281. Anwohnerdialog 2014

Schon zehn Jahre ist es her, dass in der Folge zu den Feierlichkeiten anlässlich des 300jährigen Jubiläums der Bergkapelle ein Viertelkomitee entstand, welches sich aus dem damaligen Festkomitee entwickelt hatte. Schon bald wurden mit Unterstützung der Stadt Eupen Anstrengungen unternommen, um künftiges Entwicklungspotential für das Bergviertel aufzuzeigen. Dazu gehörte auch ein moderierter Anwohnerdialog. Inzwischen kann man schon vergleichen, was aus den seinerzeit gesammelten Ideen und Projekten geworden ist. Übrigens: einen Link zum im Artikel erwähnten Video finden Sie weiter unten auf dieser Seite bei dem Titel "Projekte"


282. Ein Streifzug durch das Bergviertel

Von der Unterstadt aus wenden wir uns dem Haasberg zu (Haas bedeutet eigentlich mit Gestrüpp bewaldeter Abhang). Das Haus Nummer 4 nennt man „d‘r Balkong“ wegen seines Treppenaufstieges, der uns zu einer Plattform führt, die wie ein Balkon aussieht. Gegenüber dem „Balkong“ finden wir eine tiefer gelegene Häuserreihe, die in einer Ecke endet. Diese Häuser nennt man „d‘r Prummehuck“. Diesen sonderbaren Namen finden wir nochmals im Viertel Nöreth wieder. Derjenige, der ein wenig vertraut ist mit der Technik des Tuchtrocknens in der Blütezeit der Eupener Tuchindustrie, weiß den Namen der kleinen Straße zwischen Haasberg und der unteren Bergkapellstraße „ä-gen Rahme“ gleich zu deuten. Hier wurden nämlich zu dieser Zeit wegen ihrer günstigen Lage, die Tücher auf Rahmen getrocknet, wie übrigens auch noch an anderen Stellen unserer Vaterstadt. So klein „ä-gen Rahme“ auch sein mag, so finden wir doch einen eigentümlichen Namen für einen Teil, nämlich „de Lokomotiv“, womit die Häuser Nummer 9 bis 15 gemeint sind. Nun zur Edelstraße mit ihrer enormen Steigung. Im Volksmund ist sie nur als „d‘r Äsel“ (der Esel) bekannt. Hinter der Trauerweide auf der linken Seite liegt das Haus Nummer 11, welches man „d‘r Knöckel“ (der Knöchel) nennt.

Das Haus Nummer 7 nennt man „de ô Apotiek“ (die alte Apotheke). Auch sollen hier Steine des Kapellenrohbaus von der unteren Malmdyerstraße, nach dessen Abbruch bis zu ihrer Verwendung beim Bau der Bergkapelle gelagert worden sein. Der schmale Anstieg, der hinauf zur Ecke Judenstraße-Bergkapelle führt, nennt man „d‘r Hu‘ge“ (der Hohe, gemeint ist damit der hohe Haasberg). Das alte Haus Nummer 12 im Hang an der rechten Seite nennt man „Moussel“. Die Gasse, die von dem Haus zur Jugendherberge führt, nennt man „Mousselsgätzke“.

Schaut man vom Rondell in Thebaten zur Bergkapelle hin, sieht man parallel zur Bergkapellstraße einen etwas höher liegenden Weg, den sogenannten „Blockwäig“. Auf diesem „Blockwäig“ stand früher an der Ecke Neustraße ein altes Haus mit überbauter Toreinfahrt, deshalb hieß es bei den Anwohnern allgemein „aunder gen Löüv“. Etwas höher, wo heute die Siedlungshäuser der Baugenossenschaft stehen, standen vorher einige alte Häuser. Hinter einem dieser alten Häuser führte eine Einfahrt zum sogenannten „Kropettes“, hier wurden im Ersten Weltkrieg, als große Nahrungsmittelnot herrschte, auf Karten Kartoffeln verteilt, womit auch dieser eigentümliche Name erklärt wäre. Ein wenig oberhalb des Bereiches der ehemaligen französischen Schule, befand sich noch nach dem Zweiten Weltkrieg ein Stück Brachland, das man allgemein nur „de Bragge“ nannte. Die Moorenhöhe, welche man von der Bergkapelle und der Judenstraße aus erreicht, nennt der Volksmund „d‘r Muurekopp“. Diesen herrlichen Aussichtspunkt hat Bürgermeister Theodor Mooren in seiner Amtszeit anlegen lassen.

Auf der Judenstraße, etwas unterhalb des heutigen Einganges zum Stockbergerweg, befanden sich die „Götsche Stégele“ (Stégel = Stiege = Ein- und Ausgang an Wiesen). Zu dieser Zeit war der Stockbergerweg noch eine Wiesenlandschaft und man konnte die Hisselsgasse, die man „de Gatz“ nannte, nur zu Fuß durch „Götsche Stégele“ und über die „Wiesen-övver gen Weijer“ erreichen.

Den Bereich des städtischen Stadionkomplexes nannte man „op-ge-ne Poul“ (auf dem Pfuhl).

Die ganze Wiesenlandschaft, die heute dem FC Fußballplatz, der Feuerwehrkaserne und der Panoramastraße Platz bietet, nannte man „de Trööt“.

Gehen wir nun wieder zum Rondell oben auf dem Rotenberg. Bevor das Rondell angelegt wurde, stand hier eine Pferdetränke. Es war eine Schöpfung des Bildhauers Christian Stüttgen, der sein Atelier in einem alten Bauerngut neben dem Haus „Mon Plaisir“ in der Oestraße betrieb. Leider ist sie, als der Pferdefuhrverkehr nachließ, abgebrochen worden. Ein kleinerer Nachbau ist vor einigen Jahren inmitten des Rondells aufgestellt worden. Das Haus Nummer 47 in Thebaten nennt man „de Pääsch“ (die Presse), wie aus einem alten Kaufakt ersichtlich ist. In einem alten Mundartlied wird es auch „a-gen Päasch a-gen Honderlock“ genannt.

Den heutigen Limburger Weg, der in Thebaten beginnt, ist für die älteren Eupener immer noch „de Mömmekergatz“ (Membachergasse) geblieben. Ein Spaziergang bei klarem schönen Wetter in Richtung Membach belohnt mit einem herrlich weiten Blick über eine schöne Hecken- und Wiesenlandschaft.


 283. Ein zweiter Streifzug durch das Bergviertel

Nachdem wir beim letzten Mal einen ersten Streifzug durch das Bergviertel unternommen haben, heute eine Beschreibung aus den siebziger Jahren:

Wir biegen von der Hisselsgasse oder dem Kaperberg kommend nach rechts in die Judenstraße ein etnlang dem städtischen Stadion und sehen links auf dem Hügel das alte Sanatorium, im Laufe des ersten Weltkriegs als Kaufmanns-Erholungsheim errichtet, später Lungenheilstätte und staatliches Internat. Wenn wir unseren Weg fortsetzen sehen wir auf einem weiteren Hügel an der linken Seite die stets stark belegte Eupener Jugendherberge.

Nun gelangen wir bald in den alten Teil der Judenstraße mit seiner eigentümlichen Straßenflucht, die offenbar dokumentiert, dass sich hier ehemals die Grenze zwischen dem Grundgebiet der Herrschaft Eupen und des Herzogs von Limburg befand. Wir befinden uns im Quartier Berg und Haas. Die ganze Ausdehnung dieses Quartiers werden wir kennenlernen, wenn wir uns nun zur Moorenhöhe begeben, deren Zufahrt wir links zwischen den Häusern finden. Dieser Aussichtspunkt erhielt seinen Namen nach dem Oberbürgermeister Theodor Mooren, der sich um die Ausschmückung unserer Stadt mit Grünanlagen verdient gemacht hat. Die Moorenhöhe erhebt sich über dem Haasberg. Von hier aus blicken wir hinab in das Tal der Unterstadt, der Haas wie sie vom Eupener genannt wird, die von dem Grüngürtel des Hertogenwaldes umrahmt wird.

Ursprünglich reichte der Hertogenwald bis zur Höhe der Judenstraße hinauf. Mitten in diesem Wald, in dessen Talsohle sich die Vennbäche Weser und Hill vereinigen, grub man bereits im 15. Jahrhundert nach Eisen, das an Ort und Stelle verhüttet wurde. Der Name Hütte deutet heute noch auf diese frühere Tätigkeit hin. Der Hertogenwald lieferte die Holzkohle für die Schmelzöfen. Dann aber finden wir auch bald längs der beiden Wasserläufe Getreide- und Walkmühlen, die sich das Wasser als Antriebskraft nutzbar machen. Als im Jahre 1680 eine ausgedehnte Feintuchmanufaktur in Eupen begründet wird, werden die Walkmühlen zahlreicher und eine Reihe von Färbereien siedeln sich im Bereich der Unterstadt an. Hier sind also zunächst nur die Hilfsbetriebe der Tuchmacherei anzutreffen. Die Kaufleute haben ihren Sitz weiterhin in der Oberstadt.

Das ändert sich als zu Beginn des 19. Jahrhunderts die Spinnmaschinen ihren Einzug in Eupen halten. Längs der beiden Bäche entstehen eine Reihe von vier- bis fünfstöckigen Fabrikbauten, die sich das Wasser zunächst zum Antrieb ihrer Maschinen mittels Wasserrädern solange nutzbar machen, bis die Dampfmaschine ihren Einzug hält. Alle diese großen Bauten sind bis auf zwei (von hier aus nicht sichtbar) heute wieder verschwunden. Noch im Jahre 1907 entsteht eine der modernsten Kammgarnspinnereie, es ist der riesige Ziegelsteinbau halbrechts vor uns, und bald danach siedeln sich im Oetal (rechts) die Kabel- und Gummiwerke an, die sich bis heute zum größten Fabrikbetrieb der Stadt entwickelt haben.

Um die ganze Unterstadt herum liegt der Grüngürtel des Hertogenwaldes, einst Besitz des Herzogs von Limburg, hezute Staatswald. Gegen die Ablösung der Weide- und der Leseholzgerechtsame in einem Teil dieses Waldes erhielt die Stadt Eupen ausgedehnte Waldungen zum Eigentum. Setzen wir nun unseren Weg nach rechts fort, so gelangen wir bald zur Bergkapelle St. Johannes Baptist.

Um den Bewohnern des Quartiers Berg und Haas eine bequeme Möglichkeit zum Besuch des Sonntagsgottesdienstes zu verschaffen, wurde der kleine schmucklose Bau im Jahre 1712 errichtet und bereits 1729 um ein Joch nach Westen vergrößert. Aus einem Umbau im 19. Jahrhundert stammt das neoromanische Portal des Haupteinganges über dem sich die Stifterwappen Schuyl (links) und Berghe von Trips (rechts) befinden.

Die alte Ausstattung wurde bei einer Renovierung des Jahres 1961 fast vollständig entfernt. Lediglich an der Außenwand des Chores befindet sich eine beeindruckende fast lebensgroße Kreuzigungsszene des Aachener Bildhauers G. Venth (1885).

Wir setzen unseren Weg nach rechts fort und sehen auch hier wieder die Doppelstraße, die uns bereits im Bereich der Judenstraße aufgefallen war. Wir überschreiten die Neustraße und wenden uns nach links dem Oeberg zu. Diese steile Gasse schreiten wir immer links bleibend hinab. Wir befinden uns in der alten „Teichgasse“ der ehemals einzigen Verbindung zwischen dem oberen Stadtteil und dem Oetal. Etwa in der Mitte dieser Gasse zweigt rechts ein Weg ab, der ehemals von der Firma Hüffer, als Zufahrtsweg zu ihrer Fabrik in der Oe angelegt wurde. Er führt am „Waisenbüschchen“ vorbei, jenem kleinen Wäldchen, das Kaiser Karl IV im Jahre 1713 den Eupener Waisen schenkte. Wir setzen nun unseren Weg durch die „Teichgasse“ fort. Am Fuße der Gasse angekommen sehen wir links, vom Olengraben herkommend, eine kleine Gasse „Kremer‘s Bergelchen“. Am Gelände lässt sich unschwer erkennen, dass diese Gasse einst ein breiter Weg war. Er wurde von dem Fabrikanten Lepicard als Zufahrt zu dessen Fabrik angelegt. Folgen wir nun der Oestraße nach links entlang dem Oeteich, der vermutlich ein natürlicher Nebenarm der Weser war, so entdecken wir bald das große Wehr in der Weser, von dem er ausgeht. Zur Schleuse hinab führt ein Pfad, ein Überrest der alten kleinen Gasse die einzige Verbindung von der Haas zur Oe war, denn die Straße auf der wir uns befinden, vom Oeberg bis zum Olengraben, entstand erst im Jahre 1854.


285. Eine Kindheit in den 60ern

Anfang der 60er Jahre bezogen zwölf kinderreiche Arbeiterfamilien das weiß gekalkte Doppelhaus am Fuße der Bergkapellstraße. Einige altersschwache Fachwerkbauten hatten dem zweckmäßigen Betonklotz der Baugenossenschaft weichen müssen. Die einzelnen Mietwohnnungen boten lediglich für einen Vierpersonenhaushalt ausreichend Platz. Die meisten der jungen Familien waren zumindest fünfköpfig, und so mussten sie notgedrungen auf recht engem Raum leben. Ich war damals knapp vier Jahre alt, Benjamin von drei Kindern, und erlebte diesen Umzug als neugieriger Dreikäsehoch mit. Rasch freundete ich mich mit meiner neuen Umgebung an. Der mit Reihenbäumchen gesäumte Privatweg lud zum tollkühnen Seifenkistenfahren ein, und hinterm Haus herrschte zunächst herrlicher Wildwuchs, der verlockende Abenteuer verhieß. Später entstanden an dieser Stelle sauber angelegte Hobbygärten, die unsere Väter – nicht zuletzte von ihren ehrgeizigen Ehefrauen angetrieben – in übereifriger Wettkampfstimmung nach Feierabend bebauten.

Wir brauchten dem verlorenen Gartenparadies nicht nachzutrauern. Mit der Brack, halb Schuttabladeplatz und halb Spielwiese, hatten wir reichlich Platz zum Austauben. Und wenn die Brack mit Kies, Sand oder Bruchsteinen allzu überschüttet war, wichen wir für unsere Fußballspiele in die benachbarte Bauernwiese aus. Die Brack blieb unser täglicher Treffpunkt. Nach Schulschluss machten wir unsere Hausaufgaben weniger gründlich als schnell, um kein Spiel oder keinen Streich zu verpassen. Zuweilen zogen wir mit Holzgewehren und selbstgebastelten Flitzbogen zum nahe gelegenen Waisenbüschchen aus, um es den Leinwandhelden Winnetou und Old Shatterhand gleich zu tun. Wir verließen unsere still geliebte Brack, überquerten die damals verkehrsarme Kreuzung Olengraben-Rotenberg und machten das stille Laubwäldchen für einige Stunden unsicher. Die benachbarte Membacher Gasse mit ihren zahlreichen Weiden und Heuwiesen übte ebenfalls eine starke Anziehungskraft auf uns. Selbstverständlich reizte uns wieder das Verbotene. Das Versteckspiel machte erst im hohen Gras Spaß, und entlang der abgrenzenden Hecken fand sich immer ein günstiger Winkel, um ein kleines Lagerfeuer zu entfachen.

An heißen Sommertagen konnte uns die Brack nicht mehr halten. Das Wetzlarbad versprach unzählige Wasserfreuden. Wenn die Mutter nicht bei Kasse war, mussten wir mit dem kühlen Nass der Schwarzen Brücke vorliebnehmen. Mit einer Tagesration Butterbrote im Turnbeutel fuhren wir auf unseren klapprigen Rädern den steilen Olengraben hinunter. Unterwegs wollten sich bisweilen einige hochnäsige Oberstädter mit uns anlegen. Wir ließen uns jedoch durch keine Neckereien aufhalten.

Nach den großen Ferien zog es uns zum Stadion am Kehrweg. Unter dem beliebten Spielertrainer Hubert Van Dormael hatte sich die AS Eupen zu einer Spitzenelf der Promotion emporgespielt. Während die Seele der Mannschaft, Günter Brüll, das Mittelfeld beherrschte und den dicken, spurtschnellen Mario in die Gasse schickte, machten die beiden adgebrühten Abwehrrecken Werner Pirard und Karli Franssen hinten dicht. Das „Schwarzweiß allein“ war uns vertrauter als jedes Kinderlied, und sogar Kaplan Van Melsen sprang vor Freude bei jedem Eupener Tor bis an die Decke der Sitztribüne. Ende September gab es ausnahmsweise eine Tüte Fritten auf der Hääser Kirmes. Unsere Kirmes war zwar kleiner als die der Oberstädter, dafür war die Stimmung im engen Schilsweg ungezwungener und herzlicher. Der kühlere und häufig verregnete Oktober bescherte uns die heißbegehrten Kastanien, um die wir uns oft zankten. Wer vor dem Frühstück das Rondell und den kleinen Hang zum Olengraben hin nach den braunen Baumfrüchten absuchte, hatte die größten Chancen auf Erfolg.

In den Weihnachtsferien gab es den langersehnten ersten Schnee, der unser ruhiges Städtchen in eine weiße Winterlandschaft tauchte. Hinter den halbbefrorenen Fenstern amüsierten wir uns köstlich über die ungewollten Rutschpartien einiger mutiger Autofahrer. Nach dem Mittagessen wurden die Schlitten mit Speckschwarten eingeschmiert und kurz darauf trafen wir uns auf der Rotenbergwiese zu einer rasanten Rodelpartie. Beim Wettfahren vergaßen wir schnell die klirrende Kälte, die nur die Jüngsten und Zimperlichsten zum Heimgehen zwang.

Der Februar gehörte den ausgelassenen Karnevalsjecken. Der Berger Block hatte die Macht an sich gerissen; er stellte in diesem Jahr den Prinzen. Das Bergviertel stand während den drei tollen Tagen zeitweise kopf. Der ansonsten bierernste Präsident des traditionellen Vereins, unser rühriger Nachbar, machte eine fröhliche Miene zum hektischen Narrenspiel. Das Gesellenhaus in der Bergstraße hatte man prächtig ausgeschmückt und zum Prinzenpalast erkoren. Lautsprecherwagen versprühten deftige Stimmungsmusik und verwandelten die belebten Straßen rund um die Bergkapelle vorübergehend in einen riesigen Tanzsaal. Wir verschossen indessen hunderte Schreckschusspatronen bei scheinbar unerbittlichen Duellen und rafften möglichst viele Süßigkeiten zusammen. Die karge Fastenzeit musste schadlos überlebt werden.

Die Osterferien läuteten den Frühling mit einiger Verspätung ein. Bald darauf trugen die verblühten Reihenbäumchen ihre wilden, kirschähnlichen Früchte und wiesen unaufdringlich den Weg zur Bergkapelle, die ein wenig erhaben auf dem Hügel thronte. In ihren Mauern wurden sonntags Kurzmessen abgehalten, und später versammelten sich hier die Spanier Eupens zur gemeinsamen Eucharistiefeier. Soeben läutete die kleine Glocke pünktlich zu Mittag. Der zuverlässige Küster, der seinen Frühschoppen für kurze Zeit unterbrechen musste, hatte leicht benebelt den Glockenstrang betätigt. Draußen wehte ein lauer Frühlingswind durch das wiedererwachte Geäst der Kastanienbäume. Zahlreiche Insekten bevölkerten die Rosenbeete, und einige Schwalben nisteten unter dem Dach unseres Doppelhauses. Die Schwarzweißen mussten heute zu einem vorentscheidenden Spiel um den Aufstieg in die Dritte Division antreten. Sogar Schöffe August Pitsch, unser lieber Nachbar, machte sich mit einem sonnenschützenden Filzhut gemächlich auf den Weg zum Stadion. Wenig später holten mich einige Kameraden zum Spiel ab. Unterwegs bummelten wir mächtig, hänselten den selbsternannten Feldhüter Josef, der zu jeder Tageszeit betrunken war, und trafen mit enormer Verspätung zur zweiten Halbzeit ein. Die „Alliance Sportive“ stand verdientermaßen mit 1-0 in Führung. Aber weder das Resultat noch das Match interessierte uns. Das herrliche Sommerwetter hatte uns vollkommen den Kopf verdreht. Uns war wie oft nach Streichen und Abenteuern zumute...

(Quelle: „Aus Eupener Kindertagen“ von Gerd Havenith)