8. Der Olengraben - Vom Hohlgraben zur wichtigen Verkehrsachse

Der Olengraben ist heute eine der wichtigsten Verkehrsachsen auf dem Gebiet der Stadt Eupen. Dazu wurde er nach der Anlage der Neustraße durch die Lootenfluren in den Jahren 1844-1846, die im Rahmen des Baus der Landstraße Eupen-Monschau erfolgte.

Vorher diente der Olengraben hauptsächlich als Verbindungsweg zwischen dem Haasviertel und dem Oetal; die Oestraße wurde erst 1854 angelegt. Von der Haas führte vorher nur das schmale „Jouchegätzke“ zum Stauwehr des Oeteiches, von dort aus gab es lediglich einen Wiesenweg bis zur Walkmühle der Gebrüder Salm im heutigen Ortsteil „Mon Plaisir“ am Ufer der Weser. Der Fuhrverkehr verlief damals über den Olengraben und die steile Teichgasse (heute Oeberg) die vom Ortsteil Thebaten zur Weser hinab führt.

Aus alten Urkunden ist an der unterschiedlichen Schreibweise des Namens zu ersehen, dass „Olengraben“ aus Hohlgraben entstanden ist. Bei der ersten offiziellen Straßenbezeichnung im Jahre 1873 erhielt die Straße den amtlichen Namen „Olengraben“. Auch das Aussehen des Weges wandelte sich nun. Die Straßendecke wurde höher gelegt und mit Steinen gepflastert, so dass von einem Hohlweg nicht mehr die Rede sein konnte.

Um die Mitte des 19. Jh. betrieb der Fuhrunternehmer August Cremer in der Mitte des Olengrabens eine Gastwirtschaft, zu der vom tief ausgefahrenen Hohlweg zwei Treppenstufen hinaufführten. Die Wirtschaft bot den Fuhrleuten Gelegenheit, sich und ihren Pferden nach Zurücklegung der Hälfte des steilen Anstiegs nach Thebaten eine kleine Verschnaufpause zu gönnen, ehe der letzte „Knepp“ (Knipp = volkssprachlich höchste Stelle des Berges) in Angriff genommen wurde.

1893 ließ die Provinzialverwaltung die Straßendecke des Olengrabens anheben und mit Pflastersteinen stabilisieren. Der Hang des Haasbergs wurde durch eine solide Futtermauer gesichert. Die Treppe vor dem Haus Cremer wurde überflüssig. Deren schön gearbeitete Blausteinwangen und die beiden Prellsteine wurden nach rechts an den Eingang zu den Pferdeställen des Fuhrunternehmers August Cremer und zur späteren Schreinerei Bülles-Cremer versetzt, von wo aus auch der als „Kriemesch Bergelche“ (Kremers Berglein) bekannte Weg ins Oetal abzweigte.

Über das „Kriemesch Bergelche“ wurden vom Oetal aus die Vorspannpferde herangeführt, die besonders bei schweren Langholztransporten erforderlich waren, um das letzte Stück des steilen Anstiegs zu bewältigen. Den Pferden wurde äußerster Einsatz abverlangt. Als die Straße gepflastert war stoben auf dem glatten Belag die Funken von den abrutschenden Hufeisen, die Peitschen der Fuhrleute knallten, um die schweißtriefenden Tiere anzufeuern.

Auf der Höhe des Bergrückens konnten die Tiere sich ab 1910 dann an dem Laufbrunnen laben, der im Volksmund „Pferdetränke“ heißt.

 

OLENGRABEN - KREUZ

Das schmiedeeiserne Kreuz ist vermutlich ein Gedenkkreuz eines Unfalls vom 5. Juni 1863 am Olengraben, bei dem der Fuhrmann Peter Schouffers zu Tode kam.

Am 5. Juni 1863 ereignete sich um 6.30 Uhr im Eupener Olengraben vor dem Haus Nummer 29 ein Unfall, bei dem der Fuhrmann Peter Schoffers ums Leben kam. Nach diesem tödlichen Karrenunfall ließ die Familie Schoffers im Hang des Haasbergs, am Fußweg zur Bergkapelle, einen Gedenkstein errichten. Leider hatte man es unterlassen, den Namen und das Sterbedatum des Verunglückten darauf zu vermerken. Das Korrespondenzblatt des Kreises Eupen berichtet am 5. Juni 1863: „Heute morgen gegen halb 7 Uhr, hatte im Olengraben hierselbst, ein Fuhrmann das Unglück von seinem mit sechs Pferden bespannten Wagen überfahren zu werden, worauf er bald nachher seinen Geist aushauchte.“

 

OLENGRABEN 35 - VILLA

1867 – Das prächtige Villengebäude mit vorgelagertem Platz und historischem Gittertor zur Straße hin gehörte ehemals dem Tuchfabrikanten Peters. Das Gebäude entstand auf den Ruinen der alten Gasanstalt, die in einem früheren Trockenhaus eingerichtet worden war. Das Villengebäude belegt die qualitätsvolle Bauweise für repräsentative Wohnbauten der Jahrhundertwende. Die Gesamtanlage ist bedeutend für die Entwicklung der Lebens- und Wohnverhältnisse der Stadt Eupen.


88. Bauten der Gründerzeit in Eupen – Der Olengraben

Am Olengraben entstand im Jahre 1880 links das Eckhaus zur Bergkapellstraße, rechts im Jahre 1882 das Eckhaus Nr. 1, während die neue Villa Nr. 35 bereits im Jahre 1867 aus den Ruinen des ersten Eupener Gaswerks entstanden war.

Das prächtige Villengebäude von 1867 mit vorgelagertem Platz und historischem Gittertor zur Straße hin gehörte ehemals dem Tuchfabrikanten Peters. Das Gebäude entstand auf den Ruinen der alten Gasanstalt, die in einem früheren Trockenhaus eingerichtet worden war. Das Villengebäude belegt die qualitätsvolle Bauweise für repräsentative Wohnbauten der Jahrhundertwende. Die Gesamtanlage ist bedeutend für die Entwicklung der Lebens- und Wohnverhältnisse der Stadt Eupen.

Das Haus Olengraben 29 stammt vermutlich bereits aus der Zeit um 1750. Das Haus ist im Jahre 1826 im Besitz des Johann Joseph Bouvet und kam im Jahre 1866 an den Wirt Wilhelm Derwahl. Um die Mitte des 19. Jh. betrieb der Fuhrunternehmer August Cremer in der Mitte des Olengrabens eine Gastwirtschaft. 1895 ist es Eigentum der Witwe Ferdinand August Cremer geb. Derwahl und 1927 finden wir es als Eigentum der Eheleute Jakob Bülles-Cremer.

Das zweigeschossige Haus hat neun Achsen und ist aus Bruchsteinen errichtet. Die Stichbogenfenster und der Mitteleingang sind blausteingerahmt. Vor dem Eingang befand sich ursprünglich eine kleine Treppe mit Blausteingeländern, die der Höherlegung der Straße zum Opfer gefallen sind. Auf dem Satteldach des ansprechenden Hauses stehen drei Fenstergiebel.


89. Haus Olengraben 35

Die verschlossen wirkende Villa am Olengraben entstand am Ort einer Explosion. Der Olengraben, der steile Verbindungsweg zwischen Ober- und Unterstadt, führt durch den terrassierten Haasberg, auf dem bis ins 19. Jh. die gefärbte Wolle auf Holrahmen getrocknet wurde. Um diesen Prozess zu beschleunigen, wurden Gebäude errichtet, in denen durch Feuerungen die Trocknung schneller erfolgte. In einem sogenannten „Stochrahmen“ richtete1853 Joseph Lintz aus Trier seine Kohlengasbereitungsanlage ein, deren Gas der öffentlichen Straßenbeleuchtung Eupens diente. Doch am 27. September 1855 kam es zu der besagten Explosion, bei der das Haus abbrannte und Joseph Lintz stragisch umkam. Kurze Zeit später wurde auf den erhaltenen Grundmauern ein neues Gaswerk durch Joseph Franz Richter eingerichtet. Der ständig wachsende Gasbedarf veranlasste ihn 1866 zum Umzug in die Oestraße, auf ein größeres Gelände. Und so kam es, dass die Katholische Eupener Tuchfabrikantenfamilie Maes-Peters, die Tuche in dem Etablissement Kreutzenhammer (ehemals Maes) produzierte, das Gebäude daraufhin erwarb.

Im Keller der heutigen Villa sind noch heute die schweren alten Gewölbe der Gasanstalt erhalten. Die Gartenterrassen des U-förmigen zweigeschossigen Baus zogen sich in Stufen ursprünglich bis zur Weser hin. Das ehemals schlicht verputzte Haus mit Rechteckfenstern und falchem Walmdach erhielt eine Stuckfassade im Stil der Neorenaissance zum Olengraben. Über einem massiven, geschlossenen Sockelgeschoss erhebt sich ein Obergeschoss mit einer Reihung teils vermauerter Fenster und einer Balustrade als oberen Abschluss. Die Zeichnung zum Umbauprojekt unter Alexander Peters von 1896 durch den Architekten Edm. Thyssen, der auch die Kinderbewahranstalt geplant hatte, zeigt die neuen Ergänzungen. An der fünfachsigen, zweigeschossigen Eingangsfront wurde ein seitlicher Eingangsportikus angefügt. Zur Weserseite ergänzte ein neuer dreiseitiger Erker den sogenannten „Salle aux anges“, dessen prächtige Stockarbeiten mit vielen Putten, Kamin mit eingefasstem Spiegel und aufwendiger Wandgestaltung an barocke Schlossräume erinnert. Eine im Innenhof ergänzte Veranda mit mehrfarbiger Dachverglasung und angegliedertem Wintergarten erweiterte den mit Holzvertäfelung und eingebauten Möbeln gestalteten „grand salon“. Später wurde noch ein Raum im modernen Jugendstil erneuert, mit fließenden Formen in der Stuckierung der Decke, aber auch bei der Holzvertäfelung und Möblierung. Der frühere Gartenhof zwischen Olengraben und Steilhang war durch einen Mauer- und Gitteranlage zur Straße abgetrennt, ist jedoch heute als Eingangsfront mit Einfahrt und Garage umgeformt worden.

Das Gebäude zeigt in beeindruckender Weise die aufwendig gestalteten Innenräume der begüterten Fabrikantenhäuser der Jahrhundertwende. Auffallend ist das Ausmaß der erhaltenen prächtigen Ausgestaltung der Villa, die in liebevollen Bemühungen von den Eigentümern gepflegt und erhalten wird.


96. Der Brand des Eupener Gaswerkes

Es hat lange gedauert, bis man in den Haushalten und Betrieben über eine gute Beleuchtung verfügte. Nachdem man sich bis Mitte des 19. Jahrhunderts mit Öllampen und Talglichtern beholfen hatte, wurde 1854 die erste Eupener Gasanstalt errichtet.

Am 1. Mai 1853 richtet Joseph Lintz aus Trier ein Konzessionsgesuch für den Betrieb einer Kohlengasbereitungsanstalt an den Eupener Bürgermeister Becker. Diese Gasbereitungsanstalt soll in dem Gebäude Olengraben (heute Nr. 35) entstehen, in welchem bisher Tuche getrocknet wurden, weil dort bereits die nötigen Feuerungen einschließlich des notwendigen Schornsteins bestünden. Das gewonnene Gas soll zur Speisung einer öffentlichen Straßenbeleuchtung dienen.

Über den Bau dieser Gasanstalt berichten am 10. Februar 1934 die „Eupener Nachrichten“: Die Fabrik wurde von einer Gesellschaft aus Dessau gebaut und auch in Betrieb gehalten. Ein in der Klosterstraße wohnender Herr Ritter war als Direktor des Werks angestellt. Weiterhin waren dortselbst noch ein Betriebsleiter, ein Gasmeister und einige Arbeiter beschäftigt. Damals kannte man noch nicht die Gasbereitung aus Kohle, wie es heute geschieht, sondern man verwandte dickflüssiges Öl, aus dem in besonderen Retortenöfen das Gas bereitet wurde. Diese Herstellung des Gases geschah in derselben Art wie heute und wurde in einem großen Gaskessel gespeichert.

Über die Wasserbevorratung des Gasometers gibt es keine Vorschrift. Das Fehlen dieser sollte dem Unternehmer zum Verhängnis werden. Allerdings war die Gaserzeugung noch relativ jung, so dass die Regierungsbauaufsicht wohl hier kaum über die nötigen Erfahrungen verfügte. Zu dem kommenden Verhängnis mag auch die Tatsache beigetragen haben, dass man dem Unternehmer zwar eine Reihe von Auflagen machte, es dann aber offenbar unterließ, die Befolgung zu kontrollieren. So kam es am 27. September 1855 zu jenem folgenschweren Unglück, das noch viele Jahre die Eupener Gemüter beschäftigte.

Im Korrespondenzblatt des Kreises Eupen lesen wir:

Eupen, 28. September – Ein entsetzliches Brandunglück ereignete sich gestern abend in der Gasfabrik des Herrn Lintz hierselbst. Letztere, sowie das damit in Verbindung stehende Wohngebäude waren in kaum einer halben Stunde ein Raub schauderhafter Flammen. Es sind hierbei drei Personen auf eine schreckliche Weise um‘s Leben gekommen, worunter sich auch der Besitzer der Anstalt befindet, welcher, wegen des gestrigen Wahltages, als Geschworener von Aachen nach Haus gekommen war.

Über den Ursprung des Unglückes wird erzählt, dass man seit vorgestern ein Schwanken der Retorten oder des Deckels bemerkt und Herrn Lintz gegen Abend sich mit zwei Arbeitern auf den Gasbehälter begeben habe, um Vorkehrungen zur Abhilfe dieses Übelstandes zu treffen, dass aber die Entweichung des Gases so stark gewesen sei, dass dasselbe sich an einer Lampe (welche einer der Arbeiter bei sich getragen haben sollte??) entzündet und so eine Explosion entstanden sei. Gegen 12.00 Uhr nachts fand man auf der Oberfläche des Gasbehälters 2 verstümmelte Leichname, deren Gestalten nur noch kaum ein menschliches Wesen erkennen ließen. Die dritte Person war bis dahin noch nicht vorgefunden worden.

Am darauffolgenden Mittwoch brachte das Korrespondenzblatt eine weitere Nachricht, in der es heißt, dass das Feuer durch eine Schwankung des Gasbehälters entstanden sei. Dadurch habe sich das entströmende Gas an den Retorten entzündet und das Dach eines Schuppens in Brand gesetzt, dessen Flammen bald auf das Wohnhaus übergegriffen hätten.

Immer wieder geisterte in der Folgezeit die Geschichte von diesem Brandunglück durch die Eupener Presse (siehe Artikel aus den Eupener Nachrichten vom 10.2.1934 hier unten).


111. Anekdoten um den Olengraben

Die Eupener Bürgerzeitung des Jahres 1907 berichtet, dass die Fuhrleute sich über die im Olengraben herrschende Glätte beklagen, wogegen auch das stärkste Anziehen der Bremsen nicht viel helfen soll. Es wäre dort bald zu einem schlimmen Unglücksfall gekommen. Ein zweispänniges Fuhrwerk kam herunter und ein Möbelwagen herauf. Der Fuhrmann des ersteren zog zum Passieren die Bremse scharf an, wobei die Schraube abbrach. Währenddessen kommt von unten der Postwagen heran, der auch passieren musste. Das Fuhrwerk rollte weiter, wobei die Pferde zu Fall kamen und eines derselben zwischen die Pferde des Postwagens hineingeschoben wurde, von denen auch eines zur Erde fiel. Der Zusammenstoß hat glücklicherweise keine erheblichen schlimmen Folgen gehabt; es konnte auch anders kommen...

Zu Beginn des 20. Jh. kam das erste Automobil mit eigener Kraft die Monschauerstraße heruntergefahren. Die wie Nordpolfahrer bekleideten Automobilisten stiegen feierlich aus, um bei Carabin (Schilsweg) ihr Mittagsmahl zu halten. Gerade waren die Schulen aus, und wie Schulbuben überall sind, Jungens und Mädchen umdrängten das neuartige Gefährt. Zornentbrannt kamen die Autofahrer, mit der Serviette um den Hals, aus der Wirtschaft und verjagten die „Lausebengels und Rotzjungens“. Nachher ging die Fahrt weiter, und der Wagen kam glücklich, umschwärmt von der Kinderschar, bis unten an den Olengraben. Aber da war es aus, endgültig aus: das Fahrzeug bockte und wollte nicht mehr den Olengraben hinauffahren. Da war guter Rat teuer! Die Kraftfahrer änderten plötzlich ihre Tonart und baten die „lieben Kinder“ sie möchten ihnen helfen den Wagen hinaufzuschieben. Die „lieben Kinder“ blieben jedoch auch der neuen Anrede gegenüber taub, und den Pionieren des heutigen Kraftzeugverkehrs bliebt nichts anderes übrig, als sich zwei Mietgäule zu bestellen, die den Wagen bis oben auf die Neustraße zogen.

Der erste Eupener Lastwagen gehörte dem Mühlenbetrieb Zimmermann. Um die Jahrhundertwende blieb er, voll beladen, mit seinen Eisenreifen im Olengraben stecken, sehr zur Freude der damaligen vielen Fuhrleute, die dem Auftauchen von Lastautos mit sehr gemischten Gefühlen entgegensahen. Aber zwei Wochen später, als man die Räder des Lastwagens mit Hartgummireifen versehen hatte, schaffte er ohne Weiteres den Olengraben.


149. Der Eupener OIengraben


183. Nadelöhr Olengraben

Verkehrsprobleme kannte man schon in früherer Zeit im Eupener Bergviertel. Lange Zeit war der Olengraben das Nadelöhr zwischen Oberstadt und Unterstadt. Im Mai 1959 startete man eine großangelegte Verkehrszählung, unter anderem um die Notwendigkeit einer Umgehungsstraße für den Olengraben festzustellen...


215. Umgehungsstraße Olengraben

Ende der 80er Jahre sahen die Planungen zur Verkehrsführung von der Vervierser Straße bis zur Haasstraße als Umgehung für den Durchgangsverkehr noch vor, dass die alte Pferdetränke dem Straßenausbau würde weichen müssen. Im Grenz-Echo wurde im Juli 1989 über die Pläne berichtet. Damals ahnte noch niemand, dass nur drei Jahre später eine Rekonstruktion der alten Pferdetränke an ihrem angestammten Platz stehen würde...


216. Aufwertung des Olengraben

Im Jahr 2002 wurden im Olengraben drei alte Wohnhäuser saniert, um dort drei Einfamilienhäuser für kinderreiche Familien entstehen zu lassen.


224. 1854: Bau der Straße durch die Oe
Die Stadt Eupen ist nur durch ihre erfolgreiche Industrie groß geworden und hat sich einen Weltruf gesichert. Deshalb darf die Entwicklung dieser Industrie niemals aus dem Auge verloren werden. Im Jahre 1858 zählten wir in Eupen noch 19 Fabriken und ebenso viele Spinnereien; dazu ein blühende Maschinenindustrie. Um diese Zeit befanden sich überall mit Stroh bedeckte Häuser, denen wiederholt ausbrechende Brände arg zusetzten, so in Nispert, Duivelscheidt und Schilsweg. Die Umgebung der Stadt entwickelte sich entsprechend. Überall tief ausgefahrene Gassen, so z.B. von und nach Stockem, Nöreth, Nispert, zur Hütte, Bellmerin, usw.
Der Weg zum Voulfeld war in der selben Verfassung wie auch der Kehrweg. Eine Verbindung der Haas mit der Oe für Fuhrwerksverkehr bestand lange Jahre nicht. Die Oe war für die Entwicklung der hiesigen Industrie von großer Bedeutung. Daher ist es auch nicht verwunderlich, dass wir heute noch dort die bedeutendste Industrieansammlung von Eupen finden. Der Name „Oe“ wird höchstwahrscheinlich keltischen Ursprungs sein, weil der Bezeichnung Oe das keltische „Au“, oder Ort am Wasser, zugrunde liegt. Andere hingegen führen die Bezeichnung Oe auf die niederdeutsche Form des Wortes „Insel“ zurück.
Die Verbindung von der Stadt her zum Oetal war lange Zeit sehr schlecht. Eine einzige Gasse führte von Thebaten her in das Tal, am Oe-Teich entlang und von dort aus weiter nach Membach. Über die schmalen Gassen, die zum Oe-Tal führten, berichtete man in der Tagespresse des Jahres 1904 u.a.: „An dem Eigentum Stolle vorbei führte nur ein Gässchen für Fußgänger, dessen Weiterführung man an dem Cremer‘schen Bergabhang noch verfolgen kann. Während die beiden günstigeren Wege vom Olengraben und von Thebaten aus zur Oe Privateigentum der Firmen Hüffer und Fey waren, führte der Gemeindeweg nach dort durch die stille Gasse an dem jetzigen Gasometer vorbei...“ Man muss heute staunen, wie der damalige rege Fuhrwerksverkehr mit schweren Kohlen- und Maschinenladungen von dort und zur Oe diese halsbrecherischen Wege bewältigen konnte. Diesem Übel wurde durch den Bau der Straße von der Haas nach der Oe im Jahre 1854 abgeholfen.

Das Aussehen des Oe-Tals hat sich im Laufe der Jahrzehnte vielfach gewandelt. Die ersten Industrien sind längst von hier verschwunden. Heute beherrscht das Kabelwerk mit seinen großen modernen Werkshallen das Tal. Vor dem Bau der neuen Straße durch die Oe erschienen auch in der Tagespresse Leserbriefe von Bürgern, die keine Notwendigkeit in diesem Straßenbau sahen. Hier eine kleine „Kostprobe“:
„Eingesandt – Vor einiger Zeit ist in dem Stadtrathe von der Herstellung eines Weges nach Membach (von der Haas aus durch die Oe) die Rede gewesen. Es ist beschlossen worden, die Voranschläge machen zu lassen und die Hälfte der Kosten für diese auf die Stadt-Kasse zu übernehmen, wenn die andere Hälfte durch Subskription (der am meisten bei der Angelegenheit Interessierten) aufgebracht würde. Die Kosten für einen solchen Weg werden sich (mit Einschluss der Entschädigungen für Grundstücke und ein Haus) auf etwa 8.000 Thlr. belaufen; der Vorteil, den ein solcher Weg der Gemeinde bringen würde, wird auf „0“ angeschlagen werden können. Oder wer sollte Vorteil daran haben? Eine Zollstraße wird dieser Weg nie werden. Und wenn auch der Kohlentransport von Dolhain aus auf demselben gestattet würde, so läge darin kein Vorteil; die Kohlen können auch für die Haas eben so gut und noch besser über Herbesthal bezogen werden. Die Einzigen, welche Interesse haben an der Erbauung des fraglichen Weges, die Einzigen, denen der Nutzen bringen würde, sind die Nutzer der Etablissements oder Grundstücke, die in der Oe, bis zur belgischen Grenze gelegen sind; und deren sind etwa vier...“


256-259. Entwicklung des Oetals -Teil 1-4

Wenn man den Blick von der Moorenhöhe ins Tal schweifen lässt, dann fällt er unweigerlich auf die Hänge zu ihren Füßen. Über Haasberg und Olengraben führt er ins Oetal unterhalb des Waisenbüschchen. Eine Betrachtung zur Entwicklung des Oetals in Eupen in vier Teilen... (Quelle: Grenz-Echo Magazin)