesellenverein; 9. Die Voß´sche Kapelle; 10. Der Concordia-Gesangsverein; 11. Die Bogenschützen von St. Johannes-Enthauptung in Nispert; 12. Die St. Nikolaus-Bürgerschützen-Gesellschaft; 13. Der Gesangverein Amicitia aus Nispert; 14. Der kaufmännische Verein; 15. Die Marianische Männer-Congregation von St. Joseph; 16. Die Constantia; 17. Bürger mit Fackeln; 18. Spalier bildet der Kavallerie-Verein; 19. a) Die St. Johannes-Bürger-Schützen-Gesellschaft und b) Die St. Joseph-Schützengesellschaft mit den Engeln in der Mitte. Aufstellung a) und b) zwischen dem Kavallerie-Verein; 20. Die Franssen´sche Kapelle; 21. Der Cäcilien-Gesang-Verein von St. Joseph; 22. Die Chorknaben; 23. Die Geistlichen; 24. Das Sanctissimum; 25. Die Mitglieder des Kirchenvorstandes, der Gemeindevertreter und Honoratioren, 26. Die Klosterbruderschaft; 27. Der Infanterie-Verein; 28. Der Tobias-Verein; 29. Gesang-Verein »Liedertafel«; 30. Der christlich-soziale Arbeiter-Verein; 31. Männer und Jünglinge, die keinem Verein angehören.
97. Straßen- und Verkehrswesen im Bergviertel
Der Mittelgebirgsausläufer, hier kurz „der Berg“ genannt, der den oberen Stadtteil Eupens vom unteren trennt, war seit jeher wegen Höhenunterschieds stark verkehrsbehindernd gewesen. Ausgefahrene, verschlammte Karrenwege führten darüber hinweg. Erst der Staatsstraßenbau Eupen-Montjoie 1846 und die damit verbundene Anlage der Neustraße brachten eine Erleichterung für die Fuhrleute.
Seitlich davon bildete jener „Berg“, der wegen seines rotschieferhaltigen Bodens den Namen „Rotenberg“ trug, weiterhin eine Verkehrsbehinderung. Von den Häusern am oberen Rotenberg (Tebaten, Waisenhaus) verlief für die Fußgänger ein kleiner Weg durch die Etterstenwiesen hinab zum Bach, wo ein Steg über denselben auf den Weg nach Stockem führte. Fuhrwerke mussten einen ähnlich verlaufenden Karrenweg nehmen, der durch den Bach führte.
Schon gleich nach seiner Wahl zum Eupener Bürgermeister (1850) veranlasste Peter Becker, auf die Etterstenwiese die städtische Schutterde anfahren zu lassen, um einen Damm für die spätere Straße aufzuschütten. Tausende und Abertausende Karren Erdaushub sind in der Folgezeit aufgeschüttet worden, bis der Höhenausgleich erreicht war. Als dann 1874 der Straßenbau begann, war nur noch das Straßenbett zu legen und eine feste Brücke über den Bach zu bauen.
Um ins Oetal mit seinen zahlreichen Fabriken zu gelangen, gab es bis Mitte des 19. Jahrhunderts nur kleine, meist von den Fabrikanten selbst angelegte Wege von Tebaten über die Teichgasse (Oeberg) oder über die private „Hüffergasse“ entlang des Waisenbüschchens hinab. Vom mittleren Olengraben führte zwar noch das sogenannte „Feygässchen“ in das Oetal, doch war die Benutzung desselben für ein Fuhrwerk schon ein riskantes Unterfangen. Von der Haas her konnte man zwar durch die sogenannte „Jauchegatz“ ebenfalls in die Oe gelangen, doch dieses war für den Fuhrverkehr ziemlich schmal. Erst durch den Bau der Landstraße nach Dolhain änderte sich dieser Zustand.
Bereits 1834 reifte der Beschluss, Eupen mit Monschau durch eine Fernstraße zu verbinden. Diese Planung kam aber erst 1844 zur Ausführung. Nach zweijähriger Bauzeit wurde die neue Straße am 10. Mai 1846 dem Verkehr übergeben.
Sie wurde als Staatsstraße erbaut und brachte gleichzeitig große Veränderungen im Eupener innerstädtischen Verkehr. Im Rahmen dieses Straßenbaus entstand die Eupener Neustraße , die den bisherigen Fuhrverkehr über die steile Bergstraße erheblich erleichterte. Der Olengraben, der wie sein Name besagt „ein Hohlgraben“ war, wurde zur Straße ausgebaut.
Im Jahr 1849 wurde die obere Bergstraße zur besseren Höhenüberwindung tiefer gelegt. Die sich heute noch dort befindenden Stützmauern erinnern daran.
98. Hausweber im Bergviertel
Begonnen hatte die Eupener Tuchmanufaktur mit der Zuwanderung flämischer Weber im 14. Jahrhundert. Im 19. Jahrhundert bestand der Hauptgewerbebetrieb in Eupen noch in der Tuchfabrikation. Ende 1852 gab es in Eupen 22 Wollspinnereien mit 781 Arbeiter, sowie 21 Tuchfabriken mit 2891 Arbeitern. Daneben blühte die Hausweberei, in der man 1060 Webstühle zählte.
Um 1880 gab es in unserer Stadt noch fast 900 Hauswebstühle. Diese wurden in den gewerblichen Anlagen der Oberbürgermeisterei Eupen erfasst, mit den Namen der Hausweber und, straßenweise geordnet, die Anzahl ihrer Webstühle. Sie waren die letzten Eupener Hausweber, denn die Umstellung von der Handweberei zum Maschenbetrieb war 1890 so gut wie vollendet. Ob in seinem jetzigen Wohnhaus noch vor 125 Jahren ein oder mehrere Webstühle standen oder seine Vorfahren noch „op gen hölte Katto“ gesessen haben, dürfte manch einen interessieren. Auch gibt die Auflistung hier unten einen Aufschluss darüber, wie die Straßen(namen) des Viertels entstanden und wie viele Häuser Ende des 19. Jh. im Bergviertel standen.
Bis um die Jahrhundertwende waren die Eupener Tuchmacher Heimarbeiter gewesen; sie arbeiteten eigenständig und handwerklich, erhielten für ihre hergestellte Ware einen Stückpreis, und die Handwebstühle waren ihr persönliches Eigentum. Der Übergang vom häuslichen zum industriellen Weben in der Fabrik vollzog sich in Eupen verhältnismäßig langsam. Nach einer Statistik aus dem Jahre 1880 standen im Regierungsbezirk Aachen 9685 mechanischen Fabrikwebstühlen nur noch 1934 Hand- und Hauswebstühle gegenüber, der größte Teil davon im Kreis Eupen. Doch aufzuhalten war der technische Fortschritt nicht, denn die neuesten Fabrikwebstühle arbeiteten schon 1880 fünfzehnmal schneller als der Hand- und Hauswebstuhl.
Die letzten Eupener Hausweber im Bergviertel (die Zahl vor dem Namen bezeichnet die Hausnummer im Jahre 1880; die Zahl hinter dem Namen die Anzahl seiner Webstühle) :
Die Bergstraße
Am Straßenverlauf der Bergstraße änderte sich in den vergangenen 125 Jahren nichts: sie begann 1880 im Anschluss an die Kirchstraße beim Eckhaus Goor (jetzt abgebrochen) und endete an der Bergkapellstraße beim Haus Michel. Die linke Straßenseite begann beim Eckhaus Klötzerbahn und endete beim Eckhaus Judenstraße. 128 Häuser standen 1880 zu beiden Seiten der Altstadtstraße, 68 an der rechten und 60 an der linken Seite. 20 Hausweber wohnten in 13 der Häuser und 45 Kattos standen insgesamt in diesen Häusern an der Bergstraße:
41 Kriescher Jacob 1 / Raumanns Mathias 2 / Nahl Mathias 3 / 73 Schwartzenberg Nicolaus Witwe 1 / Geschwister Weynandts 2 / Haut Gustav 2 / 64 Toussaint Leonhard 1 / 95 Brüll Leonhard Witwe 3 / 70 Lüchem Leonhard 4 / Vanderath Egidius 3 / Breuer Joh. Michael 1 / 72 Breuer Arnold Witwe 3 / 74 Degueldre Joseph 2 / Brüll Hermann Witwe 3 / 76 Kelleter Math. 1 / 101 Reul Wihl. 3 / 103 Pesch Joseph 2 / 94 Mommer Robert 2 / Fett Adolph 2 / Rousch Heinrich 2 / 98 Vandersander Johann Peter 2.
Die Judenstraße
47 Häuser zählte die Judenstraße von 1880, in 11 Häusern befanden sich insgesamt 31 Hauswebstühle:
4 Schmitz Heinrich 4 / Jerusalem Egidius 2 / 20 Voss Peter 6 / 28 Reinartz Franz 1 / 30 Hausmann Peter 2 / 57 Schmitz Leonhard Michael 2 / 47 Bossen Aug. 1 / 39 Creutzer Jos. 1 / 37 Scholl Franz 1 / Wittekind Joseph 3 / Delhaes Martin 5 / 53 Schwitzer Johann 1 / 31 Baltus Peter 2.
Bergkapellstraße
Dem Namen nach war die Straße 1880 kaum 7 Jahre alt; bis 1873 hatte das Altstadtviertel die Bezeichnung „in Tebaten“ getragen. 43 Häuser säumten die beiden Straßenseiten (einschließlich St. Johannes Kapelle). In 8 Häusern standen ein oder mehrere Hauswebstühle:
58 Hohn Peter 2 / 52 Schloßmacher Lambert 2 / Schmitz Leonhard 2 / Krickel Nicolaus 2 / Jansen Hubert 1 / 32 Heeren Mathias 2 / Müller Joseph 1 / 30 Mostert Johann 1 / 26 Brüll Joh. Peter 2 / Carls Joseph 1 / 28 Bodem Heinrich 3 / 16 Drouven Hermann 1 / 6 Ortmann Wilhelm 2.
Die Edelstraße
Auch diese Straße trug ihren neuen Namen erst seit 7 Jahren; bis dahin hieß es in alten Grundbüchern schon seit dem 16. Jahrhundert immer nur „Ässel, in den Esel“ für den alten Eupener Ortsteil und den Verbindungsweg von der Judenstraße zur Haasstraße. 6 Häuser standen 1880 an der rechten und 12 Häuser an der linken Straßenseite. Die Häuser an der rechten Seite waren von 1 bis 11 und an der linken Seite von 2 bis 18 und von 24 bis 30 numeriert. Wir treffen in 7 Häusern der Edelstraße insgesamt 14 Hauswebstühle an:
24 Dohm Peter Joseph 2 / 16 Wertz Hubert 2 / 8 Schmitz Ernst 3 / 6 Michel Nicolaus 2 / 4 Schmitz Hubert 2 / 1 Klerx Thomas 1 / 11 Merlotte Heinrich 1 / Jäger Leonhard 1.
Haasberg
22 Häuser standen 1880 im Haasberg und in 5 Häusern befanden sich Hauswebstühle:
6 Pelzer Simon 2 / Bohn Heinrich 2 / 4 Dahlen Nic. 1 / Jansen Frant 2 / Klever Nicolaus 1 / 3 Klerx Thomas 1 / 1 Bodem Peter 1 / Plumanns Leonhard 1.
Rotenberg
Eine durchgehende Straße wurde der kleine Weg von Stockem über den Bach und das Etterstental hinauf zum „roten Berg“, auf dem seit dem 18. Jahrhundert das Waisenhaus thronte, erst im Jahre 1875. Oberbürgermeister Peter Becker hatte durch Erdanfüllung von 1870-1875 die neue Straße schaffen lassen. Die einzige alte Besiedlung des Rotenberg bestand daher 1880 nur aus den Häusern am oberen „roten Berg“. Es waren allerdings von Stockem her gesehen, damals an der rechten Seite 17 Häuser, wovon das Waisenhaus die Hausnummern 7-9 und ein Spritzenhaus der Feuerwehr die Hausnummer 5 trugen. An der linken Straßenseite standen 20 Häuser, so dass die „Rothenbergstraße“ von 1880 insgesamt 37 Häuser zählte. In fünf dieser Häuser finden wir zusammen 11 Hauswebstühle vor:
29 Mostert Nicolaus Joseph 3 / 22 Janssen Egidius 1 / 16 Dürnholz Jacob 2 / 8 Neumann Heinrich 3 / 5 Krott Thomas Witwe 2.
Der Olengraben
17 Häuser an der rechten Straßenseite (vom Rotenberg her) und 5 Häuser an der linken Straßenseite weist der Olengraben von 1880 auf. Fünf Hausweber besitzen hier in vier Häusern zusammen 10 Hauswebstühle:
5 Kreuer Peter Nicolaus 3 / Weinberg Franz Hubert 2 / 9 Brüll Anton 2 / 11 Merlotte Lambert 2 / 19 Mattar Gerhard 1.
Die Neustraße
Schon 61 Häuser zählt 1880 die erst am 10. Mai 1846 feierlich dem Verkehr übergebene „neue“ Eupener Straße zu ihren beiden Straßenseiten. Es waren moderne und für die damaligen Begriffe prächtige Häuser, die in der zweiten Hälfte des vorigen Jahrhunderts dort entstanden. Kaufleute, Ärzte und Fabrikanten bewohnten sie. Für einen armen Hausweber und sein Weberstübchen war hier nicht der geeignete Ort. Wir treffen daher die Eupener Hausweber in dieser Straße nur im oberen Teil der Straße, der schon früher besiedelt war, an. Es sind dies die Häuser Baltus an der linken Straßenseite (mit Toreinfahrt und Hinterbauten) und das Haus oberhalb der „evangelischen Schule“ (später franz. Schule). Nur in vier Häusern der Neustraße ratterten ein oder mehrere Webstühle:
86 Merlotte Johann 2 / 66 Hermanns Lorenz 3 / Decker Peter 1 / 64 Roderburg Heinrich Hubert 4 / Klerx Wilhelm 2 / 58 Gielen Carl 1.
Am Berg
Die seitlich der Bergstraße gelegene Straße „Am Berg“, im Volksmund „bate gen berrech“ genannt, wies im Jahre 1880 einen Bestand von 37 Häusern auf. 7 Hausweber wohnten dort und besaßen insgesamt 11 Webstühle:
44 Jansen Johann Hubert 1 / Allemand Egidius 1 / 52 Laps Johann Joseph 1 / 32 Assent Nicolaus 2 / 26 Honds Nicolaus 1 / 24 Vanerk Math. Jos. 1 / 18 Jost Mathias Joseph 4.
99. Eupener Tabakfabriken
Arnold Carl Martin Bong wurde am 18. März 1897 in Eupen geboren. Nach dem ersten Weltkrieg gründete er in der Neustraße bzw. auf dem Rotenberg in Eupen eine Tabakverarbeitungsfirma. Am 13. November 1924 heiratete er Regina Teller. Am 18. Januar 1926 verunglückte er tödlich auf einer Verkaufsfahrt in Born bei St. Vith. Seine Gattin brachte am 14. März 1926 Sohn Arnold zur Welt. Die Wwe. Regina Bong-Teller übernahm die Leitung der Tabakfirma bis ihr Sohn 1945 aus dem Krieg zurückkam. Arnold Bong starb am 11. Dezember 1971 im Alter von 46 Jahren an den Folgen einer Kriegsverletzung. Seine Gattin Doris Beck übernahm nun für einige Zeit die Leitung der Firma, stellte jedoch Ende 1972 die Fabrikation von Tabakwaren ein.
Das Schnupfen von Tabak verbreitete sich seit 1636 durch einen spanischen Geistlichen in Rom und erreichte bald unsere Gebiete. Hiesige Tabakfabrikanten kauften von den Großhändlern verschiedene Tabaksorten ein, die sie dann nach Bedarf und Geschmack der Kunden mischten.
1860 entstand in Eupen der erste Betrieb, der sich mit der Verarbeitung von Tabakblättern beschäftigte. Die Arbeit an den Tischen ging nicht lautlos vor sich, im Gegenteil, gemeinsam wurden saisonbedingt lustige oder traurige Lieder gesungen. Die Fertigung der Zigarre unterliegt einem bestimmten Tabakgeschmack, der durch das Mischen verschiedener Tabaksorten nach einem geheimen Rezept sowie mit Beizvorgängen erreicht wird. Die zur Herstellung einer Zigarre verwendeten Tabakblätter werden angefeuchtet, dann entrippt und zerschnitten oder zerrissen. Mitarbeiterinnen, die in der Tabakfabrik Bong auf langen Holzbänken saßen, formten mit geschickten Händen aus Blattstücken der gemischten Tabaksorten den „Wickel“ in Zigarrenform. Diesen „Wickel“ umhüllten sie mit einem besonderen Blattstück, dem Umblatt, und umrollten das Ganze mit dem vorher zurechtgeschnittenen Deckblatt. Die von Hand gefertigte vorgearbeitete Zigarre wurde dann in speziell angefertigte Formbretter gepresst und 10 bis 14 Tage darin aufbewahrt.
In den Adressbüchern der Stadt Eupen werden im 20. Jahrhundert folgende Tabakfabrikanten erwähnt:
1902 : Koch-Becker, Borngasse 31 und Leonard Mattar, Bergstraße 86
1906 : Koch-Becker, Borngasse 31; Leonard Mattar, Bergstraße 86; Mayer u. Schauf, Neustraße 28
1913 : Bohr & Cie, Neustraße 18; Koch-Becker, Borngasse 31; Wwe. Albert Meyer, Neustraße 48; Roderburg H. & Co, Neustraße 51
1926-1927 : Wwe. Arnold Bong, Neustraße 51; W. Altmeyer, Neustraße 57; De Mulder Oskar, Kaperberg 1; Lenz Josef, Klosterstraße 1; Roderburg H. & Cie, Aachener Straße 7; Rossi Curzio, Kaperberg 41; Van Zuylen Frères, Borngasse 31
100. Grenzen des Bergviertels
Unsere Vorfahren gaben schon in frühester Zeit der Erhebung , die den ursprünglichen Ortskern (die Oberstadt) vom Ortsgebiet „unter der Haas“ (die Unterstadt) trennte die einfache Bezeichnung „der BERG“. Sie benannten die Ortslage an seinem Fuße „a gene Berrech“ (Am Berg), den höher gelegenen Teil „op gene Berrech“ (auf dem Berg). Aus ihrer Sicht lag demnach das Ortsviertel der unteren Bergkapellstraße und des oberen Rotenbergs „Hinter dem Berg“. Sie brachten das mit der Benennung „Baate gene Berrech, d‘r Baate, Thebaaten, Batenberch“ zum Ausdruck. Zahlreiche Straßennamen spiegeln diese Sicht des „Berges“ wieder: Bergstraße, Am Berg, Rotenberg, Oeberg, Ħaasberg, Schorberg, Kaperberg.
Die Besiedlung der Unterstadt begann erst im 17. Jahrhundert, als infolge des Emporblühens der Tuchindustrie an die Ausnützung von Weser und Hill herangetragen werden musste. Damit entstand die Verbindungsstraße dorthin, die Bergstraße mit dem Bergkapellplatz. Die Bergstraße war der alte Verbindungsweg zwischen den beiden Vierteln. Diese Vierteleinteilung ist älter als die Pfarraufteilung, denn eine unterstädter St. Josefspfarre gibt es erst seit 1872. Die Einteilung in Lathöfe, als Eupen vom Herzog von Limburg abhing, ist bis heute spürbar. Der Stadtbezirk Eupen war in drei Lathöfe (St. Marien, Frambach und Stockem-Eupen) eingeteilt. Am Ort „a gen Loote“, dem alten Bauernhof mitten in der Bergstraße, stießen die drei Lathöfe zusammen. Der obere westliche Teil der Bergstraße bis „a gen Loote“ gehörte zum Lathof St. Marien (der große Teile der heutigen Unterstadt umfasste), der obere östliche Teil der Bergstraße gehörte zum Frambacher Lathof, der sich von Judenstraße und Kehrweg über Kaperberg, Voulfeld und Nispert bis hin zum Wirth, Heidberg und Heggen und der gesamte untere Teil „a gene Berrech“ (Am Berg) gehörte zu beiden Seiten zum Stockem-Eupener Lathof. Aus den im Archiv der Stadt befindlichen Schriftstücken hat man Namen und ungefähren Umfang der drei Lathöfe festgestellt.
Der Lathof St. Marien umfaßte, die meisten heutigen Häuser weggedacht, als Nachbar der Herrlichkeit Vreuschemen, etwa: Membach, die Wiesen zwischen Membach und Eupen bis zum Stendrich, Oe, Rotenberg, Thebaten, Haas, Düvelscheid, Schilsweg, Hütte, Esel, Haasberg, den westlichen Teil der Bergstraße bis „a gen Loote“.
Der Frambacher Lathof umfasste im ganzen: Heggen, Gospertstraße, Hook, Wirth, Heidberg, Oberste Heide, Nispert, Kaperberg, Voulfeld, Kehrweg, Judenstraße, östliche Seite der Bergstraße.
Der Stockem-Eupener Lathof umfasste etwa: Overoth, Stockem, Stendrich, Laschet, Lommerich, Gemehret, Nöreth, Hufengasse, Paveestraße, Hostert, Kirchstraße, Marktplatz, Klötzerbahn, Bergstraße mit den östlich gelegenen Gassen, die Ibern und Heukebend.
Diese Dreiteilung zeigt sich später noch daran, dass bis 1795 Eupen in drei Quartiere (Kirchstraße, Gospert mit Wirth, Haas mit Berg) und die Bürgerwehr in drei Kompanien eingeteilt war, dass man seit der Franzosenzeit bis 1873 noch drei Stadtteile (die Sektionen A, B und C) unterschied.
Das Quartier Berg und Haas
Die Grenzen der alten Lat- oder Lehenshöfe trafen sich am Gut Looten. Das Quartier Oberstadt-Kirchstraße dürfte aus dem Stockem-Eupener Lathof, das Quartier Oberstadt-Gospert aus dem Frambacher Lathof entstanden sein. Anders ist es mit dem Quartier Berg und Haas. Der dritte Eupener Lathof, St. Marien, war nur zu einem kleinen Teil auf dem Gebiet Eupens gelegen. Er umfaßte einen großen Teil des Grundbesitzes in der Gemeinde Membach und reichte in einer auslaufenden Spitze bis an das Eupener Bergviertel heran. Zu ihm gehörten, die Bergstraße hinaufgehend, die Häuser auf der rechten Seite, vom Gut Looten angefangen bis zur Bergkapelle, dann weiter auf der rechten Seite die Bergkapellstraße abwärts bis zum Rotenberg. Die linke Seite der Bergstraße ab Iberngasse und das ganze übrige Bergviertel gehörten nicht zu einem Lathof, sondern zum Gebiet des Hertogenwaldes, der in frühesten Zeiten wohl bis hierher gereicht hat. Der Hertogenwald war seit Bestehen des Herzogtums Limburg herzoglicher Besitz und nicht als Lehen vergeben. So kam es, dass die Ansiedler in diesem Gebiet ihre Siedlungserlaubnis direkt vom Herzog erhielten und auch nur ihm gegenüber abgabepflichtig waren.
Der Stadtbach, der seit 2017 vor dem Haus Bergstraße 19 wieder sichtbar geworden ist, bildete einst die Grenze zwischen den Sektionen A (Kerckstraet) und B (Bergviertel). Das wurde erst 1873 geändert, als die Stadtverwaltung beschloss, die Straßen der Stadt genau zu begrenzen, mit Namensschildern zu versehen und die Nummerierung der Häuser straßenweise durchzuführen. Bis dahin waren die Häuser fortlaufend von 1 bis 1178 nummeriert. Die Häuser zwischen der heutigen Kirchstraße Nummer 39 und Bergstraße 19 waren zu jener Zeit unter der Bezeichnung „Klötzerbahn, aen de Bröck, naer den Berg“ mit den Nummern 99 bis 102 versehen.
Ende des 17. Jh. zählt das Kataster zur Haas die Häuser im Esel, Haasberg, Hoher Haasberg und Olengraben. Zur Zeit der Planung der Bergkapelle hatten sich die Einwohner von Haas und Berg zusammengeschlossen, um die Beteiligung an der Wahl der Neunmänner zu fordern und die Vergrößerung der Bergkapelle sowie die Anstellung eines Priesters zu veranlassen. Mit der Errichtung der Haaspfarre 1872 wird (unnatürlicherweise) auch ein Teil des Bergviertels mit eingeschlossen (Bergkapelle).
In einem Geographie- und Geschichtsbuch von 1804 wird Eupen wie folgt beschrieben: „Eupen (Neau) eine Stadt, wovon der eine, und zwar der größere Theil, an einem Bache, welcher von Kettenis herabfließt, liegt, der andere aber, die Haase genannt, von der Weeze bespült wird, und durch Häuser, welche um den Berg herumliegen, sich an den anderen Theil anschließet.
Fazit
Aus den vorangegangenen Beschreibungen lässt sich ableiten, dass aus Sicht der Oberstadt das Bergviertel am Fuße des Berges begann und von dort aus bis ‚hinter den Berg‘ führte, und zwar über die damals einzige Straße, die Bergstraße. Auf der Anhöhe gab es schon früh einen Platz rund um die Bergkapelle, von dem aus eine Reihe von Wegen abzweigten; die heutige Bergkapellstraße, der Haasberg und die Judenstraße. Von Stockem her kommend bildete der Fuß des Rotenbergs am Stadtbach den Beginn des Berges, der zunächst nur auf der Anhöhe bebaut war. Von der Unterstadt aus betrachtet begann das Bergviertel ebenfalls am Fuß von Haasberg und Edelstraße, von denen aus der Schorberg und der Olengraben abzweigten. Die Wiesenlandschaft zu beiden Seiten der Bergstraße wurde erst im 19. Jahrhundert (Neustraße) bzw. 20. Jahrhundert (Ibern) für die Bebauung erschlossen, und bilden „Grenzfälle“ im Bergviertel.
101. Das Bergviertel im Krieg
In den kommenden Tagen gedenkt Europa des Endes des 1. Weltkriegs vor 100 Jahren. Wie sah es während dieses Krieges im Bergviertel aus? Hier einige Berichte und Fotos aus dieser Zeit...
1. Weltkrieg
1909 hatte man auf der Judenstraße aus kräftigen Holzbalken einen Aussichtsturm errichtet. In den Kriegsjahren 1914/18 war er für die Zivilbevölkerung gesperrt, da er militärischen Zwecken nutzbar gemacht und als Ausguckposten bezogen wurde. Vereinzelt war jedoch von hier aus ein Blick in „Feindesland“ vergönnt. In einer Notiz heißt es: „Gegen Abend machte ich mit zwei Freunden einen Spaziergang. Wir kamen zum Aussichtsturm auf der Judenstraße, den wir bestiegen. Und sahen wir von dort oben aus in Richtung auf Lüttich ganz deutlich in der Abenddämmerung das Aufblitzen der Kanonenschüsse. Etwa fünf Sekunden nach dem Blitz vernahm man einen dumpfen Knall. Es war das Bombardement der äußeren Forts von Lüttich“.
Rotes Kreuz im Einsatz
Nach dem deutschen Überfall auf Belgien war Eupen für kurze Zeit Frontstadt. Die Eupener Kirchen wurden kurzfristig zu Gefangenenlagern. Der Abtransport der Gefangenen bot den Bürgern der Stadt ein nie gesehenes Schauspiel. Ein Augenzeuge berichtet: „Es waren Soldaten verschiedener Waffengattungen. Vor dem Rathaus wurde haltgemacht, und die zahlreichen Gefangenen wurden in verschiedene Gruppen eingeteilt und für die Nacht in den Kirchen der Stadt untergebracht. Hier blieben sie bis zum anderen Morgen, um dann in das Landesinnere weiter geschafft zu werden. Mir gelang es, Zutritt in die Bergkapelle zu erhalten. Gar traurig sah das Bild aus. Die armen müden Gefangenen hockten in den Bänken. Mitleidige Anwohner der Bergkapelle brachten ihnen Brot und Kaffee. Sie hatten nur einen Wunsch, nämlich zu schlafen. Die Gefangenen schliefen sitzend in den Holzbänken; ihre Wächter dagegen ruhten ausgestreckt auf dem Steinboden zwischen ihnen. Außer in der Bergkapelle waren die Gefangenen – im ganzen waren es rund 4.000 – in den beiden Pfarrkirchen, in der Klosterkirche, in der evangelischen Kirche, in der Werthkapelle und auf dem Heidberg untergebracht. Anderntags begann der Abtransport mit der Bahn. Die Kapuzinerkirche wurde als letzte geräumt…“
Kriegsküche in der Borngasse
Die Kriegsküche in der Borngasse versorgte dreimal in der Woche die Familien der Soldaten mit einem kräftigen, schmackhaften Mittagessen. Einige Arbeiterinnen und 13 Schulkinder an der Zahl, die sich mit Kartoffelschälen nützlich gemacht hatten, wurden im ersten Kriegsjahr durch das Christkind beschenkt.
106. Wolfsloch
Im Eupener Raum gab es mehrere Fluren mit der Bezeichnung „Wolfsloch“ oder „Wolfskull“. Wir fanden in den alten Niederschriften:
a) Die Flur Wolfsloch beim Waisenbüschchen (1645 „wolffsloch naer den grooten driesch“ - 1782 „int wolffsloch geleghen an den weysenbosch und die groote gatze“ jetziger Limburger Weg).
b) Die Flur Wolfskull im Wiesenland zwischen Frankendelle und Esel (Edelstraße) – (1645 „wolffskoull naer het schorrebergh“ - 1701 „auff die wolffskoul nach dem moessell“). Die örtliche Bezeichnung „Im Mossell“ für das Haus und das Gelände seitlich der Edelstraße gilt auch heute noch in der Volkssprache. Sie nennt ebenfalls den kleinen Weg, der von dort zum Schorberg führt, „Mossellsgätzke“. Wir vermuten, dass die Bezeichnung „Im Moessell“ infolge Sprach- und Schriftabschleifung aus „Im Esel“ (Ässell) entstanden ist. 1782 „in die Treut nach die wolffskoull“. Die Flurbezeichnung „Treut, in die Treut“ galt den Wiesen gegenüber dem heutigen Städtischen Stadion.
c) Die Flur Wolfskull beim Wiesenland Ibern-Stockborn (1645 „wolffskoull aen de stockborn“ - 1782 „auff die wolffskoull naer de Eyborn“).
Die beiden gleichbedeutenden Flurnamen „Wolfsloch“ und „Wolfskull“ beziehen sich auf Fanggruben oder sonstige Fangvorrichtungen für Wölfe in dem betreffenden Gelände; wie überhaupt der Wortbestandteil „Wolf“ in Orts- und Flurnamen auf das Vorhandensein, sowie das Jagen von Wölfen in früheren Zeiten hinweist.
Es ist erwiesen, dass es in früherer Zeit Wölfe in den Wäldern um Eupen gegeben hat. In einem Bericht über die Herrlichkeit Eupen aus dem Jahre 1704 heißt es, „dass zuweilen der Wolf kommt und das Vieh der armen Leute beim Weiden im Hertogenwald anfällt“. Die jährlichen Wildabschusslisten des Forstmeisters Peter Felden (1741-1779) an die Rechnungskammer in Brüssel vermelden fast immer den Abschuss eines oder mehrerer Wölfe im Hertogenwald. In der Zeit von 1817 bis 1860 wurden nachweislich noch insgesamt 41 Wölfe in den Wäldern des Kreises Eupen erlegt. Zwar beziehen sich alle diese Berichte nur auf die Wälder, doch es ist ebenso bewiesen wie bekannt, dass hungrige Wölfe besonders zur Winterszeit auch die ortsnahen Wiesen und Felder aufsuchten. Berücksichtigt man nun, dass in früherer Zeit der Wald näher an den Ort Eupen heranreichte, so liegen die vorgenannten „Wolfslochfluren“ in unmittelbarer Waldnähe.
107. Das Bergviertel im Krieg - 2. Weltkrieg
Aus den Tagebuchaufzeichnungen von Anna Schmitz, Lehrerin an der Gemeindeschule von Kettenis und wohnhaft auf der Neustraße 34.
Kriegsbeginn
Freitag, 10. Mai 1940
Ich werde um 4.45 Uhr wach. Starkes Motorengeräusch von Fliegern, die doch eigentlich hier nichts zu suchen haben. Das anhaltend stark Geräusch macht mich so unruhig, dass ich nach einiger Zeit aufstehe. Flieger sind nicht mehr zu sehen, wohl aber die von ihnen herrührenden weißen Rauchfahnen. Es müssen viele Flieger gewesen sein. Meine Schwester Therese hat zehn Flieger gezählt. Jetzt sehen wir noch 22 nach Osten fliegen.
Die ganze Stadt ist ohne Licht, da wir bisher den Strom aus Bressoux bekommen. Man kann infolgedessen kein Radio hören. Alle Leute kaufen Kerzen. Man konnte nicht telefonieren. Die Kleinbahn fährt nicht, Post wird nicht befördert.
Samstag, 11. Mai
Ich schlafe bis gegen zwei Uhr. Dann wache ich auf durch andauernd starken Geschützdonner. Bei jedem Schuss blitzt es auf. Man hört deutlich Abschuss und Einschlag. Ich bin sehr aufgeregt und beunruhigt und zittere am ganzen Körper. An Schlafen ist nicht mehr zu denken.
In großer Sorge sind alle Eupener um die im belgischen Heer stehenden Eupener Jungen. Jede Verbindung mit ihnen ist natürlich unterbrochen.
Pfingstsonntag, 12. Mai
Die Nacht war noch schlimmer als die vorige. Ohne Unterbrechung erfolgen Schüsse. Man meint, die Einschläge seien sehr nahe. Die Fenster klirren, und das Haus bebt. Wir sind immer noch ohne Strom. Aus Herbesthal und Welkenraedt kommen Flüchtlinge nach Eupen.
Freitag, 17. Mai
Auf der Straße ziehen Truppen durch. Es müssen viele sein. Mittags kommen zwei Offiziere Quartier machen. In meinem Zimmer sollen zwei Mann schlafen. Im Keller alles zurechtmachen für Fliegeralarm.
Samstag, 18. Mai
Da unsere Einquartierung Telefondienst hat im Kolpinghaus, muss das Essen für 11.30 Uhr fertig sein. Ununterbrochen fahren Autos durch, alle zur Luftwaffe gehörig. Fallschirmabspringen, Flakgeschütze, riesige Lastautos mit Benzin, Traktoren mit zwei Anhängern.
Sonntag, 19. Mai
Es ziehen Truppen durch. Wir schenken Bier und Kaffee aus. Mittagsrast auf der Straße. Essensausgaben, Futterausgaben. Es ist sehr heiß. Die Soldaten sitzen auf den Treppenstufen der Häuser. Alle Anwohner sorgen für sie. Abends hören wir durch das Radio, dass unsere Kreise an das Großdeutsche Reich angeschlossen sind.
Mittwoch, 22. Mai
Fliegergeräusch und Flakbeschuss in der Nacht. Weiterer Truppendurchmarsch. Nachmittags Großkundgebung auf dem Sportfeld.
Samstag, 25. Mai
Es ziehen noch vereinzelt Truppen durch. Hier und da hört man von zurückgekehrten Eupener Soldaten. Wir müssen den Luftschutzkeller einrichten. Im Kapitol sind Luftschutzvorträge.
Samstag, 8. Juni
Unser Geld wird 10:1 umgerechnet. Wir werden alle arm. Nirgendwo bekommt man Kaffee oder Seife. Alle Geschäfte sind leergekauft. Wenn es irgendwo Gemüse gibt, stehen die Leute Schlange. Alles ist sehr teuer.
Einzug der Alliierten
Freitag, 1. September 1944
Viermal Voralarm im Lauf des Vormittags. Den ganzen Nachmittag Detonationen, näher und weiter.
Sonntag, 3. September
Flüchtlinge aus Belgien kommen durch. Die Straße voller Militärwagen. In der Lehrerbildungsanstalt im Kloster Garnstock Lazarett, auch im Genesungsheim (Sanatorium).
Montag, 11. September
Nacht sehr unruhig, von 10.30 bis 3 Uhr dauernd stärkere und schwächere Detonationen. Um 5.30 Uhr die ganze Straße voller deutscher Militärwagen. Um 12 Uhr rufen sich die Leute zu, dass die Amerikaner oben um die Ecke kommen. Von der Moorenhöhe waren die US-Soldaten noch von einem Heckenschützen beschossen worden. Ein Rennen auf der Straße, viele stehen in den Haustüren. Ein deutscher Panzer kommt um oben um die Ecke und fährt die Straße hinunter. Dann kommt er wieder herauf und nimmt am Rotenberg Aufstellung. Die Soldaten steigen aus. Aus ihren Zurufen habe ich gehört, dass sie auf die Spitze der Amerikaner warten. Dann fährt der Wagen bis an die untere Ecke. Es fahren Panzer die Straße hinunter. Wir sehen vom Fenster aus den Einzug an. Plötzlich brennt es auch auf dem Markt. Der letzte deutsche Panzer hat von dort auf den ersten amerikanischen geschossen, als er auf den Bach einbog.
Um 18 Uhr höre ich, dass in Eynatten Widerstand geleistet wird. Um 19 Uhr Einschläge in nächster Nähe. Wir laufen zum Keller, da erfolgt ein Einschlag in unserer Straße, vor der Tür der Sparkasse. Gegenüber liegen drei Menschen auf dem Trottoir: Vater, Tochter, Sohn. Der Junge ist tot, der Vater am Kopf verletzt, auch die Tochter verletzt. Frankens Haus hat Beschädigungen an der Mauer. Auch die Nachbarhäuser: Laschet, Kirfel, Fuß, Krankenkasse (Allgemeine Ortskrankenkasse, Neustraße 38), Holler (Der aus Krefeld gebürtige Kunstmaler Alfred Holler, Neustraße 44), Philipps. Die Getroffenen sind bei Franken.
Mittwoch, 13. September
Unsere Straße heißt wieder Neustraße (Nach der Eingliederung Eupens in das Deutsche Reich waren die Neustraße und die untere Bergstraße 1940 in Adolf-Hitler-Straße umbenannt worden. Noch kein Strom. Noch ohne Fensterscheiben, kein Gas.
Ardennenoffensive
Freitag, 6. Oktober
Schießen während der ganzen Nacht. Nach Mittag kommen etwa 50 Panzer, leichtere und schwere, die Neustraße herauf. Zu gleicher Zeit ununterbrochen Flieger in der Luft. Radio England meldet Panzerschlacht bei Monschau. Dauernd Detonationen.
Samstag, 16. Dezember
Einschläge obere Neustraße hinter Baltus. Dann im Werth, Rotenberg gegenüber Waisenhaus, Kammgarnwerk, Metzger Köttgen, Kirchplatz Unterstadt.
Sonntag, 17. Dezember
Ruhige Nacht bis 3.15 Uhr. Dann schwache Detonationen. Plötzlich hellrotes Licht. Am Himmel über Bergkapellstraße Leuchtzeichen, rote und weiße. Immer neue. Tiefflieger und Maschinengewehrgeknatter. Gegen 5.30 Uhr ruhig. Ich schlafe bis 8.30 Uhr. Um 9.15 Uhr zum Hochamt. Werde an Ecke Neustraße von belgischen Gendarmen angehalten und zurück geschickt. Alles von der Straße. Lautsprecher: Niemand darf Eupen verlassen und niemand in die Stadt hinein. In der Nacht sind deutsche Fallschirmjäger abgesprungen.
Montag, 18. Dezember
Um 0.30 Uhr nachts Maschinengewehrgeknatter, Bordwaffen, Flak, Tiefflieger, Leuchtkugeln am Himmel, furchtbares Getöse, Splitterregen aufs Dach. Zum ersten Mal seit September Sirene. In den Keller. Furchtbare Krache, Fensterklirren. Einmal meint man, das Haus stürze ein.
Leichtere Fensterschäden in Neustraße und Bergstraße. Es sieht sehr nach Krieg aus. Leute fürchten Evakuierung.
Dienstag, 19. Dezember
Die ganze Nacht hindurch hat eine Artilleriebatterie geschossen, dass das Haus bebte und die Fenster klirrten. Sie steht etwa ein Kilometer von hier auf dem Drüggenborn (Gutshof im oberen Binstert).
Donnerstag, 21. Dezember
In der Nacht erfolgten Einschläge im Stockbergerweg, Kaperberg, Stendrich, Spitalwiese. Abschüssen sollen von deutschen Panzern kommen.
Sonntag, 24. Dezember
Heiliger Abend. Um 15.45 Uhr Adventsfeier und Christmette. Zwischendurch, gerade bei Predigt, heftiges Flakschießen. Fast alle Leute in der Kirche, auch Männer, weinen. Am Heiligabend 1944 wurde
das Bergviertel von amerikanischen Kampfeinheiten durchquert. So sah man eine unendlich lange Panzerkolonne von der Judenstraße herkommen, um In den Olengraben einzubiegen. Von allen Seiten, von
der Neustraße. Vom Rotenberg und vom Olengraben her kamen Lastwaqenkolonnen, und es schien zu einem unentwirrbaren Knäuel zu kommen. Doch sofort stellten die die Einheiten begleitenden M.P. sich
auf, es waren Ihrer 8, lenkten die Kolonnen, die von der Judenstraße her zur Front wollten und anscheinend das Vorfahrrecht hatten, um die frühere Pferdetränke zum Oiengraben. Im Augenblick war
alles in bester Ordnung.
Einige Zeit später warf ein deutscher Flieger eine Bombe mitten im Kreuzungspunkt Judenstraße-Bergkapellstraße-Haasberg, und eine weitere hart am Giebel der gegenüber der Kapelle liegenden
Häuser, ohne dass Menschen zu Schaden kamen.
Montag, 25. Dezember
Weihnachten. Die ganze Nacht hat es geschossen. Mittags Bescherung. Deutsche Flieger schießen mit Bordwaffen in der Mittagszeit. Zum Keller. Der Strom setzt aus. Der Schlamm der letzten Tage ist durch ziemlich starken Frost in Staub verwandelt worden. Starker Verkehr. Dauernde Staubwolke haushoch, dicht, dass man die Leute auf der Straße nicht sieht. Staub dringt durch alle Fugen, man schmeckt ihn.
Dienstag, 26. Dezember
Zur Zeit der Rundstedtoffensive am zweiten Weihnachtstag 1944, gegen 15.20 Uhr, während der Vesper zum 40-stündigen Gebet in St. Josef, warf ein deutsches Flugzeug auf die von Amerikanern besetzte Stadt mehrere Bomben ab, davon eine auf das Gelände der ehemaligen Tuchfabrik Leonard Peters, unweit der Pfarrkirche, die andere auf die Straßenkreuzung Judenstraße-Bergkapellstraße, Haasberg. Hier gab es einige Verwundete. Durch den Luftdruck wurde die Kapelle stark in Mitleidenschaft gezogen, u.a. wurden alle Kirchenfenster zerstört.
Mittwoch, 27. Dezember
Ganze Nacht Artillerieabschüsse mit Blitz, starker Detonation und Rollen. Unmöglich zu schlafen. Auch tagsüber Abschüsse. Plötzlich, um 18 Uhr, furchtbarer Krach, das Licht schwankt, bleibt aber, Scheiben klirren. Zum Keller. Stille.
Donnerstag, 28. Dezember
Auf dem Weg zur Messe sehen wir die Verheerungen der Bombe von gestern Abend. Viele Scheiben zertrümmert auf unserer Straßenseite, auch bei Theß-Paulus, Gerono. Gegenseite hat auf der Rückfront alle Scheiben zertrümmert, auch Dächer. Drei Bomben (deutsche Flieger) in Spitalwiese gefallen.
Kriegsende
Mittwoch, 17. Januar
Erste Nacht ohne Schießen. Bis vor acht Tagen hat es jede Nacht furchtbar geschossen, dass das Haus bebte und die Fenster klirrten. Dann wurde es langsam ruhiger. Ende voriger Woche eine Nacht lang Trommelfeuer, es heißt, dass die Amerikaner eine Offensive begonnen haben.
Montag, 22. Januar
Bergstraße, Neustraße, Rotenberg für allen Verkehr gesperrt. In jedem Haus Nachsuchung nach Uniformen, Waffen, Büchern, amerikanischen Lebensmitteln.
Donnerstag, 22. Februar
Die letzten 14 Tage ziemlich ruhig. Durch den ununterbrochenen, ungeheuren Nachschub sind alle Landstraßen kaputt gegangen. Asphalt zerbröckelt, große und tiefe Löcher. Notdürftig geflickt. Nebenstraßen benutzt, die auch ganz unbrauchbar geworden sind. Die im Jünglingshaus untergebrachten Mützenicher (In den Tagen vor Weihnachten 1944 waren zahlreiche Mützenicher nach Eupen geflüchtet, weil ihre Häuser ständig unter Beschuss lagen und zum Teil schwer beschädigt waren) sind stundenweise auf der Wiese Looten. Haben sehr viel Hunger.
Montag, 7. Mai
Bittprozession nach Stockem. Warmes und sonniges Wetter. Immer mehr Fahnen. Nachmittags um 2.45 Uhr endgültige Kapitulation. Kriegsende. Leute stehen Schlange um Papierfähnchen zu kaufen. Überall wird geziert.
Dienstag, 8. und Mittwoch, 9. Mai
Bittprozessionen nach Bergkapelle und Werthkapelle.
110. Hoeckenbennelt
Der Hoeckenbennelt, dessen Bezeichnung wir 1579 erstmals finden, war eine Wiese, von der Bergstraße bis zur „Looten, Laetenflur“ und zur Etterstenflur gelegen. Es ist ein volksgeläufiger
Flurname, weil auf dieser Wiese im 19. Jahrhundert und auch noch zu Anfang des 20. Jahrhunderts, manches Eupener Volksfest (Schützenfest, Zirkus usw.) stattfand. Eine alte Eupener Volksweisheit
bezieht sich auf die Wiesenflur: „Wée et langste lävvt, kritt Höükebännet“ (Wer am längsten lebt, erhält Hoekebend). Ursprung und wirkliche Begründung sind mit der einfachen Erklärung zu dieser
Volksweisheit „Trost für alle, die nichts geerbt, nicht geteilt, nicht erhalten haben“, die Heimatdichter August Tonnar ihr gibt, nicht zufriedenstellend geklärt und bleiben ein Rätsel.
Bedeutung: Nach der ältesten bekannten Schreibweise „Hoecken“ (sprich Hu‘cken) ist die Deutung auf „Ecke, Winkel, Grenze“ nach dem niederdeutsch-niederländischen Mundartausdruck „Hoek, Hu‘ck“,
wie wir es auch beim „Hoek, Hook“ (Ecke an der Bankgrenze Baelen-Walhorn) antreffen, in Betracht zu ziehen. Einer frühen Gebietseinteilung entsprechend bildeten die „Laeten“ - die Flur auf der
Laetgrenze, die „Ettersten“ - die hinterste (achterste, ätteschte) Flur und der „Hoeckenbend“ die Flur an der Ecke, den Eckenbend.
Auf der Karte von 1777 erkennen wir noch deutlich die zusammenhängende Wiesenlandschaft im Westen des Bergviertels, der heutigen Bergstraße.
114. Als die Bilder (im Bergviertel) laufen lernten...
Die Geschichte des Kinos in Eupen geht eigentlich auf das Jahr 1911 zurück und wie überall bedurfte es eines „Cinephilen“, um Filme, damals noch ohne Ton, nach Eupen zu bringen. Martin Berg, Geburtsjahr 1882, besaß diese Leidenschaft und konnte nach ersten Versuchen in kleineren Sälen am 23. Dezember 1933 mit dem Tonfilm „Bomben auf Monte Carlo“ das Capitol eröffnen.
Vor 56 Jahren, am 7. Februar 1963 verstarb der Eupener Kino-Pionier Martin Berg. Den ersten Kinosaal besaß er 1911 schräg gegenüber dem Jünglingshaus; an der Neustraße 110 hatte er mit einer Gastwirtschaft „Zur deutschen Fahne“ begonnen (als Eupen 1920 belgisch wurde, änderte der Name in „Zur belgischen Fahne“). Hier im Apollo-Kinotheater wurden die ersten Stummfilme ausgestrahlt. In der Eupener Residenz „Eupener Hof“ richtete Berg 1924 auf der ersten Etage das Kinotheater „Moderne Lichtspiele“ ein. Klavierspieler oder Violinisten begleiteten die Filme damals.
Schließlich setzte er mit dem Bau des supermodernen „Capitol“ neue Kinomaßstäbe für Eupen. Am 18. Februar 1925 erwarb er an der Neustraße das unter Sequester stehende Grundstück der Fabrikantenfamilie Krantz. Die Eröffnung des neuen Eupener Lichtspielhauses fand Ende Dezember 1933 statt. Im „Werbeblatt“ vom 17. November 1986 stand u. a. geschrieben: „Wie groß Martin Bergs Freude und Stolz gewesen sein muss, als 1933 sein Prunkstück die Pforten öffnete, kann man sich heute kaum vorstellen – Stolz nicht zuletzt auf seine eigene Leistung, denn schließlich hatte er jede freie Minute in seinen Traum investiert. Und wie schnell hätte in den Kriegsjahren dieser Traum wie eine Seifenblase jäh zerplatzen können. Zum Glück gingen diese harten Jahre relativ problemlos vorüber bis auf die Unterbrechungen in den Kinovorführungen während dem Fliegeralarm.“ Mit den Amerikanern zog ein erstes Mal die breite Unterhaltung ins „Capitol“ ein. Die Befreier machten aus dem Kinotheater ein „Erholungszentrum“ und nannten es „The Capitol Recreation Center“. Die US-Boys boten die tollsten Variétéprogramme, anfangs nur für ihre Soldaten, die von der Front zurückkamen und auf andere Gedanken kommen sollten, später für jedermann. In der Blütezeit des Lichtspieltheaters kassierte die Stadtkasse an „Lustbarkeitssteuer“ recht ansehnliche Summen. Ins städtische Säckel flossen 1967 nur mehr 183.304 Franken, während zehn Jahre zuvor noch stolze 416.989 Franken verbucht werden konnten.
1924 hatte Emil Bemmert im Schilsweg im Saal Müller auch ein Kino eröffnet. Dieses funktionierte allerdings nur kurze Zeit. Nach dem Krieg, 1945-46, wurde im Saal des Hotel Pauquet im Schilsweg das Kino Palladium mit dem deutschen Tonfilm „Die Kellnerin Anna“ gestartet. Später wurde der Name in „Trianon“ geändert. In den 50er Jahren brannte das Trianon ab und wurde anschließend nicht mehr aufgebaut.
An der Paveestraße gab es seit 1934 die »Schauburg«, ebenfalls eine Gründung des Martin Berg (die im April 1966 ihre Pforten schloss). Doch die konnte sich nicht mit dem »Capitol« messen. Auf der Neustraße verschafften Glühlampen dem »Filmtheater« schon von außen das nötige Flair. Dort gaben die Herren ihren Mantel mit Hut an einer Garderobe ab. Dort hatten die Damen etwas Rouge aufgetragen und für ein paar Stunden den eingemotteten Muff aus dem Schrank geholt. Die Herren durften auf dem Balkon ein Zigarettchen paffen und die Damen am Kiosk einen Fruchtsaft oder ein Piccolo schlürfen. Im Capitol traten Doris Day und Humphrey Bogart auf. Publikumsrenner waren allerdings volkstümliche Kostüm- und Heimatfilme, in denen Romy Schneider als »Sissi« verzauberte, Heinz Rühmann als »Eiserner Gustav« kutschierte, Lilo Pulver durch den Spessart spukte, Gerd Fröbe durch die ewigen Wälder stapfte und Ruth Leuwerick sich mit der Trapp-Familie in die Herzen der weiblichen Zuschauer sang. Das Capital schloss am 1. September 1970.
Übersicht der Kinos in Eupen
1911, Eupen : Gründung des Apollo-Lichtspiel-Theater an der Neustraße
1920, Eupen. Rheinprovinz. (14500 Einw.) : Apollo-Kino, Neustr. 55 — Fernspr. 211 — Gegr. 1911 (Sp. 6 Tage) 200 Plätze Martin Berg, Neustr. 55 — Fernspr. 211
Moderne Lichtspiele, Bergstr. 16 (Sp. 6 Tage) 265 Plätze Xav. Schoener, Kaperbergstr. 33
1941, Eupen (Einw: 13 300) : Capitol-Theater, Adolf-Hitler-Straße 143, F: 1211, Gr: 1933, H,V,S, B: 40 qm 779/4-5 Tg. I: Marian Berg, Adolf-Hitler-Straße 165, F: 1211
Moderne Lichtspiele, Adolf-Hitler-Straße 14, F: 1211, Gr: 1916, H, V,S 250/5 Tg. Martin Berg, Adolf-Hitler-Straße 165, F: 1211
Schauburg Lichtspiele, Paveestraße 7, Gr: 1934, H, V, S 416/3-4 Tg. I: Martin Borg, Adolf-Hitler-Straße 165, F: 1211
117. Kulturleben 1930
Wirtschaftlich war es kein besonders gutes Jahr, dieses Jahr 1930, in dem Belgien den hundertsten Jahrestag seiner Unabhängigkeit beging. Die Finanzkrise des Jahres 1929 war längst nicht überwunden, Teuerung und Arbeitslosigkeit bereiteten dem kleinen Mann nicht wenig Sorgen. Umso überraschter ist man, wenn man seinen Blick auf die kulturellen Tätigkeiten dieses Jahres richtet und feststellt, welche Fülle von Veranstaltungen in Eupen geboten wurde. Eine Vielzahl dieser Veranstaltungen fanden im Bergviertel statt
Am Sonntag, 5. Januar, lädt die Gesellschaft Theaterfreunde in das Jünglingshaus ein zur Aufführung des Schauspiels in fünf Akten „Tusnelda, die Tochter des Blinden“. Der Cäcilien Gesangverein an St. Josef feiert im Kolpinghaus sein Weihnachtsfest mit Männerchören und den Einaktern „Die schwere Schuld“ und „Peter auf Besuch“. Der Handwerker-Gesangverein hält sein Weihnachtsfest im Koch’schen Saale ab. Drei Einakter stehen hier auf dem Programm: „In der Bergschmiede“, „Die Ersatzreserve von Knüppelsdorf“ und „Das Gretel vom Erlengrund“.
Zu einem Konzert zugunsten der Armen des Vinzenzvereins wird für Mittwoch, 8. Januar, in das Jünglingshaus eingeladen. Fräulein Ria Hermanns, Mezzo-Sopran, das Eupener Solo-Quartett und ein Symphonieorchester unter der Leitung von Robert Kreusch sind dort die Aufführenden.
Am 12. Januar zeigt der F. C. 1920 sein schauspielerisches Können in den Schwänken „Tielemeier auf Abenteuer“ und „Stanislaus Krakowiak“, während am 19. Januar die Marianische Jungfrauen-Kongregation St. Josef das fünfaktige Schauspiel „Martyrin Christi, verzeihe mir“ im Jünglingshaus aufführt.
„Städtisches Volkstheater“ heißt eine Institution, die für Donnerstag, 23. Januar, die „Westdeutsche Bühne“ zur Aufführung des fünfaktigen Trauerspiels „Kabale und Liebe“ von Friedrich Schiller in das Jünglingshaus verpflichtet. Die Vorstellung ist ausverkauft. Am Sonntag, 26. Januar, führt die Marianische Jungfrauen-Kongregation St. Nikolaus anlässlich der Einführung ihres neuen Präses Dechant Keufgens das Schauspiel „Mysterium Crucis“ (drei Akte) und das Lustspiel „Die Vermisste“ auf. Aus den zeitgenössischen Zeitungsberichten geht hervor, dass alle diese Veranstaltungen gut bis sehr gut besucht sind, obwohl im Laufe des Monats auch sechs Kappensitzungen stattfanden.
Im Februar folgt sofort die Gesellschaft Theaterfreunde mit der Operette „Jung muss man sein, wenn man lieben will“, die am Sonntag, 2.Februrar, im Jünglingshaus über die Bühne geht. Das Schauspiel „Mysterium Crucis“ wird dort am 9. Februar zum zweiten Mal aufgeführt; die „Westdeutsche Bühne“ bringt am gleichen Ort am 20. Februar das Lustspiel „Jugendfreunde“. Aber im Monat Februar dominiert der Karneval. 17 größere und kleinere Kappensitzungen werben um ihr Publikum, und an den Karnevalstagen gibt es vom 1. bis zum 4. März Trubel in allen Lokalen der Stadt. Trotzdem hat auch das Theater am Karnevalssonntag Erfolg zu verzeichnen. Die Gesellschaft Theaterfreunde spielt im Jünglingshaus „Im Krug zum grünen Kranze“, ein Lustspiel in drei „langen“ Akten.
Nach der nachkarnevalistischen Verschnaufpause findet am Sonntag, 16. März, das Volksschauspiel „Die Bockreiter“, das die Liebhaber-Bühne Eupen im Gesellenhaus (Kolpinghaus) aufführt, ein zahlreiches Publikum, während am gleichen Tag die Aachener Puppenbühne im Koch’schen Saal „Aschenbrödel“ für die Kinder und „Der Pfalzgraf“ für die Erwachsenen präsentiert. Im voll besetzten Saal des Jünglingshauses liest am 18. März der flämische Dichter Felix Timmermans aus eigenen Werken. Das Rahmenprogramm bestreitet der Cäcilien Gesangverein an St. Josef.
Am Sonntag, 23. März, kann das Theaterpublikum zwischen drei Veranstaltungen wählen. Im Jünglingshaus gastieren die „Theaterfreunde Brand“ mit dem fünfaktigen Schauspiel „Krone und Fessel“, im Gesellenhaus gibt der Theaterbund Eos das Drama „Schuldig“ (drei Akte) und bei Koch finden wir die Aachener Puppenbühne mit „Rotkäppchen“ für die Kinder (16.30 Uhr) und „Fra Diavolo“ für die Erwachsenen (20 Uhr).
Die Sängervereinigung Eupen kann bei ihrem zweiten Winterkonzert am 6. April, bei dem das Symphonie-Orchester Eupen mitwirkt, auf einen voll besetzten Saal blicken, obwohl gleichzeitig das Kölner Volkstheater bei Koch den Lachschlager „Tünnes auf Abwegen“ spielt. Schon am Donnerstag, 10. April, gastiert die Westdeutsche Bühne mit dem Schauspiel „Ostern“ von August Strindberg wieder in Eupen.
Als Gast seines Frühlingskonzertes am Weißen Sonntag (27. April), stellt das Eupener Solo-Quartett den schon sehr bekannten Bassisten Wilhelm Strienz (1900-1987) vor. Am gleichen Tag werden in vielen Lokalen der Stadt „Frühlingsbälle“ abgehalten. Die Marianische Jungfrauen-Kongregation St. Josef führt am Sonntag, 4. Mai, das Festspiel „Großmutter, Mutter und Kind“ und „Lohengrin“ (nicht von Richard Wagner) im Jünglingshaus auf. Am 7. Mai gastiert dort die Westdeutsche Bühne mit drei Einaktern von Anton Tschechow und am 22. Mai sind die „Rheinischen Kunstpuppenspiele“ mit „Hänneschen im Zauberland“ für die Kinder und „Genovefa“ für die Erwachsenen zu Gast.
Aus Anlass der Kirmes führen die Eupener Theaterfreunde am Sonntag, 22. Juni 1930, im Jünglingshaus den Schwank „Der Schusterbaron“ und das Singspiel „Lieserl“ auf.
Internationaler Wettstreit für Solo- und Doppelquartette
Die Reihe der Saalveranstaltungen eröffnet das Eupener Solo-Quartett bereits am Sonntag, 30. August, mit einem Konzert im Jünglingshaus unter Mitwirkung des englischen Cellisten Sheridan Russel. Anlässlich seines 25-jährigen Bestehens veranstaltet der MGV Marienchor vom 13. bis zum 15. September einen Internationalen Wettstreit für Solo- und Doppelquartette im Hotel Koch und im Jünglingshaus. Das „Städtische Volkstheater“ lädt am Samstag, 27. September zur Aufführung der Komödie „Man kann nie wissen“ von Bernhard Shaw durch die Westdeutsche Bühne in das Jünglingshaus ein. Am Sonntag, 28. September, spielt dort die Liebhaberbühne Eos, Eupen anlässlich der Unterstädter Kirmes drei Einakter.
Zum 93. Stiftungsfest am Sonntag,5. Oktober, präsentiert der Jünglingsverein das Schauspiel „Bruderliebe“ und die Kriminalkomödie „Das Geheimnis von Dunbal Castle“, und der Gesellenverein gibt zum 71-jährigen Bestehen am 12. Oktober den „Barong Flöckmösch“ von Hein Janssen, der im Anschluss noch fünfzehn Mal (!) wiederholt werden muss. „Die Not der Alten“ heißt das Schauspiel, mit dem sich die Eupener Theaterfreunde am Sonntag, 19. Oktober im Jünglingshaus vorstellen, wo am 23. Oktober die Mitteldeutsche Bühne mit „Die andere Seite“ von E. C. Sheriff gastiert. Ihr 57. Stiftungsfest begehen die Sänger von St. Josef am 26. Oktober im Jünglingshaus mit einem Konzert und dem russischen Drama „Vom Vater gerichtet“.
Jede Woche ein neuer Film
Obwohl in vielen Lokalen bereits Kappensitzungen anlaufen, hat die Westdeutsche Bühne am 20. November Erfolg mit dem Schauspiel „Die Brücke“. Ihr erstes Winterkonzert veranstaltet die Sängervereinigung am 30. November im Jünglingshaus, während in der Friedenskirche der Organist Hans Hulverscheid in einem Orgelkonzert zu hören ist. Im Zeichen des Advent steht das Trauerspiel der Liebhaberbühne Eos am 7. Dezember: „Eva, das Spiel vom Sterben“, das seines Erfolges wegen am 9. Dezember wiederholt wird. Es folgen am 11. Dezember „Der Biberpelz“ von Gerhart Hauptmann (Westdeutsche Bühne) und am 14. Dezember „Das Drama in der Schmiede“ (Theaterverein Concordia Haaren).
Berücksichtigt man bei dieser Fülle von Veranstaltungen, dass auch die „Apollo Lichtspiele“ (Neustraße) jede Woche einen neuen Film zeigten und dass es seit Mitte des Jahres dazu noch die „Modernen Lichtspiele“ (Eupener Hof) gab, so kann man über die Vielfalt des Gebotenen und den Publikumserfolg nur staunen.
Diejenigen aber, die dies alles mit intensiver Probearbeit und ehrenamtlicher Tätigkeit zustande brachten, muss man bewundern, denn niemand von ihnen erhielt finanzielle Unterstützung von amtlichen Stellen.
122. Aus einem touristischen Führer Anno 1928
Die Stadt Eupen zählt ungefähr 13000 Einwohner. Sie wird von der Bevölkerung eingeteilt in „Oberstadt“, Gegend des Rathauses, des Marktes, des Wirthplatzes, Kaperberg, Moorenkopf, Bergstraße,
Neustraße und „Unterstadt“ mit den Vororten Haas, Schilsweg, Bellmerin, Hütte, Oe. Die Bürgermeisterei oder Gemeinde Eupen umfasst außerdem die Weiler Stockem, Nereth, Voulfeld und die isoliert
gelegenen Häuser von Neuenhof, Depick, Opersbach, Rotter, Mospert, Schönfeld, Diebach, Langfeld, Clouse, Nispert, Obersheide.
Oberhalb des Wirthplatzes die Kaperbergstraße mit dem Progymnasium. Unterhalb führt rechts ein Pfad nach dem Aussichtsturm und der Bergkapelle.
Verfolgen wir die Kirchstraße und Bergstraße so kommen wir an eine Wegkreuzung, wo sich ein Kruzifix aus Holz (1865) befindet, rechts die Neustraße, links führt die Bergstraße weiter steil
ansteigend, überraschend malerisch, bis zur Judenstraße (Querstraße) gegenüber befindet sich eine sehenswerte hübsche Kapelle, die Bergkapelle auch St. Johanniskapelle genannt, Louis XIV, aber in
romanischer Stilart restauriert mit Inschriften und Wappen (1732), im Inneren ein sehenswürdiger Weihwasserkessel. Links kommen wir unverzüglich an den Aussichtsturm für Touristen, wenig hoch,
trotz den vier Stockwerken, aber umfassende malerische Rundschau, hübsches Panorama auf die Unterstadt, die Täler der Weser, und der Helle und Hertogenwald. Diese Anhöhe wird „Moorenhöhe“ oder
„Moorenhügel“ genannt. Rechts von der Bergkapelle erreichen wir den anderen Ausgang der Neustraße (Moderner Brunnen). Links der Olengraben, welcher steil nach dem Vorort Haas hinunterführt.
Die Oberstadt hinuntersteigend, sehen wir auf einer Anhöhe ein geräumiges modernes Bauwerk, ds Kaufmanns-Erholungsheim (Sanatorium), welches von Belgiern unter dem Titel „Belgische
Erholungs-Kolonie“ übernommen worden ist. Im hinteren Ende der Oe befindet sich das Waisenhaus, gegründet 1710 durch die Einwohner der Stadt.
Die Nähe des ausgedehnten Hertogenwaldes bildet eine beständige Quelle reiner Luft für alle. Zahlreiche Spaziergänge mit Wegeanzeigern und Bänken sind sorgfältig in der Umgebung der Stadt
unterhalten und die empfehlenswertesten Touristenwege und Spaziergänge sind daselbst angeführt.
Neben dem historischen Pharus-Stadtplan von 1930 finden wir hier unten eine Ansichtskarte der St. Nikolaus-Pfarrkirche, eine Zeichnung der Bergkapellstraße aus den 20er Jahren, sowie verschiedene
Ansichten, wie sich das Viertel einem Besucher des Jahres 1928 wohl präsentiert hat...
125. Theater im Bergviertel
Zwei Eupener Vereine bemühten sich schon frühzeitig um die Schaffung einer u.a. für Theateraufführungen geeigneten Infrastruktur im Bergviertel: der 1837 von dem aus Kettenis stammenden Weber
Jakob Wintgens ins Leben gerufene katholische Jünglingsverein und der 1859 gegründete katholische Gesellenverein, auch als Kolpingverein (nach dem Gründer des ersten Gesellenvereins in Preußen,
Adolf Kolping, benannt). Letzterer errichtete 1885-1886 in der Bergstraße ein Vereinshaus mit Saal, in dem jährlich mehrere Theateraufführungen stattfanden. Der Jünglingsverein vollendete 1899
seinen Festsaal mit besonderer Theatergarderobe in der Neustraße. Beide Säle sind aus dem kulturellen Leben Eupens nur noch schwer wegzudenken.
Theaterstücke in Eupener Mundart erfreuten und erfreuen sich noch stets großen Zuspruchs. Vom langjährigen Küster an der Werthkapelle Mathieu Gouder (1856-1923) – mit Stücken wie „Dr Vogelsklos“
und „De gow Nobere“ - bis zum Schuhmachermeister Karl Willems (1915-1986) aus dem Bergviertel führt eine Kette begeisterter Laienspieler, die mit ihren Aufführungen die kernig-deftige Eupener
Sprache pflegten und vor dem Vergessen bewahrten. Die Gesellschaft „Theaterfreunde“ setzt diese Tradition fort.
126. Königliche Gesellschaft Theaterfreunde Eupen
Mit der Entstehung und der Entwicklung des Vereinslebens in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts wächst in Eupen auch sprunghaft die Liebe zum darstellenden Spiel. Während die meisten Vereine sich damit begnügen, das Theater als Teil ihres Festes zu betrachten, bringt der Jünglingsverein bereits abendfüllende Werke, in der Hauptsache die damals so beliebten Ritterschauspiele in vier bis fünf Akten.
Zu der steigenden Beliebtheit des Theaters mag wohl auch die Tatsache beigetragen haben, dass man gerade jetzt damit beginnt sich über ein Tabu hinwegzusetzen, das bis dahin rigoros eingehalten wurde: es war undenkbar, dass jemals eine weibliche Person mitgewirkt hätte. So musste die weibliche Rolle wohl oder über von einem Mann gespielt werden. Das erklärt z.B. den Ausspruch eines älteren Eupeners: „Dein Großvater war das schönste Mädchen von ganz Eupen!“
Der Freundeskreis, der sich im Jahre 1902 zusammengefunden hat, wirkt seit dieser Zeit ausschließlich bei den Festen anderer Vereine mit. Er nennt sich schlicht „Theaterfreunde“. Schließlich wagt man die Gründung eines selbständigen Vereins mit dem Namen „Gesellschaft Theaterfreunde“. Schon das erste Stiftungsfest, das die Gesellschaft am 30. September 1906 feiert, wird ein großer Erfolg. Die Anzeige unten zeigt, welches Mammutprogramm man zu bewältigen hat. Am 1. März 1912 wagt sich die Gesellschaft zum ersten Mal an ein abendfüllendes Schauspiel, „Die Wilderer“. Die Schwelle zum Erfolg ist überschritten und man erlebt nun in den nächsten Jahren eine Reihe von schönen Aufführungen, deren vorläufiger Höhepunkt wohl das am 18. Januar 1914 aufgeführte 8-aktige Schauspiel „Das Vater unser“ bildet. Dann setzt bald das große Völkerringen ein, das allen weiteren Tätigkeiten ein vorläufiges Ende bereitet.
Aber schon kurz nach Beendigung des großen Krieges finden sich die Theaterfreunde wieder zusammen und veranstalten am 16. November 1919 ihren ersten Theaterabend. Noch müssen die Abende wegen der verfügten Stromsperre um 17 Uhr beginnen. Am 20. Februar 1921 erlebt man zusammen mit dem Turnverein Germania (später Gymnastik) eine grandiose Aufführung im Jünglingshaus, bei der der Turnverein in 14 lebenden Bildern die Stationen des Kreuzwegs darstellt, während anschließend die Theaterfreunde den Fünfakter „Die heilige Elisabeth“ aufführen, bei dem rund fünfzig Personen mitwirkten. In der Folgezeit findet man die Gesellschaft in jedem Jahre als Veranstalter von zwei bis drei großen Theaterabenden, die stets einen großen Publikumserfolg haben.
Im Anschluss an das 25jährige Jubiläum der Gesellschaft entbrennt ein wahrer Streit unter den Eupener Vereinen. Am 9. Oktober 1927 führt die Gesellschaft Theaterfreunde im Saale Koch erstmals einen abendfüllenden Schwank auf: „Der Raubmörder“. Am gleichen Tage gibt der Gesellenverein den Dreiakter von Hein Jansen „Et Maart-Marie“ und der Jünglingsverein das Schauspiel „Feurige Kohlen“. Am 30. Oktober 1927 führen die Theaterfreunde im Jünglingshaus „Lorbeerkranz und Dornenkrone“ auf während die Liebhaberbühne am gleichen Abend im Saale Renardy (Hookstraße) mit den Einaktern „Alaska“, „Das achte Gebot“ und dem Lustspiel „Die feindlichen Nachbarn“ aufwartet. Am 8. Januar 1928 sind die Theaterfreunde Brand bei ihrem Eupener Bruderverein mit „Alt Heidelberg“ zu Gast im Jünglingshaus, während die Liebhaberbühne am gleichen Abend bei Renardy Hein Janssens „De Tant Rosaleja“ aufführt.
Am 1. März 1931 beginnen die großangelegten Passionsspiele in Eupen, eine gemeinsame Inszenierung der Theaterfreunde Brand und Eupen, unter Mitwirkung von Sängern des Kirchenchores an St. Nikolaus, bei der zeitweise bis zu 80 Mitwirkende auf der Bühne stehen. Die Passionsspiele haben einen gewaltigen Zulauf und werden noch zweimal wiederholt. Die dreißiger Jahre bringen überhaupt viele, stark beachtete Aufführungen. Damit kann sich die Gesellschaft ein Stammpublikum erwerben, das ihm viele Jahre treu bleibt. Diese schöne Zeit wird abrupt durch einen weiteren Krieg unterbrochen, der jeder weiteren Tätigkeit ein Ende setzt.
Am 7. September 1947 finden sich die Überlebenden wieder zusammen, um die unterbrochene Tätigkeit wieder aufzunehmen. Schon nach kurzer Probezeit kann als erstes Lustspiel „Die spanische Fliege“ mit Erfolg dreimal aufgeführt werden. Die endlich von der Kriegsfurie erlöste Bevölkerung ist für jede neue Aufführung dankbar und honoriert sie mit entsprechendem Besuch und Applaus.
In den 60er Jahren schrumpft die Schar der Darsteller allmählich zusammen, so dass Schwierigkeiten in der Besetzung der Rollen entstehen. Am 24. September 1966 wird Karl Willems als neuer Präsident eingeführt. Mit ihm hat die Gesellschaft einen Präsidenten erhalten, der neben einem gesunden Optimismus über einen guten Schuss Menschenkenntnis und eine ganze Menge Theatererfahrung verfügt. Unter seiner Leitung geht es langsam wieder bergauf. Doch die Aufführungen des Vereins, mögen sie noch so gut gebracht werden, haben eine schwere Konkurrenz: das Fernsehen. Dieses Medium hat nun einmal die größeren Möglichkeiten und dazu… man kann es hemdsärmelig und in Pantoffeln ansehen. In klarer Erkenntnis dieser Fakten entschließt man sich, einen neuen Weg zu gehen. Der erste Versuch ist gleich ein Treffer. Die Mundartkomödie, konkurrenzlos und ortsgebunden, „Et gruet Lott“, gibt den Theaterfreunden ob ihres Erfolges wieder Selbstvertrauen. Richtungsweisend für die Zukunft wird sie wirklich zum großen Los.
Bald schon werden auch Märchenspiele der Kinder für Kinder eingeführt und zu einem Erfolg. Den Anfang macht „Der gestiefelte Kater“, der zweimal wiederholt werden muss, gefolgt von „Das tapfere Schneiderlein“, „Kalif Storch“ und „Schneewittchen“.
An dem großen Folklorefestzug, der am 29. August 1974 aus Anlass der 300-Jahrfeier der Eupener Stadtwerdung stattfindet, beteiligt sich die Gesellschaft mit einer beachtlichen Gruppe „Eupen Anno 1900“. Im Rahmen des gleichen Jubiläums wagt man am 26. und 27. Oktober die Aufführung von August Tonnars personenreicher Lokalkomödie „En Kejnaht än Öüpen ä vröügere Tiet“. Die Aufführung wird zu einem Riesenerfolg für die Gesellschaft.
Mit ihrem Mundarttheater trägt die Gesellschaft nicht nur wesentlich zur Erhaltung dieser Mundart bei, sondern gibt hier dem Zuschauer auch die Gelegenheit des Miterlebens, weil das Milieu des Werkes teilweise auch sein Milieu ist.
130. Eupener Schulen
In der vorpreußischen Zeit
Die erste Zeitung Eupens erschien im Jahre 1827. Dass sie nicht eher herauskam, lag wohl vor allem daran, dass die meisten Einwohner Analphabeten waren. Noch um 1800 konnten von hundert Eupenern nur fünfzehn lesen und schreiben. Vor 1825 gab es in Eupen keinen Schulzwang.
Die Anfänge des Schulwesens in Eupen dürften in die ersten Jahrzehnte des 17. Jahrhunderts zurückgehen. Lehrer war der Küster der Nikolauskirche. Der Unterricht fand nur in den Wintermonaten statt, da die Eltern die Kinder ansonsten bei der Haus- und Hofarbeit benötigten. Die Schulen waren den Jungen vorbehalten. Erst mit der Niederlassung der Rekollektinnen 1698 erhielten auch die Eupener Mädchen die Möglichkeit, Lesen, Schreiben und – wie in der Niederlassungsgenehmigung betont wurde – Französisch zu lernen.
Um 1705 eröffneten die Tertiaren des Augustinerordens Schulen auf der Klötzerbahn, Am Berg und im Waisenhaus. Im Jahre 1738 berichtet Pfarrer Haghen, dass es in Eupen im ganzen 10 Schulen gibt. 1750 beschloss die Gemeinde, in jedem der drei Quartiere jeweils eine weitere Schule einzurichten. Auch in diesen wurden Deutsch, Lesen, Schreiben und Rechnen, in einer auch „Vlämisch“ gelehrt. Im Jahre 1825 führte Preußen, als erster europäischer Staat, die Schulpflicht ein. Diese stieß jedoch auf vielseitigen Widerstand. U.a. die Fabrikanten und Bauern wollten nicht auf die Arbeitskraft der Kinder verzichten. Dennoch besuchten 1829 von 2013 schulpflichtigen Kindern bereits 1319 den Unterricht in den 14 Elementar- und den zwei weiterführenden Schulen.
1845 bestimmte die Regierung, dass für jede der drei Sektionen Eupens eine zweiklassige, öffentliche, katholische Elementarschule zu errichten sei. Schulgebäude mussten in den verschiedenen Stadtteilen gekauft werden. Seit 1840 gab es in Eupen auch zwei Verwahrschulen (Kindergärten). Die eine befand sich unter der Düvelscheidt und wurde 1864 nach der Haasstraße verlegt, wo 1885 am Fuße des Haasberg ein neues Gebäude entstand. Die andere, zunächst in der Gospertstraße, siedelte 1843 nach der Borngasse über und erhielt 1870 ein neues Gebäude. Dieser Kindergarten wurde 1925 von der Stadtverwaltung aufgehoben und von den Rekollektinnen auf dem Heidberg übernommen. Der Kindergarten in der Haasstraße blieb weiterhin städtisch und wurde von der Stadt unterhalten. Als städtische Lehranstalt wurde auch die Volksschule der Oberstadt an der Ecke Hisselgasse-Schulstraße eingerichtet.
1967 wurde am Limburgerweg das Zentrum für Berufsausbildung errichtet. Im Dezember 1968 begann man mit den Ausschachtungsarbeiten für die neue Schule für französischsprachige Kinder an der Bergkapellstraße, die am 27. Juni 1970 feierlich eingeweiht wurde.
131. Ein erhaltenswertes Denkmal preußischer Architektur - Die alte Eupener Mädchenschule
die 1871 errichtet wurde, um eine Kinderkrippe zu beherbergen.
Kleinkinder-Bewahranstalten
Bereits 1840 wurden in Eupen zwei „Kinder-Bewahranstalten“ gegründet, zu deren Kosten der „Aachener Verein zur Beförderung der Arbeitsamkeit“ vier Fünftel beisteuerte. In der Oberstadt wurde die
Kinder-Bewahranstalt in einem Haus an der Gospert-straße, genannt „op gene Haund“, eingerichtet, in der Unterstadt im Ortsgebiet „Düvelscheid“ an der Malmedyer Straße, in Räumen der ehemaligen
Färberei Römer.
Der Aachener Verein zur Beförderung der Arbeitsamkeit ging auf eine Initiative des Aachener Kaufmanns und Bankiers David Hansemann zurück. Dieser hatte bereits 1824 die Aachener
Feuer-Versicherungs-Gesellschaft gegründet, welche die Hälfte ihres Gewinns dem Verein zur Beförderung der Arbeitsamkeit zur Verfügung stellte, um soziale Projekte zu unterstützen.
Zu Eupen hatte Hansemann geschäftliche und familiäre Verbindungen – er betrieb im Bellmerin eine Färberei, hatte eine Fremerey geheiratet, und der Tuchfabrikant Wilhelm Peters war sein Neffe. So
ist es nicht verwunderlich, dass der Verein zur Beförderung der Arbeitsamkeit – nachdem er 1839 in Aachen zwei Kleinkinder-Bewahranstalten eingerichtet hatte – bereits im folgenden Jahr in Eupen
aktiv wurde.
Ursprünglicher Baukörper nicht grundlegend verändert
In der Oberstadt verlegte der Aachener Verein seine Kleinkinder-Bewahranstalt bereits 1843 in die Borngasse, in das heutige Haus Nummer 9. Als diese Räume für die stetig wachsende Zahl der
betreuten Kinder nicht mehr ausreichten, betätigte sich Hansemanns Verein als Bauherr und erwarb 1870 ein zwischen der Pääsch-Gasse (Verbindungsgasse von der Klötzerbahn zum Werthplatz) und der
Borngasse – so hieß die Schulstraße bis 1929 – gelegenes dreieckiges Grundstück, um dort ein neues Gebäude zu errichten.
Bemerkenswert findet die KDLK die Tatsache, dass sich bis heute an der Struktur dieser Parzelle nichts geändert hat und sich der dreieckige, offene Platz vor dem Gebäude heute unmittelbar dem
Stadtpark und der begrünten Fläche hinter dem Ministeriumsgebäude anschließt.
Seit am 9. Oktober 1871 die Kleinkinder-Bewahranstalt an der damaligen Borngasse eingeweiht wurde, hat das Gebäude immer eine der Gesellschaft nützliche Funktion gehabt. Zunächst als
Bewahranstalt, dann als Kindergarten, als städtische Mädchenschule, als Musikschule, als provisorische Verwaltung des Gaswerks, zuletzt als Lebensmittelbank des Roten Kreuzes und als
Jugendtreff.
Im Laufe der Jahrzehnte hat das Gebäude manche Um- und Anbauten erfahren, die aber den ursprünglichen Baukörper nicht grundlegend verändert haben, sodass das Gebäude noch heute Zeugnis gibt von
der Architektursprache, die die preußische Regierung für den Bau von Schulen festgelegt hatte. Für die Planung von Schulgebäuden legte diese detaillierte Regeln auf, die in Bauzeitschriften
veröffentlicht wurden. Obligatorisch war die Verwendung regionaltypischer Baumaterialien. Der hier von der KDLK dokumentierte Schulbau weist alle architektonischen Merkmale dieser Bauepoche auf
und ist in allen Details ein anschauliches Architekturzeugnis des ausgehenden 19. Jahrhunderts. Die baulichen Veränderungen, die im nachfolgenden Jahrhundert im Zuge von schulischen
Erfordernissen notwendig waren, vermitteln überdies die signifikante Entwicklung in der Architektursprache. Sie sind heute an der Schauseite und in der inneren Struktur sichtbar.
Symmetrischer dreigliedriger Baukörper
Trotz hartnäckiger Suche konnte die KDLK keine ursprünglichen Baupläne ausfindig machen. Der älteste bekannte Plan stammt aus dem Jahr 1898 und betrifft ein „Projekt zur Herstellung einer
Closet-Anlage und Neukanalisierung“. Die Bauzeichnungen von 1898 zeigen einen symmetrischen, dreigliedrigen Baukörper aus rotem Backstein. Ein zweigeschossiger, ausgeprägter Mittelteil mit hohem
Giebel und Satteldach überragt das Bauwerk. Dagegen sind die beiden Seitenflügel eingeschossig angelegt. Sie tragen ein schlichtes Walmdach. Vier Außenwände, die Schauseite, Rückfront und die
seitlichen Fassaden weisen ein aufwendig gearbeitetes Ziegelmauerwerk auf, mit Gestaltungsmerkmalen des Klassizismus: Rundbogenstil vermischt mit Formen der Neuromanik. Im risalitartig
hervorgehobenen Mittelteil der Schauseite liegt im Erdgeschoss der Zugang mit drei nebeneinander liegenden Einzeltüren. Die rundbogigen Tür- und Fensteröffnungen sitzen in mehrfach gestuften,
rundbogigen Backsteinblenden, im Obergeschoss sind sie als Zwillingsfenster ausgebildet. Die mittlere, höher aufstrebende Bogenblende nimmt über dem Fenster noch ein Okulus auf. Fries und
Fensterbänke aus Blaustein sowie ein Zahnfries prägen die Brüstungsflächen zwischen den Fensterreihen. Gestufte Mauervorlagen trennen und heben den Mittelbau von den Seitentrakten ab.
Rundbogenfries, Zahnfries und abschließendes Blausteingesims bestimmen die Figur des Giebels, der in der Mitte und über den seitlichen Mauervorlagen kaminartige Aufsätze trägt. Ein Metallkreuz
bekrönt die Giebelspitze.
Die flankierenden Seitentrakte der alten Mädchenschule Eupen Oberstadt werden von vier Fensterachsen bestimmt. Rundbogige Fenster mit Sprossenteilung sitzen in oben doppelt gerundeten
Mauerwerksblenden. Fensterbänke aus Blaustein und erhabene Backsteinfelder prägen die Brüstungszone, die auf einem soliden Blausteinsockel aufliegt. Kaminartige Aufsätze sitzen auch auf den
Mauerpfeilern an den Gebäudeecken.
Auf der Rückseite der einstigen Mädchenschule an der Schulstraße verfolgten die Bauherren 1870 das gleiche aufwendige Gestaltungsprinzip wie auf der Vorderseite. Der Mittelbau wurde hier jedoch
als Risalit weit hervorgezogen. Er nimmt zudem vier Fensterachsen auf, die auf die Raumteilung Bezug nehmen. Die Außenwände der Seitentrakte sind fast fensterlos, doch durch Mauerwerksblenden und
Friese aus Backstein wie auf den Schauseiten strukturiert und verziert.
Drei Eingangstüren führten in einen großen Aufenthaltsraum, „Vorplatz“ genannt. Rechts und links dieses Raumes lagen zwei weitere geräumige „Schulsäle“. Das Treppenhaus im rückwärtigen mittleren
Teil zwischen der Küche und einer Kammer führte zum Obergeschoss, in dem zwei kleinere Räume genutzt werden konnten.
Ein ehemaliger Eiskeller?
Nur der linke Flügel des Gebäudes ist unterkellert. Dieser eine Kellerraum wurde auf Bruchsteinmauern errichtet und ist mit einem Tonnengewölbe versehen. Der Boden besteht aus Ziegelsteinen. Hier
stellt sich die Kgl. Denkmalschutzkommission die Fragen: Wozu diente dieser Kellerbau; wer errichtete ihn? Man könnte vermuten, dass es sich ursprünglich um einen Eiskeller gehandelt hat, der
vielleicht von den Bewohnern des Hauses Klötzerbahn 33 in den Hang der Ibernwiesen hineingebaut wurde.
Während etwa 50 Jahren scheint das Gebäude in seiner ursprünglichen Form als Kleinkinder-Bewahranstalt und anschließend als Kindergarten genutzt worden zu sein. Eine Notiz des Jahres 1927
vermerkt, dass der Kindergarten Borngasse geschlossen wurde. Er wurde zum Heidberg verlegt, um an der Borngasse eine Volksschule für Mädchen einrichten zu können. So erfolgte 1928 der erste Umbau
an der Borngasse. Die Größe der Klassenräume musste den Normen angepasst werden. Das alte Treppenhaus wurde beseitigt, ein neues, breiteres entstand. Wichtig schien Stadtbaumeister Hubert
Havenith ein breiter Flur, der bei schlechtem Wetter als Wandelhalle genutzt werden konnte. Von den drei Eingangstüren wurde nur die linke behalten. Nach dem Umbau verfügte das Gebäude über sechs
große Klassenräume im Parterre und drei kleine im Obergeschoss, das lediglich über dem mittleren Bereich ausgebaut war.
Aufstockung der Mädchenschule
Die kostspieligste Umänderung war die Vergrößerung der Fenster. Dies wurde verlangt durch die Lütticher Aufsichtsbehörde. Der Stadtbaumeister schrieb dazu: „Um die Außenarchitektur nicht zu
verletzen, würde ich empfehlen, die zurückliegende Vermauerung auszubrechen, wodurch die Fenster breiter und höher würden.“ Leider wurde sein Projekt nicht angenommen und mussten die
Rundbogenfenster schließlich den rechteckigen weichen, die mehr Licht einließen und die heute die Fassade prägen. Trotz zahlreicher Umbauten in der Folgezeit sind wesentliche Elemente der
Inneneinrichtung aus dieser ersten Umbauphase im Originalzustand erhalten geblieben und können durch entsprechende Baupläne belegt werden.
Aus Verhandlungen der Stadtverwaltung am 28.10.1929 geht hervor, dass die Schülerinnenzahl dermaßen angestiegen war, dass das Lehrerinnenzimmer zur Schulklasse umfunktioniert wurde. 1931 wurde im
Stadtbauamt ein Projekt zur Aufstockung der Seitenflügel ausgearbeitet.
Das Bauamt der Provinz Lüttich beanstandete die Vorlage und verlangte, dass die Fenster, die der Stadtbaumeister an die des Erdgeschosses angeglichen hatte, deutlich größer sein müssten.
Dahingehend änderte dieser die Zeichnung der Fassade, die in dieser Form bis heute erhalten ist. Im vergrößerten Schulgebäude standen nun sechs große Klassenzimmer im Obergeschoss zur
Verfügung.
Den Bauplänen zufolge wurde im Jahr 1943 hinter dem rechten Flügel bis zur Grundstücksgrenze im Erdgeschoss und im Obergeschoss je ein Klassenraum angebaut.
1989 wird der Architekt Michel Renson beauftragt, den freien Raum über den Toiletten durch einen gemauerten Raum auszufüllen, so dass ein zusätzliches Klassenzimmer entsteht. Durch diese
Anbauarbeit geht definitiv die ursprünglich symmetrische Formgebung des Gebäudes verloren und wird sein Volumen unübersichtlich.
Der heutige Zustand des Gebäudes
Auch heute zeigt das Gebäude noch an drei städtebaulich wirksamen Fassaden nahezu unverfälscht die Baugestalt nach den Bauerweiterungs- und Modernisierungsmaßnahmen der 1898er bis 1989er Jahre.
Zu den Formen des Klassizismus kamen seinerzeit die charakteristischen Gestaltungsmerkmale der Reformarchitektur und des Funktionalismus hinzu.
Während beim risalitartigen Mittelbau, abgesehen von den Fenstereinbauten aus jüngerer Zeit, nahezu der Zustand der ursprünglichen Planung bewahrt blieb, haben sich die Seitentrakte durch
Aufstockung um ein Geschoss und neue Fensterformate zwar verändert, jedoch das charakteristische Erscheinungsbild dabei nicht eingebüßt.
Die jeweils vierachsigen, heute zweigeschossigen Seitenflügel sind flach gedeckt, haben im Erdgeschoss rechteckige Fensteröffnungen mit geraden, scheidrechten Ziegelstürzen.
Die Fenster sind in der Breite mit Ziegelvorlagen den Rundbogenfenstern im Mittelteil angepasst. Im Obergeschoss sind die achsial darüber liegenden Fensteröffnungen bis zu den pfeilerartigen
Mauervorsprüngen verbreitert. Die Außenwände der Seitentrakte sind fast fensterlos, doch durch Mauerwerksblenden und Friese aus Backstein, wie auf den Schauseiten, strukturiert und verziert.
Erhaltung einer einheitlichen Architektur
Die alte Mädchenschule ist neben dem ehemaligen Kindergarten in der Unterstadt ein bedeutendes Relikt preußischer Architektur in Eupen. Nach Einführung der Schulpflicht erließ die preußische
Regierung Richtlinien für den Bau von Schulen. Die alte Mädchenschule gibt Auskunft über die Ansprüche der Bauherren seinerzeit.
Das Objekt ist nach Ansicht der KDLK ein Zeugnis für Bauvorhaben zur Verbesserung der Lebensumstände und Zukunftsaussichten der Jugend zur damaligen Zeit. Die preußische Regierung setzte beim Bau
ihrer öffentlichen Gebäude eine unverwechselbare Formensprache durch.
Die alte Mädchenschule weist auch nach den Umbauten im 20. Jahrhundert noch alle Merkmale der Architektur des 19. Jahrhunderts auf. Am ursprünglichen Baukörper sowie bei den Erweiterungen und
Aufstockungen der 1930er Jahre wurde von den Planern stets Wert gelegt auf die Erhaltung eines einheitlichen Erscheinungsbildes. Insbesondere seine Lage an einem Dreiecksplatz spricht für die
planerische Absicht, das stattliche Gebäude mit seiner markanten Fassade im Stadtbild hervorzuheben. Deshalb plädiert die KDLK dafür, die alte Mädchenschule als Baudenkmal zu erhalten.
135. Straßenentwicklung im Bergviertel
Der Begriff Straße war unseren Vorfahren wenig geläufig und taucht in den alten Niederschriften, den sogenannten Laet- oder Grundbüchern nicht auf. Man wohnte „ägen dörep“ d.h. in der Oberstadt,
„aunder gen Haas“, „a gen kerk“, „ä Stockem“, „op gene bergh“, „ä gen Ü‘e“ usw. Es gibt einige wenige Ausnahmen. Um 1645 tauchen in Urkunden und Texten bereits die Namen „Kerckstraet“,
„Judestraet oder Jeudestraet“ und „die Schilsweghe“ auf. Im späten 18. Jahrhundert wurde in der französischen Zeit die Stadt in die Sektionen A, B und C eingeteilt und die fortlaufende
Nummerierung der Häuser wurde eingeführt.
In preußischer Zeit wurde im August 1873 die genaue Bezeichnung der Straßen mit Namensschildern eingeführt und die Häuser wurden straßenweise nummeriert, die ungeraden Zahlen rechts und die
geraden links. 38 Straßennamen wurden aufgeführt. Im Jahr 1913 zählte die Stadt Eupen 46 Straßennamen. Im Jahr 1976 waren es mehr als 120. Nach der Fusion mit Kettenis und durch die Schaffung
neuer Parzellierungen innerhalb der Stadt und am Stadtrand zählt die Stadt Eupen inzwischen über 200 Straßennamen.
Die ersten Siedler in Eupen könnten sich um 1100 längs des Bachs, im Bereich der heutigen Klötzerbahn und unteren Bergstraße, im Schatten einer Anhöhe niedergelassen haben. Die Siedlungen
bestanden fast ausschließlich aus strohgedeckten Holz- oder Lehmhütten.
Die frühe Besiedelung der Unterstadt begann im Jahre 1314 „in der Oe“. Dort hatte sich von den Flüssen Weser und Hill mitgeführtes Geröll abgelagert, und die ehemals reißende Weser schlängelte
sich in zahlreichen Einzelbächen durch diese Geröllmassen. Hier entstand die erste Getreide-Bann-Mühle, die die Wasserkraft einer dieser Weserbäche nutzte.
Im 15. und 16. Jahrhundert wurden in der Oe, aber auch flussaufwärts an beiden Flüssen weitere Mühlen und Eisenhütten errichtet. Den Wesertalbereich mit seinen Betrieben am Fuße des Haasbergs
bezeichnete man „unter der Haas“, die Lage der Mühlen weiter flussaufwärts der Weser erhielten den Namen des Tales, „im Langesthal“. Das Gewerbe längs der Hill prägte die Ortsteilbezeichnung
„Hütte“. Auch der vor Hochwasser sichere Haasberg wurde nach und nach von den Arbeitern der Eisenhütten besiedelt.
Im 17. Jahrhundert dehnte sich die Tuchfabrikation von der Oberstadt auf die Unterstadt aus. Im Jahre 1623 entstand die erste Färberei in der heutigen Haasstraße. Es folgten Walkmühlen an Weser
und Hill, mit deren Wasserkraft die schweren Eisenhämmer zum Walken der Tuche betrieben wurden. Mit der Errichtung dieses neuen Gewerbezweiges erhöhte sich auch sprunghaft die Einwohnerzahl der
damaligen Unterstadt. Das Kataster aus dem Jahre 1693 weist 124 Häuser im Bereich der Unterstadt aus, davon lagen allein 44 im Bereich des Schilsweges, 36 in der Haas und ca. 20 am Haasberg. Im
Jahr 1778 werden für das Gebiet „unter der Haas“ 330 bewohnbare Häuser angegeben.
Die erste Straßenbepflasterung fand in der 2. Hälfte des 17. Jahrhunderts in Eupen statt. Es wurden unbehauene Wesersteine (Wäserpere) verwendet, so wie wir heute noch welche vor dem Klösterchen
finden. Die Karte von 1720 zeigt die mit der Nummer 1 markierten wichtigsten Wege, die wenigstens teilweise einen Steinbelag erhielten.
Mitte des 19. Jahrhunderts wurde eine Verbindung von der Haas zur Oe geschaffen. Die einzige Verbindung zur Oberstadt bestand seit frühester Zeit nur über die Bergstraße. Erst im späteren 19.
Jahrhundert legte man mit der Neustraße eine breitere, gut zu befahrende Verbindungsstraße zwischen Ober- und Unterstadt an. In den Jahren 1845-47 wurde die Straße Eupen-Montjoie gebaut und auf
innerstädtischem Gebiet die Neustraße. Mit dem Rotenberg und der Neustraße entstanden Eupens erste „Umgehungsstraßen“.
Einschneidende Veränderungen erfuhr das Stadtbild in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Die meisten Fachwerkhäuser verschwanden. Mehrstöckige Häuser aus Ziegelsteinen wurden errichtet. Man
schrieb die Einhaltung einer Fluchtlinie vor. Die Straßen wurden durchgehend gepflastert, um dem wachsenden Verkehr gerecht zu werden. Längs der Neustraße und vereinzelten anderen Stellen
verschwanden die Ziegel hinter Zementputzfassaden im neo-klassizistischen und später „wilhelminischen“ Stil.
Im Jahr 1849 wurde die obere Bergstraße zur besseren Höhenüberwindung tiefer gelegt. Die sich heute noch dort befindlichen Stützmauern erinnern daran. Um 1873 wurde der Rotenberg angelegt, für
die damalige Zeit ein Wunderwerk des Straßenbaus.
Auf den Ibern, deren Bergkuppe jahrhundertelang die topographische Grenze zwischen Ober- und Unterstadt bildete, sind in der 2. Hälfte des 20. Jahrhunderts neue Wohngebiete entstanden, d.h. Ober-
und Unterstadt sind an dieser Nahtstelle immer mehr zusammengewachsen. Der Verlauf der ehemaligen historischen Grenze ist nur noch an dem Niveauunterschied im Straßenraum der Bergkapellstraße
nachvollziehbar.
Zeittafel
Bergstraße : Das Viertel am Berg wurde wohl von der Kirchstraße und der Klötzerbahn her recht früh besiedelt. Auf dem ältesten Stadtplan von Eupen (ca. 1720) wird die Bergstraße schon als
Hauptstraße mit nahezu durchgehender Bebauung eingezeichnet. 1734 wird „der Berg“ schon als eigenes Viertel benannt. Der Weg auf den Berg hinauf war sehr steil und schwierig. Deshalb begann man
bereits im Jahr 1829 mit der Tieferlegung.
Haasberg : Die Besiedelung von Haas und Haasberg ist wahrscheinlich auf das 16. Jahrhundert zu datieren. Im Anwesen der Familie Rosenstein am Fuß des Haasbergs fand man ein Stück aus dem
Dachgebälk das die Jahreszahl 1568 zeigt. Das Kataster aus dem Jahr 1693 weist bereits 7 Häuser im Haasberg aus.
Edelstraße : Der untere Bereich des „Äsel“ wurde wahrscheinlich wie der Haasberg bereits im 16. Jahrhundert bebaut; der steile Weg diente als Verbindungsweg von aunder gen Haas zur Judenstraße
(und von dort aus durch die Ibernwiesen weiter Richtung Gospert und Werthplatz)
Judenstraße : Bereits 1580 taucht die Bezeichnung „Jeudestraat“ auf
Bergkapellstraße : Erst bei der Straßenverordnung von 1873 erhielt sie die Bezeichnung. Vorher war ihr unterer Teil dem Ortsgebiet „Tebaaten“, ihr oberer Teil dem „op gene Berch“ (auf dem Berg)
zugeteilt gewesen; bereits Ende des 17. Jahrhunderts wurde auf dem Berg ein Kapellchen errichtet, welches den Abschluss der sieben Fußfälle den Haasberg hinauf darstellen sollte
Hisselsgasse : Im Walhorner Gudungsbuch von 1460 finden wir bereits einen „Lennert Hiesel van Oupen (Eupen)“; dann lesen wir 1584 im „Stockem Latbuch“ von einem „Lennart Hiessel“, wohnhaft „in de
Gatze tzo Eupen“, und schließlich nennt uns 1596 das „Frambach-Laetbuch“ die „Güter des alden Hiesel in de gatze zu Eupen“. Es müssen bedeutende Güter und Ländereien der Familie Hiesel gewesen
sein, denn schon im Jahre 1645 ist die Gasse nach ihnen benannt und das Grundbuch schreibt „Hieselsgatze“, woraus dann in späterer Zeit „Hisselsgasse“ geworden ist.
Olengraben : Wurde 1844-46 im Rahmen des Baus der Landstraße Eupen-Montjoie zur Straße, vorher diente er hauptsächlich als Verbindungsweg zwischen dem Haasviertel und dem Oetal (Ende des 17.
Jahrhunderts werden im Kataster der Stadt Eupen Häuser im Olengraben aufgezählt).
Neustraße : Wurde 1844-46 im Rahmen des Baus der Landstraße Eupen-Montjoie angelegt.
Rotenberg : Die Straße vom Schlachthof über den „Bach“ bis hinauf zur Anhöhe, wie wir sie heute kennen und „den Rotenberg“ nennen, ist ein künstlich angelegter Straßenbau aus dem 19. Jahrhundert.
Sie ist ein Werk des damaligen Eupener Oberbürgermeisters Peter Becker (1850-1881). Mehrere Jahrzehnte lang ließ derselbe hier die Aushuberde und den Bauschutt anfahren, wodurch sein erhöhte
Fahrbahn entstand, die im Jahre 1875 als neue Verkehrsstraße eingeweiht wurde. Vor dieser Zeit verlief der Fuhrverkehr seitlich durch die Wiesenflur „Ettersten“ und stieg dann steil zur Anhöhe
an. Bereits 1710 wurde auf der Anhöhe des Rotenberg ein Waisenhaus errichtet.
Schorberg : 1930 wurde das Haus beim Beginn des Weges von der Edelstraße her gebaut und 1939 entstand dort das Haus Hansen im Alpenlandstil. Hier am Hang wurden dann nach dem 2. Weltkrieg noch
mehrere Häuser gebaut, und nachdem die große Umgehungsstraße das Schorberg durchschnitt, erhielt der ausgebaute, einstige Karrenweg seine Zufahrt auf diese Umgehungsstraße „Frankendelle“, wodurch
der Weg zur Durchgangsstraße wurde.
Ibern(-Siedlung) : Nach dem 2. Weltkrieg wurden die Eybornfluren Bauland. In den Jahren 1951 bis 1955 entstanden die neubesiedelten Straßen „Obere“ und „Untere“ Ibern. 1970 entstanden drei neue
Straßen in der „Baugenossenschaftssiedlung“ im oberen Ibernflurgelände: Maria-Theresia-Straße, Burgundstraße, Brabantstraße. Das letzte Flurstück Ibern/Stockberger Weg erhielt seine Besiedelung
und Straße im Jahre 1976/77 mit dem Lothringer Weg.
Habsburgerweg : Der Fußweg von der Bergstraße zu den Ibernfluren war nach dem 2. Weltkrieg ausgebaut und besiedelt worden, trug jedoch bis zum Jahre 1973 keine eigene Bezeichnung. Die hier
neuerbauten Wohnhäuser blieben der Bergstraße zugeteilt. Der Weg erhielt 1973 den Namen „Habsburgerweg“.
Stockbergerweg : Als um 1920, damit begonnen wurde, den Fußweg von der Judenstraße her zu erbreitern und das Wiesenland zum Bauernland wurde, entstand hier eine Besiedelung. In den dreißiger
Jahren begann die Besiedelung der Wiesen an der Judenstraße. Sie vergrößerte sich nach dem 2. Weltkrieg immer mehr, und im Jahre 1962 legte die Stadt an Stelle des uralten Fußweges eine schöne,
breite Verkehrsstraße Judenstraße-Hisselsgasse an.
Limburgerweg-Ettersten : Im alten Eupen gab es eine große und eine kleine Gasse; beide führten vom Rotenberg her durch das Wiesenland nach Membach. Die große Gasse hieß in der Volkssprache auch
„Membacher Gasse“ (Mömmeckergats). Seit 1971 ist ein Teil des einstigen Karrenweges erbreitert und besiedelt und heißt Limburger Weg.
138. Nachrichten aus dem Bergviertel
In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts entstanden im Bergviertel einige Zeitungen, die versuchten, die lokale Bevölkerung mit Informationen zu versorgen.
Eupener Zeitung
Schon 1869 hatte der Drucker und Verleger Jacob Wehren auf Anregung der Eupener Zentrumsorganisation Constantia den Versuch gestartet; in Eupen eine neue Zeitung zu etablieren. Er nannte sein Blatt, das im Format 28 x 40 cm zweimal wöchentlich (mittwochs und samstags) erscheinen sollte, „Eupener Zeitung, Organ für Politik, Handel, Gewerbe und Landwirtschaft“. Das Blatt wurde bei Carl Julius Mayer in der Borngasse 31 gedruckt. Sein Preis betrug 12,5 Silbergroschen pro Quartal, durch Post und Boten bezogen betrug der Preis 15 Silbergroschen. Der Abonnementspreis für das laufende Quartal war auf 7,5 Silbergroschen festgelegt worden.
Dem ersten Aufruf zum Abonnement folgten zwei weitere Probenummern. Bei einer großen Katholikenversammlung, die am 8. August im Saal Tonnar stattfand, warb selbst die Geistlichkeit für die neue Zeitung. Die Initiatoren der Versammlung, M. Fastré, B. Driessen, M. Speckheuer und Joh. Goor, betätigten sich später alle als Mitarbeiter der neuen Zeitung. Die Abonnentenwerbung bei dieser Versammlung hatte offensichtlich Erfolg. Ab Samstag, 14. August, erschien die ‚Eupener Zeitung‘, nach drei Probenummern, regelmäßig. Sie war, wie in der ersten Nummer versprochen, konsequent katholisch ausgerichtet. Diese Einstellung verlangte in der damaligen Zeit eine kämpferische Haltung gegenüber der Regierung. Sechs Wochen nach der Gründung verkündete die Schriftleitung am 18. September, dass die „Eupener Zeitung“ bereits 400 Abonnenten habe. Jacob Wehren betonte, er beabsichtige, die Leser noch mehr zufrieden zu stellen, besonders durch eine günstigere Regelung der Zustellung und durch eine noch größere Lebendigkeit auf dem Gebiete der politischen und geschäftlichen Mitteilungen.
Jacob Wehren veröffentlichte 1870 eine große geschichtliche Arbeit mit sieben Fortsetzungen über „Eupen und das Limburger Land zur Zeit der französischen Revolution“. Die Zahl der Bezieher stieg nach Angaben des Verlegers noch etwas an. Nachdem Preußen am 16. Juli 1870 gegen Frankreich mobil gemacht hatte, brachte Wehren am Montag, dem 18. Juli, ein nur einseitig bedrucktes Extrablatt heraus. Weitere Extrablätter folgten bei jedem Sieg, den die deutschen Armeen in Frankreich errangen. Ab dem 10. Oktober 1870 ließ Wehren seine Zeitung ohne Preisaufschlag dreimal pro Woche, dienstags, donnerstags und samstags, erscheinen, um seine Leser schnell und umfassend über den Fortgang der Kämpfe zu informieren. Er bot auch ein spezielles Monatsabonnement für 5 Silbergroschen an.
Später füllte Wehren seine Zeilen jedoch immer mehr mit scharfer Polemik gegen die katholikenfeindliche Regierung. Von Ende 1871 an wurden immer weniger Anzeigen veröffentlicht. Daran waren vielleicht die evangelischen Tuchfabrikanten schuld, denn Anfang 1872 handelte 65 Prozent des Zeitungsinhalts vom Kulturkampf. Mit der Nummer 26 vom September 1872 stellte das Blatt, das sich seit dem 13. April 1872 im Untertitel nur noch „Katholisches Organ“ genannt hatte, ohne Vorwarnung sein Erscheinen ein. In dieser letzten Ausgabe aus seinem an der Neustraße 177/2 ansässigen Verlag warb Jacob Wehren noch für die Erneuerung der Abonnements für das am 1. Oktober beginnende vierte Quartal.
Bereits am 12. Oktober 1872 zeigte sich, dass die „Eupener Zeitung“ weitergeführt werden sollte. In der an diesem Samstag erschienenen Probenummer kündigte der neue Herausgeber Eucharius Cormann an, dass die Zeitung, die jetzt keinen Untertitel mehr trug, treu der römisch-katholischen Kirche, in allen religiösen Fragen frei und unabhängig die Gleichberechtigung aller vor dem Gesetz verteidigen werde. Sie werde den lokalen Angelegenheiten ihre besondere Aufmerksamkeit widmen und aufrichtig und loyal die Interessen der Gesamtheit zu wahren suchen. Die Zeitung, deren Expedition sich in der Neustraße 174/12 befand, sollte vorerst einmal wöchentlich und zwar samstags erscheinen. Der Preis betrug pro Quartal in Eupen 10 Silbergroschen.
In der Nummer 12, der letzten Ausgabe des Jahres 1872, sprachen Redaktion und Verlag den immer zahlreicher werdenden Abonnenten und Inserenten ihren Dank für die Unterstützung der gerechten Sache aus. Um die Leser noch eingehender über den Stand der politischen und kirchlichen Fragen unterrichten zu können, werde die „Eupener Zeitung“ im kommenden Quartal zweimal wöchentlich, am Mittwoch und am Samstag erscheinen.
Das plötzliche Verstummen der ersten „Eupener Zeitung“ dürfte auf Schwierigkeiten zurückzuführen sein, die Jacob Wehren wegen seines Kampfes gegen die Regierung mit der Obrigkeit bekommen hatte. Wahrscheinlich war er der Aachener Regierung zu weit gegangen und gerichtlich belangt worden. Daraus hatte der neue Herausgeber seine Lehren gezogen. Eucharius Cormann trat selbst nicht als verantwortlicher Redakteur auf, sondern hielt sich Scheinredakteure, die offiziell als stellvertretend verantwortliche Schriftleiter im Impressum standen, darunter ein Weber namens Leonhard Müllender, der in Eupen als „Sitzredakteur“ bekannt wurde.
Ende Dezember 1873 wurde Leonhard Müllender wegen des Abdrucks eines im „Mainzer Journal“ erschienenen „Briefes an den Kaiser“ in Aachen zu 50 Talern Geldstrafe verurteilt. Kaum vier Wochen später wurde er zum zweiten Male bestraft. Am 6. März 1874 erfolgte die dritte Bestrafung wegen Beleidigung des Fürsten Bismarck. Ein Jahr später wurde Leonhard Müllender wegen des am 24. Februar 1875 erfolgten Abdrucks der Enzyklika „Quod nunquam“ von Papst PiusIX. Zu einer vierzehntägigen Gefängnisstrafe verurteilt. Damit teilte er das Schicksal zahlreicher „Schriftleiter“ katholischer Zeitungen.
Als Leonhard Müllender seine Haftstrafe antrat, wollte ihn der Gefängnisdirektor als Schreibhilfe beschäftigen. Doch da stellte sich heraus, dass der „Redakteur“ des Schreibens kaum fähig war. Auf Anregung des Ministers des Innern der Aachener Regierung kam es zu einer neuen Gerichtsverhandlung. Diese ergab, dass Müllender lediglich Zeitungsausschnitte an die Redaktion lieferte. Dem Scheinredakteur wurde eine Geldbuße von 50 Talern auferlegt, der Verleger der „Eupener Zeitung“ musste die doppelte Summe zahlen.
Seit dem 28. April 1875 zeichnete Eucharius Corman selbst als Redakteur verantwortlich. Er zog sich aber Ende Mai ins Privatleben zurück und widmete sich seinem Buchladen, den er in der Bergstraße eröffnet hatte. Jetzt musste ein neuer Mann gefunden werden, der die Verantwortung für den Inhalt der Zeitung übernahm. Da sich niemand fand, der nicht, wenn er schon verantwortlich sein sollte, auch bestimmen sollte, was in die Zeitung hineinkam, übernahm von der Nummer 43 vom 29. Mai 1875 an der Kaufmann Josef Mennicken vom Vorstand der Constantia-Gesellschaft den Verlag und die Schriftleitung. Die „Eupener Zeitung“ blieb bis 1899 im Besitz der Constantia. Diese verkaufte das Blatt Mitte des Jahres an den Trierer Buchdrucker Hermann Heinrich. Die Zeitung wurde nun in der Kirchstraße 16 gedruckt. Die „Eupener Zeitung“ stellt ihr Erscheinen mit Beginn des Jahres 1917 ein.
Die Eifel und ihre Nachbargebiete
Eucharius Corman, der die „Eupener Zeitung“ im Oktober 1872 übernommen und sich im Mai 1875 ins Privatleben zurückgezogen hatte, um sich als Buchhändler zu betätigen, rief 1901 die Wochenschrift „Die Eifel und ihre Nachbargebiete“ ins Leben. Diese Wochenschrift wollte den Fremdenverkehr in Wort und Bild fördern. Die Zeitung wurde seit dem 26. Mai 1901 im Format 33 x 44 cm von Carl Braselmann in der Eupener Neustraße 18 gedruckt. Von Mai bis September erschien sie wöchentlich, von Oktober bis April einmal im Monat. Bis 1904 fungierte die Corman‘sche Buchhandlung als Verleger dieser Fremdenverkehrszeitung, dann zeichnet Heinrich Amendik, der die Buchhandlung an der Neustraße 27 nach Cormans Tod übernommen hatte, als Herausgeber verantwortlich. 1905 ging das Blatt ein.
Eupener Bürger-Zeitung
Wilhelm Rosenstein widmete sich seiner Buch- und Schreibwarenhandlung, der er noch eine Akzidenzdruckerei angeschlossen hatte, elf Jahre lang. Im öffentlichen Leben der Stadt Eupen blieb er durch seine Mitgliedschaft in vielen Vereinen weiterhin sehr aktiv. Gemeinsam mit dem Uhrmacher und Rechtskonsulenten Jacob Reip gründete er 1901 den „Bürgerverein“, der zwar nach katholischen Grundsätzen geführt werden sollte, den Katholizismus aber nicht als Vorspann für die Interessen der Geistlichkeit und anderer Persönlichkeiten dienen lassen wollte.
Rosenstein hatte den „Bürgerverein“ offensichtlich in der Absicht gegründet, sich im Hinblick auf die Gründung einer neuen Zeitung einen Leserstamm zu schaffen. Am 22. März 1902 erschien die erste Probenummer der „Eupener Bürger-Zeitung“. Wilhelm Rosenstein zeichnete als Redakteur verantwortlich. Die „Eupener Bürger-Zeitung“ erschien nach einer zweiten Probenummer ab dem 5. April 1902 regelmäßig jeden Samstag. Sie kostete 20 Pfennig pro Monat und wurde frei Haus geliefert. Die Expedition befand sich in der Bergstraße 61.
Die neue Zeitung hatte dank der Mitglieder des „Bürgervereins“, dessen genossenschaftliches Eigentum sie zunächst war, sofort etwa 400 Abonnenten und viel Werbung. Das Blatt bestand aus einem Bogen zu vier Seiten, davon anderthalb Seiten Annoncen. Die ersten Ausgaben der neuen Zeitung wurden in Aachen gedruckt. Schließlich schafften die Herausgeber selbst eine Schnellpresse an und ab der Nummer 34 vom 8. November 1902 erfolgte der Druck bei Wilhelm Rosenstein & Co. in Eupen, der nun alleiniger Besitzer der Zeitung war. Die Auflage betrug mittlerweile 950 Exemplare. Rosenstein leitete die „Eupener Bürger-Zeitung“ bis zum April 1909.
144. Kindergarten im Bergviertel
145. Eupen Anno 1849
151. Straßennamen
In den 60er und 70er Jahren des vergangenen Jahrhunderts wurden auf dem Gebiet der Gemeinde Eupen zahlreiche neue Straßennamen eingeführt. Einige davon betrafen auch das Bergviertel: Limburger Weg, Ettersten, Panorama, Habsburger Weg, Maria-Theresia-Straße, Brabantstraße, Burgundstraße, Mettelenfeld, Lothringer Weg und Am Waisenbüschchen tauchten erstmals auf dem Eupener Stadtplan auf...
152. Wiesenfluren im Bergviertel
Zu früheren Zeiten war das Bergviertel geprägt von einer zusammenhängenden Wiesenlandschaft, die die zum Viertel gehörenden Straßen und Plätze umgab. Ibern, Loten und Ettersten legten sich wie ein grüner Gürtel rund um die Anhöhe mit der Bergkapelle. Ein Fussweg, dessen Spuren noch heute zu finden sind, zog sich damals quer durch diese Wiesenfluren.
156. Städtebauseminar der INED
Planungen zur Umgestaltung des Bergviertels gab es immer wieder in der langen Geschichte. Doch während oftmals konkrete Veränderungen daraus resultierten, wie z.B. beim derzeit laufenden Neighbourhodd-Power Projekt rund um den Park Loten, warten andere Vorschläge immer noch auf ihre Umsetzung. Dazu ein passender Zeitungsartikel aus dem Jahr 1991 :
158. Zeitungsmeldungen vom Dezember 1939
160. Bombe auf das Bergviertel
In unserer Reihe „Geschichte(n) aus dem Bergviertel“ berichteten wir bereits darüber, dass am 2. Weihnachtstag 1944 im Rahmen der Rundstedtoffensive ein Bombenabwurf den Platz an der Bergkapelle traf. Dabei waren nicht nur einige Verwundete zu beklagen, sondern auch ein ziviles Todesopfer, der fünfjährige Junge Alfred Julius Gérard, Sohn der Eheleute Julien Joseph Gérard und dessen Ehefrau Gertrud Johanna Croe.
Laut Sterbeurkunde verstarb Alfred Gérard in Eupen, Kehrweg am 26.12.1944 um 16:45 Uhr. Die Zeitungen nach dem Kriege erschienen erst wieder 1945 so dass wir hier nicht den Unfallhergang ermitteln konnten. Da die belgische Sterbeurkunde leider keine Todesursache erwähnen darf, der Tod aber durch den Hilfsfeldhüter Hubert Comuth gemeldet wurde, jedoch kein Wohnsitz angegeben wurde, wurde zahlreiche Senioren im Bereich Kehrweg bis hin zur Unterstadt befragt. Die Witwe Paul Ludwigs, Anna Heins, welche Ende des Krieges 1944 auf der Bergkapelle wohnte, erzählte, dass dort ein kleiner Junge einer Familie Gérard durch Kriegsgeschehen tot geblieben sei. Mit Hilfe der Zeitzeugen Anneliese Kück, Bergkapellstraße 58 sowie Jos. Gustel Cloot, Bergstraße 160, sowie Willy Rotheudt konnte man noch präzise Angaben erhalten.
An der Gabelung der Bergkapelle/Bergstraße hatte die Deutsche Wehrmacht ein etwa 6 x 4 x 3 Meter großes Wasserbecken errichten lassen, um einen Vorrat für Lösch-Notfälle zu haben. Auf dem gefrorenen Wasser spielten im eiskalten Winter am 26.12.1944 nachmittags, alle Kinder der umliegenden Häuser, nämlich Alfred Gérard (Nr. 54) am Toreingang „Aunder gen Löüv/Leuff“, Franzi und Willy Mattar (Nr. 56), Joseph und Heinz Despineux (Nr. 54), Joseph und Heinrich Mennessaire, Berni Cloot und einige andere, als eine Deutsche Fliegerbombe in der Kreuzung der Bergkapelle-Haasberg-Judenstraße-Bergstraße explodierte und rundum ungeheure Verwüstung anrichtete. Mehrere Kinder wurden leicht verletzt, wogegen Alfred Gérard am Unterleib schwer verwundet wurde und Blut verlor. Seine kleine Mutter Johanna Gérard-Croe beweinte das sterbende Kind auf ihren Armen, bevor es durch amerikanische Soldaten ins Lazarett zum Sanatorium im Kehrweg gebracht wurde, wo Alfred dann verstorben ist.
163. Die Baasen
Um die Jahrhundertwende vom 18. zum 19. Jahrhundert gab es in Eupen zahlreiche Baasen, d.h. Weber, die die Tuchmacherei im Familienbetrieb als Nebenerwerb betrieben. Die Einführung der ersten Wollspinnmaschinen ab dem Jahr 1807 brachte einschneidende Veränderung mit sich, die zum Aufstand der Baasen führten...
168. Schmuggler im Bergviertel!
Zu Kriegs- und Krisenzeiten blühte im Grenzgebiet das Schmugglerwesen. Vor rund hundert Jahren führte der Grenzverlauf dazu, dass zahlreiche Schmuggler vom Bergviertel (Te Baaten) zu ihrer gefährlichen Tour aufbrachen. Über diese abenteuerlichen Zeiten berichten die beiden Artikel hier unten...
175. Hartes Leben im Bergviertel
Ein Haushalt ohne Waschmaschine ist heute kaum noch denkbar. Auch Trockenmaschinen erleichtern heute den „Waschtag“. Gewaschen wurde früher aller drei bis vier Wochen, und das gewöhnlich am
Montag. Das weiche Regenwasser aus den Fässern unter der Dachrinne benutzte man dann zum Wäschewaschen. Am Tag vorher stellte man den Zinkwassserkessel auf den Küchenherd, bis die Waschlauge
kochte. Mit einem langen Holzstab bearbeitete man die eingesetzte, kochende Waschlauge. Nachdem die Wäsche lang genug gekocht hatte, gelangte sie mit einem Holzstab in eine auf einem Bock
(Waischschraak) stehende Zinkbütte. Die Hausfrau besaß gewöhnlich ein Waschbrett, das in der Zinkbütte stand. Auf diesem Waschbrett wurde die Wäsche gerieben und mit der Wurzelbürste
„abgerubbelt“. Danach wurde alles gespült und ausgewrungen.
Die Hausfrau, die früher als Erste die Wäsche heißdampfend im Waschtrog auf dem Brett geschrubbt hatte, konnte die damals für alle zugängliche Stadtbleiche für sich beanspruchen. Es waren meist
hohe, dichtgewachsene Buchenhecken, z.B. auf der Bergkapellstraße, über die man die Wäsche zum Bleichen auslegte. Die Frauen lieferten sich regelrechte Wettkämpfe um die öffentliche
Bleiche.
Die gebleichte und getrocknete Wäsche wurde anschließend mit schweren, unpraktischen Bügeleisen geplättet. Erst gab es diese hohen Eisen, in die man noch kleine Kohlen füllen musste. Später
wurden sie von flachen Eisen abgelöst, die auf einer oft rotglühenden Ofenplatte abwechselnd gewärmt wurden. In jedem Falle herrschte beim Bügeln ständig eine hohe Temperatur in der Küche. Die
schweren Eichentische in den Küchen wurden in einer mühsamen Prozedur gereinigt. Man streute Sand darüber und bürstete die Tischplatte mit einer harten Wurzelbürste ab.
Bei ganz armen Familien hatten die Kinder noch kein eigenes Bett. Sie schlugen sich in eine dicke Wolldecke ein und schliefen auf einem Strohsack, der auf dem Boden lag. Eine Korbmacherfamilie
mit 13 Kindern bewohnte eine Zweizimmerwohnung auf der Neustraße. Einer dieser Räume diente als Geschäftslokal, wo eine breite Theke den Raum beherrschte. Abends legte man diese um, füllte sie
mit strohgefüllten Säcken aus und die Kinder legten sich in Löffelchenmethode dicht nebeneinander darauf.
Grünflächen auf städtischem Gebiet durften auf Anfrage von den Anwohnern gemäht werden. Da manche Familien zwei bis drei Kühe hielten, besorgten viele sich so den Futtervorrat für den Winter, und
die Wegeränder waren stets sauber. Früher beherrschten viele Pferdefuhrwerke das Bild in Eupens Straßen. Es wirkte recht gemütlich, wenn die Hufeisen auf die schweren Pflastersteine aufschlugen.
Viele Pferde machen aber auch viel Mist. Ließ ein Pferd in der Straße „Äpfel“ fallen, so lief direkt jemand herbei, um diese mit Hilfe einer Schaufel als Dünger für den häuslichen Garten
einzusammeln. So blieben die Straßen immer frei von Mist.
176. Straßenfeste im Bergviertel
Derzeit sehnen sich sicher viele nach der guten alten Zeit zurück, z.B. in die 80er Jahre mit ihren zahlreichen Straßen-, Viertel- und Pfarrfesten. Im Frühjahr 1981 startete die Initiative zur
Förderung des gemeinschaftlichen Lebens in der gesamten Unterstadt. In manchen Straßen wurde die Tradition über Jahre hinweg weitergeführt. 1987 wurde der 275. Geburtstag der Bergkapelle zum
Anlass genommen, ein Jubiläumsfest für noch bessere Nachbarschaft im Bergviertel zu veranstalten.
177. Wirtschaften im Bergviertel
Diesmal widmen wir uns dem Wirtschaftsleben im Eupener Bergviertel. Zwei Zeitungsartikel beschreiben die Situation in Eupen gegen Ende des 19. und zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Dabei wird auch ein besonderer Blick auf die Lage an den Steigungen geworfen, von denen es im Bergviertel naturgemäß einige gibt. Auch die Kneipenlandschaft „Aunder gen Haas“ und in „te Baten“ wird beleuchtet.
178. Einwanderung im Bergviertel
In den 60er und 70er Jahren war das Bergviertel geprägt von einer Einwanderungswelle vor allem spanischer Gastarbeiter, die zumeist aus kleinen Dörfern der Provinz Leon im Nordwesten Spaniens in
das kleine Viertel am Berg zogen, welches bald schon im Volksmund als spanisches Viertel bezeichnet wurde. Spanische Gottesdienste in der Bergkapelle, ein spanisches Café in der Bergstraße,
spanische Feste und kulturelle Veranstaltungen prägten diese Zeit. Ende der 80er Jahre sorgten diese spanischen Mitbürger sogar für das Überleben eines hiesigen Vereins, des FC Herbestha.
Mitverantwortlich dafür, dass der Verein im Jahr 1968 „aus einer Bierlaune heraus“ ins Leben gerufen wurde, waren die Eupener Richard Henz und Joseph Königshoven. „Wir trafen uns damals am
Wochenende regelmäßig in der Wirtschaft ‚Zum Bierbrunnen‘, die neben der Föderalen Polizei angesiedelt war. Mit wir meine ich, einige junge Männer, die allesamt auf der Herbesthaler Straße
wohnten. Ich kann Ihnen sagen, wenn wir zusammen kamen, wurde immer fleißig Bier getrunken“, erinnert sich Richard Henz mit einem Grinsen im Gesicht und schiebt in einem Atemzug hinterher: „Und
wie das dann so ist, haben wir feucht fröhlich entschieden, einfach mal ein Fußballspiel zu organisieren.“Nach einigen Telefonaten und Briefsendungen war es am 4. Mai 1968 dann so weit: Der FC
Herbestha feierte gegen eine Auswahl der Eupener Gendarmerie sein Debüt auf dem Grün am Stockbergerweg. „Wir haben auf dem alten Platz vom FC Eupen gespielt, den es heute gar nicht mehr gibt, da
stehen jetzt Häuser“, kommentiert Richard Henz.
Im Jahr 1974 zog es die Jungs vom FC Herbestha vom Stockbergerweg „oben“ auf den Spitzberg, wo „einige“ Jahre das Leder rollte. Umgezogen wurde sich damals an der Malmedyer Straße bei Familie
Goebbels, die ihren Keller als Umkleide zur Verfügung stellte. „Das war ein Segen für uns, vor allem in der kalten Jahreszeit. Da mussten wir uns vorher mit Eiswasser in Bütten auf dem Feld
waschen“, stellt der 80-Jährige dar. Mit dem Umzug zum Spitzberg lief es „richtig gut“ für die Jungs von der Herbesthaler Straße – bis zum Jahr 1988. „Da standen wir vor dem Abgrund“, erzählt
Richard Henz und fügt hinzu: „Wir mussten fast aufgeben, weil wir einfach keine Leute mehr hatten. Es gab mittlerweile so viele Amateurklubs in der Umgebung, dass uns der Nachwuchs fehlte.“ Für
Abhilfe sorgte der Spanier Ramon Bayo-Vega, der Mitte der 70er Jahre von der Rom-Werksmannschaft zum FC Herbestha gewechselt war. „Ramon, ein fantastischer Bursche, hatte uns angeboten, einige
seiner in Dolhain und Eupen wohnhaften Landsleute zu mobilisieren, um für den FC Herbestha zu spielen, sodass der Spielbetrieb nach einem knappen Jahr Pause im Jahr 1989 weitergehen konnte“,
berichtet Henz, der heute noch mächtig stolz darauf ist, sich aktiv für die Integration der „spanischen Freunde“ eingesetzt zu haben.
Eingesetzt haben sich die Mitglieder des Vereins seit einigen Jahren auch dafür, das jährlich kulturelle Veranstaltungen auf die Beine gestellt werden. Aushängeschild ist dabei das traditionelle
Spanierfest, das von der spanischen Gemeinschaft in den 60er Jahren ins Leben gerufen und seit 1995 vom Festkomitee des FC Herbestha ausgerichtet wird. „Das waren tolle Abende, die sehr viel zur
Integration beigetragen haben. Vor drei Jahren haben wir das Konzept, das nicht mehr so funktionierte, überdacht und organisieren seither immer im Juni eine Feria“, sagt Präsident Pedro Vicente.
Damit ist es im Jahr aber nicht getan, denn für die Mitglieder werden zudem beispielsweise Ausflüge oder Gemeinschaftsessen organisiert.
Der FC Herbestha hat sich durch die Spanier von einem Verein zu einer Gemeinschaft entwickelt.
Nach Angaben von Richard Henz ist der Klub, seitdem die Spanier an Bord sind, viel familiärer geworden. „Sie sind einfach ein großes Plus für den Klub, der sich durch sie von einem Verein zu
einer Gemeinschaft entwickelt hat“, meint er, „als wir jung waren, war es einfach nicht der Fall, dass Frauen und der Rest der Familie so in den Klub integriert wurden. Wir, die Männer, fuhren
beispielsweise mit den Autos, wovon es damals nicht viele gab, zum Spiel, während die Frauen die Kinderwagen die Hisselsgasse hinauf drücken mussten.“
„Gedrückt“ werden müssen die Mitglieder des ältesten noch aktiven Eupener Amateurklubs übrigens nie zur „dritten Halbzeit“. „Da kommt jeder gerne aus freien Stücken“, erzählt Präsident Pedro
Vicente. „Und das war schon immer so“, fügt Richard Henz hinzu. Seit der Gründung ist das Miteinander abseits des Spielfeldes ein „extrem wichtiger Bestandteil“ des Vereins geworden. „Die ‚dritte
Halbzeit’ hält uns seit 50 Jahren zusammen. Und ich bin mir sicher, dass der Verein, den ich mir, nebenbei bemerkt, nicht mehr ohne Spanier vorstellen kann, mit dieser Mentalität noch einige
Jahre, nein Jahrzehnte, noch bestehen bleibt.“
179. Integration der Spanier im Bergviertel
In den 60er und 70er Jahren war das Bergviertel geprägt von einer Einwanderungswelle vor allem spanischer Gastarbeiter, die zumeist aus kleinen Dörfern der Provinz Leon im Nordwesten Spaniens in das kleine Viertel am Berg zogen, welches bald schon im Volksmund als spanisches Viertel bezeichnet wurde. Spanische Gottesdienste in der Bergkapelle, ein spanisches Café in der Bergstraße, spanische Feste und kulturelle Veranstaltungen prägten diese Zeit. Dass auch damals schon die Integration nicht immer so einfach war, zeigt ein Zeitungsartikel aus dem Jahr 1977.
180. Integration der Spanier im Bergviertel
In den 60er und 70er Jahren war das Bergviertel geprägt von einer Einwanderungswelle vor allem spanischer Gastarbeiter, die zumeist aus kleinen Dörfern der Provinz Leon im Nordwesten Spaniens in das kleine Viertel am Berg zogen, welches bald schon im Volksmund als spanisches Viertel bezeichnet wurde. Spanische Gottesdienste in der Bergkapelle, ein spanisches Café in der Bergstraße, spanische Feste und kulturelle Veranstaltungen prägten diese Zeit. Dass auch damals schon die Integration nicht immer so einfach war, zeigt ein Zeitungsartikel aus dem Jahr 1986.
181. Warten auf... den König
Am Mittwoch, dem 16. Mai 1979 konnte man folgenden Artikel in der Zeitung lesen, der eindeutig in die Kategorie "Anekdoten aus dem Bergviertel" einzuordnen ist...
182. Vom Eupener Verkehrswesen in früherer Zeit
186. Die Tour de France im Bergviertel
Immer wieder während den heißesten Wochen des Jahres zieht sie Millionen von Franzosen und Fans aus aller Welt an den Straßenrand, um ihren Helden zuzujubeln: die Tour de France, auch "La grande boucle" genannt. Im Jahr 1965 drängten sich auch die Berger in Haasberg und Olengraben, um die Durchfahrt der großen Runde in Eupen hautnah zu erleben...
189. Die Karren- und Frachtfuhrmannszeit
Auf den ostbelgischen Bauernhöfen und in zahlreichen Unternehmen gab es viele Jahrzehnte hindurch zahlreiche Wagen- und Karrenarten, die von Ochsen, Kühen oder Pferden gezogen wurden. Alle diese
Fahrzeuge wurden von Hand angefertigt: Radbeschläge, Karrengestelle, die großen Holzräder, die Speichen aus Eichenholz und Naben, die aus einem dicken Baumstamm herausgeschnitten und auf einer
Drehbank gedreht wurden. Sie hatten einen Durchmesser von 20 cm und waren ebenfalls aus Eichenholz. Um die Radspeichen herzustellen, arbeitete der Stellmacher mit Schabhobel und Beil. In der
alten Schmiede an der Eupener Judenstraße, die 1975 von der Bildfläche verschwand, arbeiteten sie an einer Drechslerbank, die von zwei Arbeitern mit einem Schwungrad angetrieben wurde, lange Zeit
noch im Schein der Tran- oder Petroleumlampe, um die zahlreichen Reparaturarbeiten an den Wagen und Karren der Landwirte auszuführen. Auf der uralten Drechslerbank entstanden die Einzelteile für
einen damaligen Pferdewagen.
Bei dieser manuellen Herstellung benötigte man allein für zwei Wagenräder zwei Wochen – heute wäre das eine Arbeit für wenige Stunden. Bis weit in die Judenstraße hinein standen die
reparaturbedürftigen Wagen, die angesichts des mühsamen und langsamen Arbeitsvorgangs längere Zeit für den Bauern oder Fuhrmann entbehrlich sein mussten. Die Vielzahl der Aufträge und die rund 20
zu beschlagenden Pferde pro Tag ließen die Stellmacher und Schmiede in ihrer Arbeit fast ersticken. Die Radbeschläge wurden von Hand geschnitten, in zwei großen Feuern erhitzt und dann das
bereits fertiggestellte Rad gepresst. Nach dem Auflegen wurde das Radband mit dem Hammer in die richtige Lage gebracht und die Endstücke dann zusammengehauen. Beim Erkalten zog der Reifen sich
dann fest auf die Felgen. Geschmiedet wurde in einem durch Kohle geheizten Feuer, das zunächst durch einen handbetriebenen Blasebalg und später von einem Zylindergebläse aufrechterhalten
wurde.
Zum Transport von Lasten, z.B. von Heu und Getreide, besaß man einen vierräderigen Leiterwagen. Diese Heu- oder Leiterwagen fand man damals auf jedem Bauernhof. Sie wurden zum Einfahren von Heu
oder Grummet benutzt. Der eigentliche Wagen bestand aus zwei Seitenleitern, die vorn und hinten von je zwei Sparren mit Eisenösen zusammengehalten wurden. An den Wagenenden befanden sich je zwei
2m hohe Bäume. Oben auf der Heuladung befand sich der sogenannte „Wiesbaum“. An demselben befanden sich Ketten, die mittels einer Kurbelwelle das Heu niederdrückten und es so transportfähig
machten. Nach dem 2. Weltkrieg sah man auf den Bauernhöfen die gummibereiften Karren und Wagen, die hinter die immer zahlreicher werdenden Traktoren gespannt wurden.
Die Gassen und Hohlwege über den Berg zwischen dem Teil unter der Haas und Ober-Eupen liefen oft zu mehreren in verschiedener Höhe parallel. Der ältere Weg war durch das von den Hängen fließende
Wasser unfahrbar geworden, und die Fuhrleute mussten höher am Hang sich neue Fahrwege bahnen. So lagen an einer Stelle vier Fahrstraßen übereinander. An anderen Stellen konnten die Fahrstraßen
tiefer gelegt werden. Das war die Zeit des endlosen Vorspanns und der zahllosen Fuhrmanns-Schenken. Da fuhren ein oder zwei PS mit Wagen, Kutschen und Fuhrwerken den Olengraben auf und ab. Ganz
gemütlich ging es von einem Stadtteil zum anderen. Nur wenn die Last zum Aufstieg des Olengrabens zu schwer war, wurden ein oder zwei Pferde ab Malmedyer- oder Haasstraße vorgespannt bis
Thebaten. An der Pferdetränke in Thebaten wurde haltgemacht. Die Pferdetränke war also das Rendez-vous der Tiere und ihrer Führer. Zwei kleinere Becken dienten den Durst der vierbeinigen
Begleiter der Fuhrleute zu stillen. Rund um das Mittelbecken steht in Buchstaben ausgehauen: „Diese Gabe werde zur Labe“. Im Sommer wie im Winter herrschte hier reges Leben. Mensch und Tier
ruhten aus, und wenn die Tiere ihren Durst stillten, taten die Fuhrleute dasselbe in dem an der Ecke Neustraße gelegenen Restaurant.
191. Denkmalpflege in Eupen
Von Kriegen und Katastrophen weitgehend verschont finden sich in Eupen zahlreiche alte Gebäude aus unterschiedlichen Epochen und Baustilen. Besonders in den alten Stadtteilen, wie dem Bergviertel, sind viele alte Fassaden und Baudenkmäler zu entdecken. Schon immer stellte sich die Frage nach dem Erhalt und der Pflege dieser stummen Zeitzeugen, die doch so viel zu erzählen hätten...
195. Eine-Welt-Feste im Bergviertel
Zu Beginn des neuen Jahrtausends fanden im Animationszentrum Ephata und im angrenzenden Park Loten „Eine-Welt-Feste“ statt, die das Kennenlernen der verschiedenen Kulturkreise im Bergviertel
begünstigen sollten. Rund 500 Gäste aus mehr als 25 verschiedenen Nationen gaben ein buntes Bild von der Vielfalt, die seit jeher das Bergviertel prägt...
198. Der 11. September 1944
Am 11. September 1944 rückten amerikanische Truppen über die Unterstadt und das Bergviertel nach Nordosten vor, weiter Richtung Raeren, Eynatten und Roetgen. Nur fünf Jahre nach dem besagten
Datum blickte das Grenz-Echo auf die Tage der Befreiung zurück...
201. Regengässchen und Strohdächer
Wer vor 150 Jahren Eupen durchwanderte, so ein Chronist aus dem Jahre 1904, musste eher annehmen, in einer Landstadt als in einer Industriestadt sich zu befinden. Drei Viehherden zogen, sobald
der Grasaufwuchs im Frühjahr es erlaubte, in Zahl von je 50 bis 100 Stück Rindvieh jeden Morgen dem Walde zu. Durchwintert musste das Vieh in den Ställen werden, und dieser Umstand verlangte das
Vorhandensein einer großen Anzahl von Stallungen, die denn auch – bisweilen in recht abfälliger und unschöner Weise – die mitunter ebenfalls kaum mehr standfähigen Wohnhäuser, namentlich im
Schilsweg, Düvelscheidt, Thebaten und Judenstraße, flankierten.
Neben der Viehzucht wurde auch der Kartoffelanbau, besonders von der Arbeiterbevölkerung eifrig betrieben, da das nötige Ackerland von den Bauern gerne unentgeltlich geliefert wurde. Bedingung
war allerdings eine gute Düngung des Bodens, woraus der Landwirt dann indirekt seinen Nutzen zog. Notwendige Voraussetzung war nun die Beschaffung des Düngers, was denn auch mit allem Eifer
Geschah und nicht bloß für eigene Verwendung, sondern auch zum Weiterverkauf an die Landwirte. Über die Frage, wo der Dünger gelagert werden sollte, war man weniger skrupellos. Wer keinen eigenen
oder gemieteten Dungplatz hatte, nahm einfach einen Gemeindeplatz dafür in Anspruch, und so kam es denn, dass in manchen Straßen Düngstätte an Düngstätte sich reihte, und wer den höchsten Haufen
hatte, war der beste Mann.
Im grellen Gegensatz zu den prächtigen Häusern der Arbeitgeber standen die meisten Arbeiterhäuser. Die meisten warn noch in Fachwerk aus Holz und Lehm einstöckig gebaut und mit Stroh bedeckt,
seltener mit unregelmäßigen Schieferplatten. Zu wiederholten Malen entstanden Feuersbrünste, durch welche in den strohbedeckten Häusern aufgeräumt wurde, so in Nispert, Düvelscheidt, Schilsweg,
Judenstraße und am Rotenberg. Erst als nach 1800 wallonische Ziegelarbeiter sich in Nöreth niedergelassen hatten, baute man allgemein aus Backsteinen. Die Maurer stammten fast nur aus Raeren,
weil die Eupener Arbeiter sich für dieses Gewerbe zu gut hielten. Die Strohdächer verschwanden ganz erst um 1850.
Wohl meistens war der Hauptgiebel zur Straße gerichtet, so dass das Regenwasser nach den Seiten ablief zum Nachbarn hin. Um nun die Durchnässung der Häuser zu vermeiden, ließ man Zwischenräume,
die sogenannten „Regengässchen“. Im übrigen lagen die Häuser stellenweise in engen Gassen dicht beieinander. Überall gab es tief ausgefahrene Gassen, z.B. von und nach Stockem, Nöreth, Nispert,
zur Hütte, Bellmerin usw. Eine Verbindung der Haas mit der Oe für Fuhrwerksverkehr bestand lange Jahre nicht. Diesem Übelstand wurde durch den Bau der Straße von der Haas nach der Oe 1854
abgeholfen. Bis dahin gab es von der Haas das kleine „Jouchegätzke“, auch „Rümeschgätzke“ genannt und von Thebaten her führte das „Kriemesch Bergelche“ hinab in das Oetal. Diese kleinen Wege
dienten den Arbeitern in den Betrieben des Oetals als Arbeitswege. Wohnungsmangel war damals ein ständiges Übel für die damals zahlreichen kinderreichen Familien. Durch den Webstuhl und andere
Geräte wurde der Wohnungsraum noch mehr eingeengt. In diese Enge ließen kleine und manchmal unregelmäßig verteilte Fenster mit trüben Scheiben nur wenig klares Licht.
222. Woche der Mobilität
2002 wurde erstmals europaweit eine Woche der Mobilität organisiert. Wie bereits in der Vergangenheit wenn ähnliche Aktionen durchgeführt wurden, bildete das Nadelöhr an der Kreuzung Rotenberg/Neustraße/Olengraben/Bergkapellstraße einen besonderen Brennpunkt in der Berichterstattung der Medien. Zwei Zeitungsartikel aus dem Jahr 2003 geben Zeugnis von den damaligen Experimenten...
223. Rundfunk aus dem Bergviertel
Seit 1995 ist das Sendehaus des Belgischen Rundfunks auf den Anhöhen des Schorberg angesiedelt. Doch bereits in den 80er Jahren wurde aus dem Bergviertel gesendet. Der private Sender Radio Aktivität, aus dem später Radio Contact wurde, sendete zunächst von der Ecke Schönefeld/Kehrweg bevor er 1984 in ein leerstehendes Haus an der Judenstraße umzog. Ein Blick zurück in diese Blütezeit der „Piratensender“...
225. Bauliche Entwicklung in Eupen
1952, im 25. Jahr seines Bestehens, warf das Grenz-Echo einen Blick zurück auf die bauliche Entwicklung der Hauptstadt der Ostkantone nach dem ersten Weltkrieg. Damals bestanden weite Teile des Bergviertels noch aus Weide- und Wiesengründen, doch es schien bereits klar, dass diese bald schon eine erhebliche Vermehrung der Bauten in zentraler Lage erlauben würden...
228. Umweltverschmutzung in den 60ern
Dass Umweltverschmutzung, Vandalismus und achtlose Hundebesitzer nicht erst ein Problem unserer Tage sind, davon zeugt folgender Zeitungsartikel aus dem Jahre 1963, dessen ‚Problemzonen‘ auch im
Bergviertel anzutreffen sind...
229. Als die Häuser noch Namen hatten
Lange bevor es ein System von Hausnummern gab, war es in früheren Zeiten üblich, Häuser mit Hausnamen zu versehen. Hier einige Beispiele aus dem Bergviertel:
Das Haus „d ́r Helm“und „Irebreïtsteen“
1735 berichtet das Laetbuch:„zwei huyser anden bergh in die mitt der strass auf die halbswheydt der plaets das Helmhuys gewauwht....“ Diese Eintragung führt zu der Annahme, dass zu dieser Zeit
die Breite der heutigen Bergstraße sich noch vom Abhang „Am Berg“ bis zum Heukebend (heute Parkplatz Fuhrpark) unbesiedelt ausdehnte und dass die beiden Häuser dort gebaut wurden, wo sich heute
die Häuser Bergstraße 32 bis 40 befinden. Den Hausnamen Helm erhielten sie nach der Flurbezeichnung „gegen den helm“ die schon im Katasterbuch von 1645 auftritt. „Irebreïtsteen“ tauften die
Eupener die Häuserzeile Bergstraße 68-72, die seit der Tieferlegung der Straße im 19. Jahrhundert oberhalb einer hohen Stützmauer thronen. Ein Anblick, der an die Festung Ehrenbreitstein bei
Koblenz erinnert. In einem „dr Flög“ genannten Haus an der Holundergasse wohnten einst die Brüder Nikla und Jupp Dohm.
Rolandseck
Am Karnevalssamstag 1955 wurde an der Ecke Bergstraße/Neustraße eine eine neue Wirtschaft mit dem Namen »Rolandseck« eröffnet. Den Namen übernahm die Kneipe von einer Gaststätte an gleicher
Stelle aus der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg.
Haus Edelstraße 7 : ‚de ô Apotiek‘
Das Haus steht auf dem alten Besitz des herzoglichen Försters Lennert Moeckel. 1740 findet sich dort die Angabe von einem neuerbauten Wohnhaus. Vermutlich ist Johann Salm der Erbauer. ‚de ô
Apotiek‘ - so wird das Haus noch heute von den Hääsern genannt, weil sich dort einst die Löwen-Apotheke von Peter Raisin befand, der es seinerseits von dem Apotheker Heinemann erworben hatte. Im
Eupener Adressbuch des Jahres 1886 werden drei Apotheken aufgeführt: die Löwenapotheke in der Edelstraße, die Adler-Apotheke in der Bergstraße und die Schwanen-Apotheke in der Kirchstraße.
Haasberg
Im 18. Jahrhundert gab es schon Färbereien im Gebiet der Haas. Zur Ausübung ihrer Tätigkeit mussten sie über ein größeres Gelände verfügen, um die gefärbten Tuche zu trocknen. Die Orte solcher
Anlagen sind uns bekannt unter der Bezeichnung „Rahmen“. Die hölzernen Rahmen waren in den Hängen des Schorbergs, des Haasbergs und des Olengrabens aufgestellt. So heißt der Seitenweg vom
Haasberg zur Bergkapellstraße noch heute „ä gen Rahme“. Die Häuserzeile 9 bis 15 im dortigen Bereich des Haasbergs belegte der Volksmund mit der Bezeichnung „de Lokomotiv“. Im 18. Jahrhundert
betrieb bei jener Örtlichkeit im Haasberg, die im Volksmund „op gene Balkong“ heißt, die Familie Gensterblum ihre Tuchmanufaktur. Direkt unterhalb davon befindet sich der „Prummehuck“. Dies ist
die Bezeichnung für die gegenüber dem Hause op gene Balkong an der Ausbuchtung des Haasbergs liegende Häuserzeile.
230. Kreuz und quer durch Eupens Altstadt
Der vorliegende Artikel, ein Auszug aus dem Büchlein „Kreuz und quer durch Eupens Altstadt“ von Claire Meyers-Michel, führt uns auf einen Streifzug durch Alt Eupen, insbesondere durch das Viertel
an Berg und Haas. Wir beginnen unseren Rundgang in der Haas:
An der steilansteigenden Edelstrasse „Op gene äsel“ liegt abseits im Hang „der Mousel“, ein älteres Haus, das vielleicht den Namen seines Erbauers trägt. Auf der linken Seite liegt hinter hohen
Trauereschen „der Knöckel“. Auf einem Balken des Dachstuhls ist die Jahreszahl 1568 zu lesen. Weiter aufwärts im Haasberg ist das große, rechts liegende Haus als „Balkong“ bekannt. Diesem
gegenüber, ganz in der Ecke, liegt der „Prummehuck“, ein sonderbarer Name!
Warum die kleine Straße zwischen Haasberg und der unteren Bergkapellstraße „ägen Rahmen“ heißt, weiß jeder Eupener zu deuten, der ein wenig von dem Trocknen der Tuche zur Zeit der blühenden
Tuchindustrie zu berichten weiß.
Die Haas wurde bekanntlich erst 1854 durch einen Weg mit der Oe verbunden. Die Fuhrwerke, welche zu den Fabriken Mayer und Krantz fahren mussten, benutzten einen breiten Weg, der heute im
Olengraben nur mehr als Gasse zu erkennen ist, und im Volksmund mit „Kriemesch Bärgelche“ benannt wird.
Der einzige frühere Verbindungsweg von Thebaten zur Oe war die „Teichgasse“, die auch heute noch besteht und gegenüber der Kohlenhandlung Kirch in die heutige, breite Straße nach Membach
einmündet. Wie soll man den Namen „Thebaten“ deuten? Wo liegt „Thebaten“? Man bezeichnet so die Häuser hinter dem Rondel auf dem Rotenberg. Vielleicht weil diese Häuserreihe dahinter lag „der
bate“? Von „Thebaten“ aus führt eine Gasse nach Membach. Nach genauen Ermittlungen von Vermessungsingenieur W. Berens ist nur diese Straße bzw. Gasse am Zentrum für handwerkliche Berufsausbildung
und an den neuen Kinderheimen vorbei, amtlich als „Langgasse“ zu bezeichnen. Vor dem Rondel schmückte einst die schöne Pferdetränke das Stadtbild. Leider musste sie der Majestät Verkehr
weichen.
Die Neustraße ist , wie der Name sagt, neueren Datums, wurde sie doch erst um die Jahrhundertwende ausgebaut. Deshalb finden wir hier selten Originalbenennungen, es seien denn die
Gaststätten.
Die obere Neustraße wird durchschnitten von den sogenannten „Loten“, d.h; die Latscheide aus der Zeit der Lathöfe. „Auf den Loten“ finden wir in preussischen Amtsbüchern mit „auf den Lüften“
übersetzt. Der Beamte übersetzte „loot“ Luft, also auf den Lüften. Als 1889 in Eupen große Arbeitsnot herrschte, ließ die Stadtverwaltung, um Leute zu beschäftigen, den „Rotenberg“ anlegen, so
genannt wegen des vorhandenen Rotschiefers. Die links und rechts liegenden Wiesen waren beliebte Rodelplätze. Links heißt es „ägen Etterste“.
Auf der Bergstraße ist dem Einheimischen „Fänke Gang“ bekannt. Es handelt sich um die Häusergruppe, die quer zur Straße angelegt ist. Das Bauerngut heißt „Loten“. Unterhalb „Fänke Gang“ liegt
„Ehrenbreitstein“. Wer die Festung Ehrenbreitstein am Rhein schon gesehen hat, kann, mit viel Phantasie, eine Ähnlichkeit im Miniformat mit den vier auf der kleinen Anhöhe gebauten Häusern
erkennen. So schmiedet der Mann aus dem Volke seine Namen!
„Bate gen Bärg“ können wir noch manche alte Häuser aufspüren, wenn auch deren Fassaden modernisiert wurden. Eine alte Eupenerin nannte die kleine Verbindungsstraße zwischen Bergstraße und Am Berg
„der Bloumekül“ (Blumenkohl). Gerade in dieser Gasse kann der aufmerksame Beobachter eine schöne, alte Eupener Sitte wahrnehmen. Über der Eingangstüre der meisten Häuschen hat man eine kleine
Nische einarbeiten lassen, in der hinter Glasschutz eine Heiligenfigur stand. Leider stehen dieselben heutzutage leer. Eine Ausnahme macht das Haus, anno 1733, Klosterstraße 2, dessen Nische noch
„bewohnt“ ist.
Eingangs des „Holundergässchens“, das „Bate gen Bärg“ mit der Borngasse verbindet, stand vor Jahren „der Flock“, die Residenz mancher Eupener Originale, so Dohme Jupp und Bruder Nikela,
Weschklettje, Schnöse Jännche, und a.m.
244. Fußwege durch die Eupener Wiesenfluren
249. Neue Wege für die Pfarrprozession
Mit der Erschließung neuer Wohngebiete rund um das alte Viertel von Berg und Haas stellte sich Anfang der 70er Jahre auch die Frage nach neuen Wegen für die unterstädter Pfarrprozession. Diese
zieht zum Kirchweihfest an St. Josef aus, das immer am Sonntag nach Mathias, dem 21. September, begangen wird. Im Jahr 2022 jährt sich die Einrichtung der St. Josefs-Pfarre übrigens zum 150. Mal.
Bis 1974 gab es drei sogenannte „alte Wege“, die abwechselnd von der Prozession begangen wurden:
1. zur Bergkapelle und zurück
2. zur Hütte und zurück
3. zur Monschauerstraße und zurück.
Ab 1974 wurden auch die neuentstandenen Wohnviertel Ibern, Selterschlag, Obere Rottergasse und Binsterweg, Mettelenfeld und Stockbergerweg sowie das Altenheim St. Josef, der Limburger Weg und Am
Waisenbüschchen abwechselnd mit den „alten Wegen“ von der Haas-Prozession berührt.
Da die Beteiligung der Gläubigen in den letzten Jahren stark nachgelassen hatte, gestaltete eine Gruppe von Pfarrangehörigen im September 1994 die Prozession erstmals neu. Ab Parkplatz Kabelwerk
– im Pang war der erste Segen – ging es über den Selterschlag zur ehemaligen Nadelfabrik (2. Segen) über Hütte, Haagen, Weser- und Haasstraße zum Kirchplatz (3. Segen). 1995 fand die erste
thematische Pfarrprozession statt, mit szenischen Darstellungen aus dem Leben des hl. Franziskus durch eine Pfadfindergruppe, an den drei Altären am ehemaligen Sanatorium (dort war auch der
Abgang), an der Bellmerin-Brücke und auf dem Kirchplatz. 1996 gestalteten Jugendgruppen und junge Familien die Pfarrprozession unter dem Thema „Drei Schritte in Richtung Gott“. Abgang war im
Langesthal „an der Cluse“, weiter ging es über Ecke Obere Rottergasse-Binstert mit dem zweiten Segen über Hütte, Schilsweg und Haasstraße zum Kirchplatz. Inzwischen bemühen sich die
Verantwortlichen der Pfarrprozession im jährlichen Wechsel alle Teil der St. Josefs-Pfarre in die Prozession mit einzubeziehen. Übrigens streift immer wieder auch die Fronleichnamsprozession der
beiden Eupener Stadtpfarren, die traditionell von der St. Nikolaus-Pfarrkirche auszieht bzw. dort endet, das Gebiet des Bergviertels, insbesondere die Bergkapelle.
251. Alte Gewerbe im Eupener Land
Es war eine romantische Zeit im Bergviertel, die Fuhrmannszeit. Als nach dem ersten Weltkrieg die Kraftfahrzeuge lohnender wurden, als Autos die Pferde und Fuhrwerke ablösten, waren Pferdewagen kaum noch gefragt. Die zahlreichen Schmieden in Eupen, es waren mehr als ein Dutzend, die sich bis dahin nicht über Arbeit und Kundschaft zu beklagen hatten, mussten sich langsam auf andere Arbeiten umstellen. Es gab nicht nur Hufschmiede. Auch Nagel- und Wagenschmiede, sowie Stellmacher hatten alle Hände voll zu tun.
Mathar auf der Judenstraße war als die älteste Huf-, Nagel- und Wagenschmiede bekannt, klang doch hier der Schmiedehammer seit 300 Jahren, und erzählten Amboss und Schmiedefeuer aus der Geschichte eines jetzt fast ausgestorbenen Gewerbes. Der Hufschmied behufte oder beschlug die Pferde, deren Zahl man noch um 1900 in Eupen auf 400 Stück einschätzte. Der Nagelschmied fertigte die Nägel an. Alles war Handarbeit. Der Wagenschmied schuf alles, was an einem Fuhrwerk oder Wagen aus Eisen hergestellt wurde, so Eisenbeschläge, Achsen, Ringe usw. während der Stellmacher oder Wagenbauer den Holzkasten, die Räder, Deichseln usw. herstellte.
Die Fuhrwerke wurden von den Fuhrleuten bedient – in der Mundart Vormer genannt. Noch 1934 befand sich am Rotenberg eine Pferdetränke, ein Kunstwerk des Eupener Bildhauers Stüttgen, das für den modernen Verkehr aus dem Straßenbild verschwinden musste und erst nach vielen Jahren wieder an seinem alten Standort errichtet wurde. Die Vormer waren manchmal Künstler im Peitschenknallen, ebenso wie sie soft unübertrefflich waren im Fluchen, Schimpfen und Trinken. Die Fuhrleute waren bei Fuhrunternehmen beschäftigt, so z.B. bei Mostert am Berg oder bei Kremer im Olengraben. Die Fabriken verfügten weder über Pferde noch Fuhrwerke. Man ließ Waren von Fuhrwerken bringen und abholen zum Versand. Der Fuhrunternehmer besorgte auch Möbeltransporte, wozu er meist einen großen Möbelwagen zur Verfügung stellte.
Eiserne Ringe an verschiedenen alten Häusern und Schänken, besonders an ansteigenden Straßen wie dem Olengraben oder der Bergstraße dienten dazu, die Vorspannpferde anzubinden. Das Verleihen dieser Vorspannpferde war auch ein Gewerbe dieser Zeit, das seinen Mann ernährte, aber auch mit dem Abbau des Fuhrwerkverkehrs begraben werden musste.
268. Das Bergviertel zur Biedermeierzeit
Als Biedermeier wird die Zeitspanne vom Ende des Wiener Kongresses 1815 bis zum Beginn der bürgerlichen Revolution 1848 in den Ländern des Deutschen Bundes bezeichnet. Der preußische Staat, zu dem Eupen seit 1815 gehört, ist arm und muss sparen. Die Tuchindustrie hat ihre meisten und besten Absatzgebiete durch die politische Neuordnung verloren. Es herrscht hohe Arbeitslosigkeit und schlimme Not. Bei solchen wirtschaftlichen Verhältnissen ist für eine Verschönerung der Stadt natürlich kein Geld vorhanden. Eine Reihe von Straßen am Rande des Ortes ist noch nicht im heutigen Sinne ausgebaut. Die Neustraße gibt es noch nicht; die steile Bergstraße ist die einzige Verbindung für Fahrzeuge zwischen Ober- und Unterstadt. Der Olengraben ist noch ein wirklicher Hohlgraben, der hauptsächlich als Verbindungsweg zwischen dem Haasviertel und dem Oetal dient (die Oestraße wurde erst 1854 angelegt). Bäume, Sträucher und Grasplätze sind fast unbekannt; Heidberg, Bergkapellplatz, Haasberg sind wüste Anhöhen. An der unteren Bergstraße und im Werth befinden sich große Tümpel. Die Häuserreihen sind nicht überall geschlossen. Es sind vor allem unansehnliche Fachwerkhäuser, viele davon noch 1830 mit Stroh gedeckt. Für diejenigen, die nicht im Hause eine Zisterne oder einen Brunnen besitzen, stehen öffentliche Brunnen sowie eine Reihe von Pumpen zur Verfügung.
Das Eupener Ortsgebiet „Rotenberg-Batenbergh-Te Baten“ mit seinem weitausgedehnten Wiesenland dürfte seines ländlichen Charakters wegen eher als ein „Bauernviertel“ zu bezeichnen sein. Wie es dort aussah vermittelt uns am besten der Bericht eines Brandunglücks im Jahre 1825.
Am 12. Oktober dieses Jahres brach in den rothen Berghe gelegenen, mit der Nummer 840, 841, 842 bezeichneten Häusern Feuer aus, welche gänzlich eingeäschert wurden. Alle drei Häuser, oder vielmehr Hütten von Holz und Lehm und mit Stroh gedeckt, wurden von armen Leuten bewohnt und hatten sozusagen keinen Wert; Rettung war unmöglich und bald nach Ausbruch des Feuers stürzten Dächer und Mauern zusammen. Am 17. selbigen Monats wurden in geringer Entfernung von jenen abgebrannten Hütten, mit Nr. 854, 855, 856 bezeichneten Häuser ein Raub der Flammen. Es war die Wahrscheinlichkeit vorhanden, dass der Sohn der Witwe Johann Brossel, die das Haus unter 856 bewohnte, bei welchem man periodische Anfälle von Verrücktheit öfters wahrgenommen hat, eine brennende Lampe in das Strohdach befestigt hat, wodurch dieser Brand ausgebrochen ist.
Jugend hat auch in der Biedermeierzeit zum Teil keine Tugend. Darum sammelt seit 1837 ein einfacher Weber, Jakob Wintgens, als Laienapostel sonntags junge Leute um sich, um sie vor gefährlichen Zerstreuungen zu bewahren und im Guten zu festigen; was später zur Bildung des Jünglingsvereins führte. Der Hang zur Geselligkeit zeigt sich auch in der Gründung von neuen Vereinen: 1819 finden sich z.B. die St.-Johannes-Schützen zusammen. Bis 1834 übte man sich auf dem Berg im Bogenschießen, seitdem bevorzugen die Jannder das Kugelgewehr.
270. Das Fleischwerfen – ein vergessener Volksbrauch
Beim Studieren alter Eupener Zeitungsbände aus dem 19. Jahrhundert findet der Leser in jedem Jahrgang kleine Anzeigen, die zum Fleischwerfen einladen. Dieses Volksvergnügen, das auch auf dem Berg gepflegt wurde, gehörte zum alten Eupener Brauchtum. Beim Fleischwerfen treten die verschiedensten Fleischarten auf, sowohl Kalb- und Rindfleisch als auch Schweine-, Schaf- oder Hammelfleisch.
Der Volksbrauch wurde in freier Natur, auf der Hauswiese oder im Garten, ausgeübt. Er ist, wie die Anzeigen von Januar bis Dezember zeigen, nicht jahreszeitlich bedingt gewesen. Wie wurde nun dieses Volksvergnügen ausgeführt? In einer Folge der Artikelserie „Wat de Allmodder vertaut“ berichtet der Eupener Heimatdichter Mathieu Gouder 1919 : „Im Nachmittag wurde auf der Festwiese getanzt und gespielt. Die Frauen schlugen den „Pott“, mit den Kindern wurde allerhand gespielt und die Männer warfen Schinken- oder Kalbfleisch. An einem starken Pfahl, den sie in die Erde schlugen wurde ein Schinken oder ein „Stupp“ Kalbsfleisch festgebunden und mit einem dicken „Pränkel“ (Holzscheit) nach dem Fleisch geworfen. Man musste schon „ene Mattes egen Ärem“ (kräftige Armmuskeln) haben und das Fleischstück erhielt manchen Treffer, ehe die Knochen „kapotgeflärt“ (zerstört) waren und das Fleisch herabfiel.“
Ein unbekannter Verfasser berichtete ebenfalls unter dem Titel „Aus Großvaters Chronik“ im Jahre 1922 über das Fleischwerfen: „Manche Sitten muten uns heute eigentümlich an, obschon man früher vielleicht glücklicher und zufriedener war mit einem harmlosen Vergnügen als heute, wo alles mit höchster Eleganz und Raffiniertheit ausgestattet sein muss, um zu gefallen. Da bestand zum Beispiel die gelungene Sitte, nach Schinken oder Fleisch zu werfen. Hierzu wurden zwei schwere Pfähle in den Boden gerammt, zwischen denen dann der Schinken oder das Stück Kalbfleisch aufgehangen wurde. Dann warfen die Teilhaber mit Holzklötzen nach dem Fleisch und wer das Stück als erster herunterschlug, erhielt es als Preis.“
Wohl zu Recht meint der Verfasser des Aufsatzes „Guten Appetit“ zu dem Fleisch, gegen das schon so und soviele Holzstücke, die wohl nicht immer sauber sein mochten, geflogen waren. Dem glücklichen Gewinner wird das wohl kaum etwas ausgemacht haben, wenn er seiner Familie den Siegespreis vom Früh- oder Dämmerschoppen mit heimbrachte.
271. Eupener Baukultur in Zeiten des Umbruchs
Während der Corona-Pandemie präsentierte das Eupener Stadtmuseum eine Sonderausstellung unter dem Titel „Eupener Baukultur von Preußen bis Belgien“, in deren Rahmen einige Beispiele für die Architektur dieser Epoche vorgestellt wurden, darunter auch einige im Bergviertel. U.a. Gebäude an der Neustraße (vom im Artikel erwähnten Capitol bleibt derzeit nur noch die Fassade), an der Bergkapellstraße, im Olengraben sowie an dessen Fuße. Das Grenz-Echo berichtete seinerzeit über die Ausstellung….
272. Die Entwicklung des Bergviertels
Die Geschichte Eupens fängt verhältnismäßig spät an. Erst 1213 taucht der Name Oipen in einer Urkunde des Klosters Rode zum ersten Mal auf. Im heutigen Stadtgebiet sind drei Lat- oder Lehshöfe nachgewiesen, deren Grenzen am Gut Looten zusammenstießen. Im Bereich des St. Marien-Lehens, für welches kein örtliches Verwaltungsgebäude oder Herrenhaus nachgewiesen ist, entstand die Siedlung ‚auf dem Berg‘. Diese dehnte sich bald in das südlich gelegene Tal von Weser und Hill hin aus. Aufgrund der Gebietsaufteilung in drei Grundherrschaften gab es in Eupen bis zur Besetzung durch die Franzosen drei sogenannte Quartiere: Kirchstraße / Gospert und Werth / Bergviertel mit Haas. In der Franzosenzeit und noch bis 1873 kannte man verwaltungsmäßig drei Stadtteile: die Sektionen A, B und C, die auf die gleiche Dreiteilung zurückzuführen sind.
Ein stadtähnlicher Kern hatte sich im 17. Jahrhundert entwickelt; dieser Kern lag teilweise auf dem Gebiet des Eupen-Stockemer, teilweise im Bereich des Frambacher Lathofs. Ein drittes Quartier bildete das Bergviertel mit seiner Ausdehnung zur Haas. Lange Zeit besteht es lediglich aus Bergstraße, Auf dem Berg und Tebaten (heutiger Bereich Bergkapellstraße, Pferdetränke und oberer Rotenberg), Haasberg, Äsel (Edelstraße) und Jöesstroot (Johannesstraße, später irrtümlicherweise zu Judenstraße geformt). Zu Beginn des 18. Jahrhunderts wurde das Bild des Viertels durch bedeutende Bauten ergänzt. So wurde 1710 ein Waisen- und Arbeitshaus am oberen Rotenberg gegründet. Zwei Jahre später dann der Bau der Bergkapelle.
Ab 1808 entstehen bedeutende Fabrikanlagen an Weser und Hill. Dem Waisenhaus wird 1825 eine Versorgungsanstalt für alte, kranke und gebrechliche Leute angegliedert. 1846 wird die Staatsstraße Eupen-Monschau eröffnet. Um die steilansteigende Bergstraße zu umgehen, wird die Trasse der Neustraße gezogen. Ein erstes Gaswerk entsteht am Olengraben im Jahr 1854, das allerdings nach einem Jahr schon abbrennt. Es wird zunächst an der gleichen Stelle wieder aufgebaut und vergrößert, ist dann ab 1865-66 in der Oestraße etabliert. Wenn auch die Tuchindustrie der vorherrschende Wirtschaftszweig bleibt, so gibt es doch eine wachsende Vielfalt anderer Erwerbsmöglichkeiten für die Eupener Arbeiterschaft durch die Niederlassung neuer Industriezweige: Gerbereien, Lederwarenfabriken, Gießereien, Maschinenfabriken für die Tuchindustrie, Seifereien, Bierbrauereien, Filzfabriken und selbst Schokoladenfabriken.
Im Schulbereich gibt es bedeutende Umwälzungen durch die Einführung der durch die preußische Regierung beschlossenen, allgemeinen Schulpflicht. Der Schulzwang erfolgt in Eupen erst in den Jahren 1838 bis 1845. Zu dieser Zeit bestanden in Eupen insgesamt 16 Schulen, einschließlich der Schule im Waisenhaus. In jeder der drei Eupener Sektionen muss eine öffentliche katholische Elementarschule eingerichtet werden. 1876 wird an der Neustraße die evangelische Schule errichtet.
In den letzten 20 Jahren des 19. Jahrhunderts macht sich vor allem die Ausschmückung der Stadt durch Grünanlagen und Bepflanzungen aller Art unter der Anleitung von Bürgermeister Mooren bemerkbar. 1899 beginnt in den Lotenwiesen hinter der Neustraße die Kabelfabrikation durch die Familie Bourseaux. 1903 wird ein öffentlicher Schlachthof am Rotenberg errichtet. Eine elektrische Straßenbahnverbindung mit Aachen gibt es ab 1906, vier Jahre später wird das Netz zur Unterstadt ausgedehnt. Als Luftkurort hatte Eupen bis zum Beginn des Zweiten Weltkriegs einen gewissen, aber bescheidenen Ruf, wenngleich das 1915 erbaute und 1920 zur Lungenheilanstalt für Studenten umfunktionierte Sanatorium der Grundstein für eine Aufwertung des Begriffs Kurort hätte werden können. 1935 wird der Bau der Wesertalsperre in Angriff genommen. In den dann folgenden Jahren wird eine beachtenswerte Sportinfrastruktur im Stadionbereich geschaffen. Nicht weit davon entfernt wird auch noch die Jugendherberge errichtet.
Die nachfolgende Bilderreihe verdeutlicht die Besiedelung im Gebiet von Eupen. Im 10. Jahrhundert gibt es nur vereinzelte Höfe, darunter das Gut Looten. Im 13. und 15. Jahrhundert ist bereits der heutige Bergkapellenplatz besiedelt, im 17. Jahrhundert dehnt sich diese Besiedelung zur Haas hin aus. Im 18. und 19. Jahrhundert gestaltet sich dann das noch heute erkennbare Strassennetz.
Luftaufnahmen von 1930, aus den 60er Jahren, nach dem Bau der Frankendelle und aus neuerer Zeit.
Verschiedene Stadtpläne, vom 18. Jahrhundert bis 1980